Schon mal darüber nachgedacht, warum Trinkwasser zuverlässig aus dem Hahn sprudelt oder Schmutzwasser umweltschonend in die Kläranlage gelangt? Sehen kann man sie nur selten, erleben aber ununterbrochen: die Rohrnetze. Unaufhörlich und nur selten unterbrochen tragen die Rohrnetze zur Daseinsvorsorge in Städten und auf dem Lande bei. Die einen versorgen uns mit Trinkwasser und die anderen nehmen das Schmutzwasser anschliessend wieder mit. Nur wenn mal eine Leitung bricht oder das Trinkwasser tröpfelt, weil der Druck fehlt, spürt man den Wert eines funktionierenden Rohrnetze. Dieses Netz und das gesamte System muss laufend gewartet, geprüft und bei Bedarf saniert werden.
Vielen Bürgern ist aber gar nicht bewußt, dass die wahre Leistung der Wasserversorger nicht allein das Trinkwasser ist, sondern im Bau und Betrieb der erforderlichen technischen Anlagen liegt. Es sind die Rohrnetze, Wasserwerke, Pumpen und Brunnen, die dafür sorgen, dass das Leitungswasser sicher ankommt und unbeschwert genießbar ist. Da es hierzulande Trinkwasserversorgung eine Selbstverständlichkeit ist (genauso wie die Abwasserentsorgung), mangelt es nicht selten an der Wahrnehmung dessen was sich überwiegend im Untergrund abspielt.
Die fehlende Wahrnehmung und Wertschätzung spürt man auch, wenn es um die Wasserpreise geht. Obwohl die Kosten und Anforderungen immer weiter steigen, weil Nitrate und Mikroschadstoffe mehr Aufbereitung erfordern, der Klimawandel die Ressourcen knapper werden läßt und die Materialen immer teurer werden, stöhnen Bürger über Wasserpreissteigerungen. Daher muss man Bewusstsein wecken – für die Leistung, deren Kosten und letztendlich die Wasserpreis. Denn Versorgungssicherheit gibt es nicht zum Nulltarif.
Die Rohrnetze sichtbar machen
Die bayerische Wasserwirtschaft hat erkannt, wie wichtig es ist seinen Bürgern die Zusammenhänge anschaulich zu erklären. Die bayerische Initiative „Schau auf die Rohre“ zeigt nämlich wie’s geht. Damit die Versorgung mit Trinkwasser jeden Tag reibungslos funktionieren kann, liegt in Bayerns Untergrund ein 115.000 km langes Leitungsnetz verborgen. Auf der Website „Schau drauf“ ziehen die Experten für Daseinsvorsorge vielfältige Beispiele aus der Praxis vor den Vorhang. Sie laden zu Informationsveranstaltungen ein und beschreiben mit erfolgreichen Projekten, wie sich die Bürger an dem Erhalt der Infrastruktur beteiligen.
Sanierung tut not und kostet Geld
Wie eine Straße, die Brücken oder eine Hausfassade haben auch unsere Rohrleitungen ein „Ablaufdatum“: ihre Lebensdauer liegt in der Regel zwischen 50 und 80 Jahren. Dazu müssen sie aber regelmässig gewartet und saniert werden. Die Netze der Wasserversorgung sind ins Alter gekommen. Das stellt vor allem kleinere und mittlere Versorger vor große Herausforderungen.
Laut DVGW, dem technischen Fachverband für die Wasserwirtschaft, müssen zehn bis 15 Prozent des Leitungsnetzes in den kommenden Jahren saniert werden. Hinzu kämen die Auswirkungen des Klimawandels und der demografischen Entwicklung, aus denen sich zusätzliche, teilweise sogar widersprechende Anforderungen ergeben würden. Geschehe dies nicht rechtzeitig, drohen vermehrte Schäden und Betriebsstörungen sowie mögliche Verunreinigungen von Boden und Grundwasser. Das könne hohe Kosten verursachen. Bei schadhaften Leitungen steige zudem das Risiko, dass Keime ins Trinkwasser gelangen. Der Erhalt der Leitungsnetze sei unsere gemeinsame Verantwortung – sowohl für die Netzbetreiber als auch für die Bürgerinnen und Bürger. Leitungsnetze müssen „enkelgerecht“ erhalten werden.
Diese Zahlen bestätigt auch Sylvia Orlamünde vom bayerischen Umweltministerium. Zehn bis 15 Prozent der Rohrleitungen in den Gemeinden im Freistaat seien „in einem schlechten Zustand“, erklärte sie im Oberbayerischen Volksblatt. Eigentlich müssten die Kommunen in Bayern 1,2 Milliarden Euro pro Jahr in den Erhalt von Wasserrohren und Abwasserkanälen stecken. Doch die Gemeinden investierten in Summe deutlich weniger.
Weshalb eine Gemeinde am Chiemsee ein Vorbild für viele sein könnte
Gerade für kleinere Kommunen und deren kommunale Betriebe kann die Instandhaltung der Leitungsnetze zu einer großen Herausforderung werden. Ein Beispiel der Website „Schau auf die Rohre“ stammt aus der südlich des Chiemsees gelegenen Gemeinde Marquartstein. Deren Trinkwasseranlagen waren veraltet und verzeichneten stellenweise bis zu 40 % Wasserverluste. Fast jeder zweite Liter ging auf dem Weg zu den Kunden verloren. Nachdem die Erneuerung der Trinkwasserversorgung lange hinausgezögert worden war, erstellte die 3.000 Einwohner-Gemeinde im Jahr 2009 einen Sanierungsplan. Damit konnten die Wasserverluste auf weniger als sieben Prozent reduzieren und liegt damit unter dem Durchschnitt in Bayern.
Finanziert werden die Maßnahmen größtenteils durch die Bürger. Betrug der Wasserpreis in der Gemeinde Marquartstein im Jahr 2000 rund 85 Cent pro Kubikmeter, so liegen die Trinkwassergebühren jetzt bei 2,36 Euro pro Kubikmeter. Anfangs habe diese Kostensteigerung Sorge und Unmut bei den Bürgern ausgelöst, wie die lokale Presse berichte. Die Kommunalbetriebe setzten jedoch auf umfangreiche Informationsarbeit. Die notwendigen Aufwendungen für die sichere Trinkwasserversorgung wurden nachvollziehbar dargestellt und die Bürger erkannten so die Wichtigkeit der geplanten Maßnahmen. Für Sylvia Orlamünde vom Umweltministerium führt allerdings kein Weg an solchen Investitionen vorbei. „Die Versorgungsnetze wurden einmal mit viel Aufwand gebaut“, zitiert sie das Oberbayerische Volksblatt. „Das darf nicht runtergewirtschaftet werden, um Gebühren zu sparen.“
Ein Beispiel, dass Schule machen könnte
Die Informationskampagne „Schau auf die Rohre“ für den Erhalt der Trinkwasser- und Abwassernetze wurde vom Freistaat Bayern gemeinsam mit dem Bayerischen Gemeindetag, dem Bayerischen Städtetag und den Fachverbänden der Wasserwirtschaft ins Leben gerufen. Mit Broschüren, Videos und Veranstaltungen für die Bevölkerung werden die wichtigen Aufgaben und Informationen rund um den Erhalt des bayerischen Rohrnetzes vor Augen geführt. Eigentlich eine gute Idee, die auch in anderen Regionen das Bewusstsein für die Rohrnetze und ihre Wahrnehmung sowie die für ihre Funktionstüchtigkeit erforderlichen Kosten, stärken könnte.
https://www.schaudrauf.bayern.de
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