
Die angesichts der aktuellen Hitzewelle angekündigten oder bereits erlassenen Bewässerungsverbote könnten kontraproduktiv sein, weil sie zu einer Verödung von Gärten und Grünflächen führen. Sie würden zudem einen wichtigen natürlichen Wasserspeicher nachhaltig schädigen. Mit der richtigen Gartenbewässerung könnten Böden und Pflanzen gesund und die Trinkwasserversorgung auch langfristig sicher bleiben. Mit diesen Hinweisen möchte der Industrieverband Garten (IVG) zur Mäßigung bei den Bewässerungsverboten beitragen. Damit dürfte er sich der Zustimmung von Gartenbesitzern und Naturschützern sicher sein, aber andere Umweltschützer gegen sich aufbringen. (Lesezeit 6 Minuten, Beitrag #908)
Eine nachhaltige und ressourcenschonende Gartenbewässerung sei ein wichtiger Beitrag zur Abmilderung der Folgen des Klimawandels in Deutschland, auch und gerade in Dürrephasen und Hitzeperioden. Über das „warum“ und „wie“ der Gartenbewässerung informiert der Industrieverband Garten (IVG) e.V. mit der Unterstützung führender Verbände und Organisationen aus der „grünen Branche“ in seiner Initiative „Wasser im Garten“. Auf dem Verbraucherportal www.wasserimgarten.info gibt die Initiative praxisnahe Tipps, wie eine sparsame und gezielte Bewässerung die wichtige Funktion in den Gärten aufrechterhält und dabei Konflikte mit der Trinkwasserversorgung vermeidet.
Private Gärten als Wasserspeicher
Gartenpflanzen könnten Niederschläge aufnehmen, sie bei Trockenheit wieder in den Kreislauf einspeisen und durch die Verdunstungskälte urbane Hitzeinseln kühlen. Über nicht versiegelte Gartenböden versickerten Niederschläge und füllten das Grundwasser auf. Wohingegen verdorrte Pflanzen kein Wasser aufnähmen. Über ausgetrocknete, versiegelte Böden flößen Niederschläge daher ungenutzt direkt in die Kanalisation und somit sinke der Grundwasserspiegel, erklärt der Verband „Eine ressourcenschonende Gartenbewässerung ist Umweltschutz und sichert langfristig unsere Trinkwasservorräte“, so IVG-Geschäftsführerin Anna Hackstein. Den rund 36,5 Mio. privaten Gartenbesitzern in Deutschland komme daher eine gesellschaftliche Verantwortung zu, die es mit Hilfestellungen zu unterstützen gelte, statt diese mit Verboten auszubremsen.
Damit gibt der Verband den vielen Gartenbesitzern Rückendeckung, die bei der anhaltenden Trockenheit um die Vitalität ihrer Gärten fürchten, weil die Kommunen und Landkreise immer öfter Bewässerungsverbote ankündigen oder gar Verbote für die Entnahmen aus Fließgewässern und Seen.
Konflikt mit dem Ressourcenschutz?
Dabei offenbart der Verband einen Interessenkonflikt zwischen dem Natur- und dem Ressourcenschutz. Auf die Bewässerung zu verzichten, mag in manchen Regionen während einer Trockenheit kurzfristige Vorteile für das Wasserdargebot mit sich bringen, aber wenn deshalb das Grün in ansonsten vitalen Gärten ohne Bewässerung vertrocknet, hat das negative Folgen für die kleinräumige Biodiversität. Denn auch die Vogel- und die Insektenwelt leben von den Pflanzen und suchen darin Nahrung und Schutz vor Hitze und Trockenheit. Hinzu kommt, dass die Bewässerung auch zur Grundwasseranreicherung führen kann, wenn das Wasser nicht vorher verdunstet und die richtige Methode angewandt wird.

