Trinkwasserknappheit in Deutschland? Nicht überall, aber immer öfter. In vielen Regionen warnen Kommunen und Versorger vor „trockenen Wasserhähnen“ und überforderten Trinkwassersystemen. Das Zusammentreffen von hitzebedingt hohem Wasserverbrauch, erheblichen Spitzen, geringen Grundwasserspiegeln und überforderten Vorratsspeichern bringen die Versorgungssysteme an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit. Wo diese überschritten werden, kollabiert die Trinkwasserversorgung und die Wasserhähne bleiben trocken. So geschehen im niedersächsischen Lauenau am vergangenen Samstag. Wer glaubt, dies sei ein Einzelfall, dem wird die kleine Auswahl aktueller „Hotspots“ der vergangenen Woche die Augen öffnen. Jetzt dürften in vielen Kommunen kritische Fragen gestellt werden.
Lauenau – die Gemeinde ohne Trinkwasser
Am zurückliegenden Wochenende brach nach mehrtägiger Warnung in Lauenau im Südosten von Niedersachsen die Wasserversorgung zusammen. Dort war die Abnahmemenge wegen der heißen Temperaturen drastisch gestiegen. Frühere Spitzenverbrauche wurden noch überschritten, erklärte der Bürgermeister der Samtgemeinde Rodenberg, zu der Lauenau gehört. „Sonst sind die Menschen in der Sommerzeit verreist und jetzt sind sie zu Hause“, wird er zitiert. Der Trinkwasserspeicher konnte über Nacht nicht mehr komplett aufgefüllt werden. So sei er am Samstagmittag auf Null gelaufen. Knapp 4.000 Menschen waren betroffen. Die Feuerwehr stellte Behälter mit Brauchwasser für die Toilettenspülung auf, das sich die Bürger abholen mussten. Dazu verteilten Tanklöschfahrzeuge ihr Brandwasser in den Ortsteilen. Trinkwasser müssen sich die Menschen im Supermarkt kaufen.
Am Sonntag hatte sich die Lage in Lauenau etwas entspannt. Wer weiß, wie lange noch.
Niedersachsens Politik will handeln
Für Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies (SPD) „eines von vielen Warnzeichen, dass uns die Auswirkungen des Klimawandels jetzt schon beschäftigen“. Lies forderte, es müsse ein grundlegendes Umdenken zum Umgang mit dem Trinkwasser geschehen, das jahrzehntelang in Norddeutschland als „etwas Beliebiges galt, über das man sich keine großen Gedanken zu machen brauchte“. Dazu muss man wissen, dass Niedersachsen im kommenden Jahr ein Wasserversorgungskonzept vorlegen will und die Grünen im Landtag den Antrag gestellt haben „Niedersachsen mit einem nachhaltigen und effizienten Wassermanagement für die Zukunft wappnen – Vorsorge für die Auswirkungen des Klimawandels treffen“. Vermutlich wird es so sein, dass die Realität die Konzepte überholen wird. Nicht erst seit Lauenau wird deutlich, welchen Vorsprung sie schon hat.
Lauenau ist kein Einzelfall – Wo in Deutschland vor Wasserknappheit gewarnt wird
Deutschland ist im Sommer-Hitzestress. Die Gärten wollen bewässert, die Pools befüllt werden und wegen Corona bleiben viele zuhause. Wenn die Arbeitnehmer nicht in den Betrieb oder Studenten nicht zur Uni müssen, zudem die Deutschen im Lande Urlaub machen, dann werden viele Trinkwassersysteme überfordert. Ein kleiner Blick in die Schlagzeilen der Lokalmedien der vergangenen Woche zeigt, dass Lauenau kein Einzelfall ist.
Baden-Württemberg
- Südliches Markgräflerland: Trockenheit – Wasserverband stellt Regeln zum Wasserverbrauch auf (5.8.2020)
Hessen
- Landkreis Darmstadt: Trinkwasser in Nieder-Beerbach knapp – Alarm ausgelöst (8.8.2020)
- Hochtaunuskreis: Weilrod ruft den Wassernotstand aus – Feuerwehren informieren die Bürger (9.8.2020)
- Der Bürgermeister der Gemeinde Weilrod hat mit Wirkung von Samstag (08.08.2020), 0 Uhr, den Trinkwassernotstand ausgerufen und damit die neue Gefahrenabwehrverordnung in Kraft gesetzt. Die darin geregelten Beschränkungen im Umgang mit dem Trinkwasser bleiben bis Ende August gültig.
