Unser Wasser ist eine der wichtigsten Ressource für Natur und Mensch. Deutlicher als bei der aktuellen Trockenheit dürfte dies kaum sichtbar werden. Der Schutz des Wassers wird gesetzlich geregelt und behördlich überwacht. Gewässerverstöße werden auf der Grundlage von Bußgeldkatalogen geahndet. Das Land Nordrhein-Westfalen hat im April 2022 einen neuen Verwarnungs- und Bußgeldkatalog für die Ahndung von Verstößen gegen Vorschriften des Umwelt- und Naturschutzes (Download) veröffentlicht. Demzufolge wird das unbefugte Entnehmen von Wasser aus Flüssen stärker geahndet als in der Vergangenheit, ebenso wie der Bau einer Geothermie-Anlage ohne wasserrechtliche Erlaubnis. Die wichtigsten Änderungen und Gründe dafür erläutert dieser Beitrag.
Nicht nur Bußgeld, sondern auch Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils
Auf fast 250 Seiten verteilen sich die 1.280 Empfehlungen zur Bemessung von Verwarnungs- und Bußgeldern bei Umweltverstößen jeder Art in NRW. Der Katalog ist eine Arbeitshilfe für die zuständigen Bußgeldbehörden. Er soll bei der Verfolgung von Umweltdelikten unterstützen und eine landeseinheitliche Praxis bei der Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten im Bereich des Umweltschutzes bewirken. Es geht aber bei dem Papier nicht nur um den Gewässerschutz. Erfasst sind auch Natur- und Bodenschutz, Immissionsschutz, Abfall- und Kreislaufwirtschaft sowie Forstschutz, Fischerei und Jagd. Damit sollen festgestellte Rechtsverstöße angemessen verfolgt werden können, wobei im Einzelfall Erhöhungen oder Ermäßigungen möglich sind. Bei der Festsetzung des Bußgeldrahmens wird bei allen Zuwiderhandlungen neben der Schwere der Tat auch die Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils berücksichtigt, d.h. wer sich aus der Tat wirtschaftliche Vorteile verspricht, die das Bußgeld überschreiten würden, könnte am Ende zu hoch gepokert haben.
Der Schutz der Gewässer hat hohe Priorität: vermeintliche Kleinigkeiten könnten teuer werden
Vielen Bürgern dürfte nicht bekannt sein, dass die Entnahme von Wasser nur in wenigen Ausnahmefällen ohne eine wasserrechtliche Erlaubnis gestattet ist und ein Verstoß gegen die rechtlichen Bestimmungen sehr teuer werden kann. Das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) regelt in § 8 ff. „Erlaubnis, Bewilligung“ iVm. den jeweiligen Landeswassergesetze, unter welchen Voraussetzungen Wasser aus dem Grund- oder Oberflächenwasser (Fluss, See oder Bach) entnommen oder auch Wasser wie beispielsweise Niederschlagswasser eingeleitet werden darf. In einigen Fällen, so beim „Gemeingebrauch“ gem. § 25 WHG, geht das auch ohne Erlaubnis. Gerade hier setzen aber angesichts der aktuellen Trockenheit vielerorts lokale Verordnungen zusätzliche Grenzen und verbieten für (fast) alle Wassernutzer die Entnahme von Oberflächenwasser (z.B. durch den Gebrauch von Pumpen). Auf LebensraumWasser erschien erst kürzlich ein Beitrag zu dem Thema „Wo Wasserentnahmen aus Flüssen, Bächen und Seen verboten sind – und weshalb“.
In der Vergangenheit waren für „Unbefugtes Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten und Ableiten von Grundwasser (gem. § 41 Abs. 1 Nr. 1 WHG)“ mindestens 150 und maximal 50.000 Euro fällig. Im neuen NRW-Bußgeldkatalog steigt die Untergrenze auf 500 Euro. Deutlich angestiegen sind die Bußgelder für „Unbefugtes Entnehmen und Ableiten von Wasser aus oberirdischen Gewässern“ (gem. § 41 Abs. 1 Nr. 1 WHG). Hier macht der neue Katalog eine Unterscheidung und bezieht die Wasserstände in den betroffenen Flüssen und Bächen ein. Früher spielte dies keine Rolle und ein Verstoß kostete zwischen 250 und 25.000 Euro. Wer heute widerrechtlich „Wasser aus einem oberirdischen Gewässer bei mittleren Niedrigwasserdurchfluss“ entnimmt, darf mit bis zu 50.000 Bußgeld rechnen.