Weniger ist mehr und auf den richtigen Zeitpunkt kommt es an
Daher sind bei der Bewässerung einige Dinge zu beachten. Wichtiger als die Wassermenge ist zunächst einmal der richtige Zeitpunkt für die Bewässerung. Ist der Boden zu trocken, kann er das Wasser nicht aufnehmen. In einem solchen Fall sollte die Bewässerung dosiert und regelmäßig erfolgen. Optimal ist die Tropfbewässerung. Dabei wird wenig Wasser tröpfchenweise konstant zugeführt. Aber es darf auch nicht zu wenig sein. Denn zu geringe Wassermengen benetzen oft nur die oberen Zentimeter des Bodens. Diese trocknen durch die Sonneneinstrahlung schnell wieder aus. Zudem gilt: Am besten früh morgens gießen. Dann haben die Pflanzen die Möglichkeit, sich vor der Hitze mit Wasser zu versorgen und die Trinkwassernachfrage ist geringer als im Tagesverlauf.
Auch die Technik kann helfen: Besonders ressourcenschonend arbeiten automatische Bewässerungssysteme mit Feuchtesensoren im Beet, auf dem Balkon und auf dem Rasen. Noch vor wenigen Jahren waren derartige Systeme im Handel kaum zu finden und wenn, dann waren sie kompliziert und teuer. Mittlerweile ist das Angebot groß. Man hat eher die Qual der Wahl. Und dennoch: für jeden Bedarf, sei „smart“ mit WLAN-Anbindung und Steuerung und Kontrolle aus dem Urlaubsort oder in konventioneller Form und Zeitschaltuhr – für jeden Garten und Geldbeutel ist etwas dabei.
Wasserversorger warnen vor Verbrauchsspitzen
Diesen Empfehlungen können sich auch die Wasserversorger anschließen. Sie weisen in Ihren Empfehlungen immer wieder darauf hin, dass Gartenbewässerung und Poolbefüllung zu den Spitzenverbrauchszeiten am frühen Abend die Leitungsnetze an den Rand der Leistungsfähigkeit bringen können. Zudem können Druckverluste entstehen, bei denen weitere Probleme entstehen könnten. Daher empfehlen auch die Wasserversorger, nicht die Spitzenzeiten zu wählen. Wer zu einer bewässert, in der er normalerweise duschen würde, hat den falschen Zeitpunkt gewählt.

In Deutschland entfielen auf die Gartenbewässerung und andere Wassernutzungen im Outdoorbereich weniger als sechs Prozent des privaten Wasserverbrauchs, erklärt das Umweltbundesamt. Dem gegenüber stünden bei der Bewässerung von Pflanzen erhebliche positive Effekte für den gesamten unterjährigen Wasserhaushalt, erklärt der Industrieverband. So könne auch in Regenperioden gesammeltes und gespeichertes Niederschlagswasser zur Gartenbewässerung eingesetzt werden.
Bei meinem jüngsten Ausflug nach England habe ich einen Eindruck davon bekommen, wohin die dürrebedingte Wasserengpässe und Bewässerungsverbote führen könnten. Schon seit einigen Jahren verbietet die englische Regierung landesweit oder die Versorger in ihren Versorgungsgebieten das Bewässern mit dem Wasserschlauch in den trockenen Sommern (sog. „hosepipe-ban“). An diesem Freitag beispielsweise beginnt das Bewässerungsverbot im Gebiet von Yorkshire Water.

Wozu das führt, konnte ich mit eigenen Augen sehen: Statt der typischen naturnahen Gärten, stieß ich im südlichen Somerset und Sussex zumeist auf Schottergärten und Trockenwiesen. In den öffentlichen Anlagen wurden sogar Folien verwendet, um die Boden gegen Austrocknung zu schützen. Während man hierzulande Schottergärten durch Landesbauordnungen wie in NRW verboten werden, ist das in manchen Regionen Englands schon prägend für die Straßenbilder.
Eine Empfehlung sollte hier auf gar keinen Fall unterschlagen werden: Regenwasser sammeln! Wer sich für diese Methode entscheidet, findet ebenfalls beim Umweltbundesamt hilfreiche Informationen. In einigen Städten werden Anlagen zur Regenwassernutzung gefördert oder bei der Nutzung werden Abwasser- bzw. Regenwassergebühren reduziert oder erlassen. Der Blick in die Gebührensatzung lohnt sich.
Beitragsfoto: Pixabay
Hinterlasse jetzt einen Kommentar