- Rheingau-Taunus-Kreis: Wasserknappheit in Waldems (6.8.2020)
- Landkreis Limburg-Weilburg: In Merenberg wird das Wasser knapp (7.8.2020)
- Rheingau-Taunus-Kreis Lorch: Aufruf zum Wassersparen (7.8.2020)
- Die Stadt bittet daher, das Wässern von Grünflächen zu vermeiden. Ausgenommen sei hierbei die Nutzung von Brauch- oder Regenwasser. Das Befüllen von Pools und Ähnlichem solle ganz unterlassen werden. Ausgenommen sei die Versorgung von (Nutz-)Tieren.
Mecklemburg-Vorpommern
- Landkreis Vorpommern-Greifswald: Technik kaputt – Immer wieder fällt in Löcknitz das Trinkwasser aus (9.8.2020)
Niedersachsen
- Hannover hat noch genug Trinkwasser – aber erste Orte melden Engpässe (8.8.2020)
- Delmenhorst und Landkreis Oldenburg: Abzapfen verboten (6.8.2020)
- Osnabrück: Osnabrücker sollen beim Wasserverbrauch sparen (7.8.2020)
- Landkreis Hameln-Pyrmont: Bad Münder – Versorgung könnte am Wochenende zusammenbrechen – Kaum noch Trinkwasser (9.8.2020)
- Wittlage: Appell zum Wassersparen – Wasserverband setzt auf die Vernunft der Bürger (6.8.2020)
- Schaumburg: Das Trinkwasser in Lauenau wird knapp – Versorgung könnte zusammenbrechen (6.8.2020)
- Niedersachsen: Harzwasserwerke fordern zum Wassersparen auf (5.8.2020)
- Grund sind viele Wochen ohne dauerhaften Niederschlag. Den Werken zufolge sind die Trinkwasser-Talsperren aktuell zu 60 Prozent gefüllt, das entspricht rund 55 Millionen Kubikmeter Wasser.
Nordrhein-Westfalen
- Landkreis Gütersloh – Borgholzhausen (Ostwestfalen): Nur noch eingeschränkter Wasserverbrauch in Borgholzhausen möglich (7.8.2020)
- Landkreis Lippe – Lage (Ostwestfalen): In Lage ist am Wochenende Wasser sparen angesagt (7.8.2020)
- Landkreis-Minden-Lübbecke (Ostwestfalen): Wasser sparen in einigen Kommunen (7.8.2020)
- Menschen in Löhne, Bad Oeynhausen, Hille und Hüllhorst müssen wieder sparsamer mit Trinkwasser umgehen.
- Melle (Ostwestfalen) Auf Luxus verzichten: Stadt Melle fordert Bürger zum Wassersparen auf (6.8.2020)
- Landkreis Borken (Münsterland): Beim Wasserverbrauch immer häufiger Verbrauchsspitzen – Wassersparen (14.7.2020)
- Landkreis Borken (Münsterland): Stadtlohn – Dramatischer Wasserverbrauch: Trinkwasserförderung stößt bald ans Limit (9.8.2020)
Rheinland-Pfalz
- Landkreis Altenkirchen: Notversorgung angelaufen: Trinkwasser in der Viele Grüsse Betzdorf-Gebhardshain wird knapp (8.8.2020)
- Montabaur: In Teilen des Westerwaldes wird das Wasser knapp: Viele Grüsse- Werke rufen zum Sparen auf (7.8.2020)
- Bereits in den letzten Juli-Tagen wurden in Montabaur Rekordwerte erreicht und bis zu 8500 Kubikmeter Trinkwasser pro Tag verbraucht. Das sind 3000 Kubikmeter mehr als an „normalen“ Tagen.
- Landkreis Neuwied: VG Puderbach: Aufruf zum Wassersparen (6.8.2020)
- Rhein-Hunsrück-Kreis: SIMMERN-RHEINBÖLLEN Bewässern und Planschen im Garten verboten (10.8.2020)
- Stadt Koblenz: Keine großen Garten-Pools für Koblenzer Kleingärtner (6.8.2020)
Werden Entnahmespitzen zur neuen Normalität in der Wasserversorgung?
Wenn die Grundwasserspeicher weiterhin so niedrig bleiben und die Wasserverbräuche anhalten, dürfte diese Liste in den nächsten Tagen länger werden. Es sind auffällig viele kleinere und mittelgroße Kommunen, die betroffen sind. Häufig sind es die Auspendlerorte, die plötzlich deutlich mehr Wasser benötigen, weil die Menschen zuhause bleiben. Erkennbar, weil sich die hohen Verbräuche verschieben, statt zwischen 6.00 und 7.00 Uhr auf 8.00 Uhr und später. Aber läßt sich alles mit Corona erklären? Immer häufiger hört man hinter vorgehaltener Hand, dass die Vorratshaltung bei Trinkwasser schon unter normalen Bedingungen an die Grenzen stößt. Die Anfragen bei Vorlieferanten und Fernwasserversorgern häufen sich. Wenn an heißen Tagen die Pools gefüllt und die Gärten bewässert werden kommen weitere Großabnehmer hinzu. Dort, wo die Flüsse und Bäche kein Wasser mehr führen oder die Entnahmen nicht mehr erlaubt sind, greifen die Landwirte zum Standrohr und entnehmen Trinkwasser. Wenn sie ihre Ernte retten wollen, drehen sie schon mal bis zum Ende auf. Immer mehr Wasserversorger klagen daher über die hohen Entnahmespitzen. Kein Wunder also, dass die Systeme kollabieren.