Wer bereits geringfügige Mengen Abfall in ein Gewässer wirft, für den kann es richtig teuer werden. Mal eben Picknickabfälle, Flaschen oder Plastiktüten am Ende eines Aufenthalts am Flussufer im Wasser entsorgt, kann ein Buß- bzw. Verwarnungsgeld von 500 bis 2.000 Euro kosten. In der alten Fassung (Stand 2006) war das „Einbringen von Abfall in größeren Mengen oder von erhöhter Gefährlichkeit in ein oberirdisches Gewässer“ mit einem Verwarnungsgeld von 510 – 50.000 Euro versehen worden. Im aktuellen Bußgeldkatalog bleibt die Obergrenze bei 50.000 Euro, die Untergrenze wurde allerdings auf 2.000 € angehoben.
Neu im WHG und im NRW-Bußgeldkatalog wurden bei „Unbefugtes Einbringen von festen Stoffen oder Durchführung von baulichen Maßnahmen im Grundwasser“ vier neue Zuwiderhandlungen (….unbefugte Durchführung von baulichen Maßnahmen, bei denen feste Stoffe in den Grundwasserkörper eingebracht werden, ohne Erlaubnis Geothermiebohrung, Erstellen eines Fundaments und Einbringen von Recycling-Baustoffen) aufgenommen. Kurzum: Eine Geothermiebohrung ohne wasserrechtliche Erlaubnis hat in Nordrhein-Westfalen ein Bußgeld in Höhe von 500 bis 5.000 Euro zur Folge. Besser, sich zuvor an die Untere Wasserbehörde (dem Landkreis oder die kreisfreie Stadt) wenden und einen Antrag auf wasserrechtliche Erlaubnis stellen. Abhängig von der geplanten Tiefe kann auch noch eine bergrechtliche Genehmigung erforderlich sein. Die Höhen der Umwelt-Bußgelder für diese Zuwiderhandlung variieren zwar von Bundesland zu Bundesland, bei derartigen Verstössen werden aber in allen Bundesländern schmerzhafte Bußgelder fällig.
Wesentliche Änderungen
Warum überhaupt diese Änderung? Im „Gewässerschutz“ haben sich zwischen dem alten Bußgeldkatalog (Stand 2006) und heute (2022) alle gesetzlichen Grundlagen komplett geändert; manche Regelungen wurden aktualisiert, andere sind neu hinzugekommen (z.B. die Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen). Neue Zuwiderhandlungen wurden nicht aufgenommen. Es wurde lediglich die vorhanden aktuellen Bußgeldtatbestände aus den relevanten aktuell geltenden Einzelgesetzen (wie Wasserhaushaltsgesetz, Landeswassergesetz, Abwasserabgabengesetz, Wasserentnahmeentgeltgesetz u.a.) in den vorgegebenen Bußgeldrahmen zusammengestellt. Ursprünglich war das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) ein Rahmengesetz des Bundes, das von den Wassergesetzen der Länder ausgefüllt wurde. Infolge der Föderalismusreform regelte der Bund das Wasserhaushaltsrecht abschließend neu („konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes“). Mit der darauf folgenden Neufassung des WHG vom 31. Juli 2009 wurden auch die Bußgeldvorschriften komplett neu im § 103 WHG „ Bußgeldvorschriften“ mit vielen neuen Zuwiderhandlungen geregelt. Der Geldbuße-Rahmen blieb mit bis zu 50.000 Euro unverändert. Damit ging auch die Regelung der Ordnungswidrigkeiten auf die Länderebene über. Die Konsequenz war, dass es für jedes Bundesland individuelle Bußgeldregelungen für Umwelt- bzw. Gewässerverstöße gibt.
Seit mehreren Jahren veröffentlicht der Verlag für Rechtsjournalismus einen Online-Bußgeldkatalog für Gewässerverschmutzungen. Darin sind länderübergreifend die Bußgelder enthalten. Wer sich dafür interessiert, wird durch einen Klick auf diesen Link fündig.
Keine Frage: es sollte nicht zum Bußgeld kommen, denn dann sind die Gewässer bereits geschädigt oder ist Wasser entnommen worden. Der Sinn der Höhe der Bußgelder liegt in der Prävention. Ihr Anstieg zeigt, wie wichtig es den Gesetzgebern geworden ist, den Schutz der Gewässer auch bei der Ahnung von Zuwiderhandlungen gegen die Gesetze und Verordnungen zu verwirklichen.
Beitragsfoto: Gendries (Wasserschutzgebiet Wickede-Echthausen)
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