Es gibt zahlreiche Kommunen, die ähnlich betroffen sind. Entweder ist es dort noch nicht so kritisch oder sie pflegen eine eher zurückhaltende Kommunikation. Aus der Wasserwirtschaft erhalte ich weitere Hinweise, wo die Versorgungssituation angespannt bis kritisch ist. Vielen Kommunalpolitikern war der niedrig Wasserpreis wichtiger als die Instandsetzung und der Ausbau von Versorgungsanlagen. Das wird sich einiges ändern müssen. Auch die Verbraucher sind gefragt: Der sorgsame Umgang mit Wasser wird zur Selbstverständlichkeit werden müssen. Landwirte werden notgedrungen ihre Bewässerungssysteme und die Anbaufrüchte an die Bedingungen anpassen müssen.
Man könnte jetzt meinen, 2020 ist eine Ausnahmesituation. Aber haben wir das nicht 2018 auch schon gedacht? Wenn Entnahmespitzen zur neuen Normalität werden, müssen alle Akteure an einen Tisch und alle möglichen Lösungen auf den Prüfstand. Der nächste Sommer kommt bestimmt.
Es muss nicht gespart werden, es gibt genug Trinkwasser man muss es nur holen. In Grönland und Nordpol schmilzt das Eis zu Wasser das muss man nur in tankern füllen da passen 100 000 bis 500 000 cbm rein. Man kann es ins Wassernetz einspeisen, in Tanks lagern, verrieseln oder Felder und Wälder berieseln. Das ginge auch für ganz Deutschland Spanien Italien Afrika Israel und…….
Ist eine Erholung der Grundwasserstände überhaupt und dann im Besonderen in den o.g. gefährdeten Gebieten möglich oder muss man mit einer steten weiteren Abnahme des Grundwasserpegels überhaupt und im Besonderen rechnen bzw. eine solche befürchten?
Gibt es eine Kartierung sinkender oder gefährdeter Grundwasserspiegel auf einer Deutschlandkarte?
Spannende Frage! Mach mich mal schlau.
Bitte für Baden-Württemberg den Link „Lorch“ prüfen, hier handelt es sich wahrscheinlich um den Ort Lorch in Hessen.
Leider ist die Angabe Landkreis Bad Kreuznach nicht korrekt, denn Simmern und Rheinböllen liegen im Rhein-Hunsrück-Kreis, das sollte korrigiert werden.
Auch in weiteren Bundesgebieten ist die Lage teilweise angespannt:
https://www.rehlingen-siersburg.de/aktuelles/details/aktuelle-situation-zur-trinkwasserversorgung-in-der-gemeinde-rehlingen-siersburg
https://www.sr.de/sr/home/nachrichten/politik_wirtschaft/umweltminister_jost_warnt_vor_wasser_abpumpen_aus_baechen_und_fluessen_fuer_gaerten_100.html
Gleichzeitig verseucht der SHELL-Konzern in Godorf bei Wesseling im Raum Köln-Bonn das Grundwasser in unheheurem Ausmaß nach dem Cerosin-Skandal jetzt erneut mit Millionen Litern aus verrosteter Rohrleitung.
Bitte um deutliche Veröffentlichung. Großflächig ist auch das Grundwasser im Raum Bonn nicht nur besorgiserregend gesunken bei Regenmangel seit 3 Jahren, sodass hunderte Straßenbäume gerade absterben, sondern auch durch Altlasten über 5 Jahrzehnte hinweg verseucht und kaum saniert. Man hat Kiesgruben nach Auskiesung seit 1960 einfach Hausmüll der Städte Bonn und Beuel direkt ins dort stehendes Grundwasser gekippt.
MfG
Werner JANIK-MEHLEM
Die Qualität des Rohwassers und des Trinkwassers aus diesem Wassergewinnungsgebiet wird vom WTV (Wahnbachtalsperrenverband seit Jahrzehnten in veröffentlichten Jahresberichten und Wassergüteberichten dokumentiert. Alle Parameter liegen ganz deutlich unter den gesetzlichen Grenzwerten.
Nach welchen und wievielen Giften sucht den der Wahnbachtalsperrenverband in „seinem“ Rheingrundwasser überhaupt ?
MfG
Werner Janik-Mehlem