Bayerischer Wassercent kommt ab 2026

Das war ein langer Weg für den bayerischen Wassercent. Jahrelang wurde über das landesweite Entgelt für Grundwasser-Entnahmen diskutiert. Jetzt kommt der Bayerischer Wassercent ab 2026. Gestern hat das Kabinett der Bayerischen Staatsregierung im Rahmen einer Novellierung des Bayerischen Wassergesetzes die Einführung des „Wassercent“ beschlossen. Für mehr Transparenz bei den Wasserrechten soll ein digitales Wasserbuch sorgen. Zudem soll die öffentliche Trinkwasserversorgung Vorrang vor anderen Nutzungen haben. Im Herbst kommt der Gesetzentwurf in den Landtag. (Lesezeit 4 Minuten, Beitrag #912)

Anreize zum sorgsameren Umgang mit Wasser

Wie bereits 13 andere Bundesländer will auch Bayern künftig mit einem Entgelt für Wasserentnahmen, den Wassercent, das Bewusstsein für die Ressource Wasser schärfen und das bayerische Trinkwasser noch besser schützen. Das Entgelt beträgt einheitlich 10 Cent pro entnommenem Kubikmeter Grundwasser. Dabei gilt ein Freibetrag von 5.000 Kubikmeter pro Jahr. Das bedeutet: Wer Grundwasser entnimmt, zahlt erst ab der Menge, die 5.000 Kubikmeter übersteigt. Für Oberflächenwasser zum Beispiel aus Flüssen wird demnach kein Entnahmeentgelt fällig.

Wasserentnahme durch die landwirtschaftliche Bewässerung aus einem Fluss mittels einer Pumpe - eine Ausnahme vom Wassercent
Die Entnahme von Wasser aus Flüssen bleibt kostenlos
(Foto: Siegfried Gendries)

Nicht immer wird ein Entgelt fällig

Bei bestimmten Wasserentnahmen soll es Ausnahmen von der Entgeltpflicht geben. Dazu gehören z.B.

  • Wasserentnahmen aus Brunnen durch die Feuerwehr zum Löschen bei Bränden oder
  • Wasserentnahmen für Nutzungen, die keine Genehmigung benötigen (z. B. Gartenbrunnen) sowie 
  • für den landwirtschaftlichen Hofbetrieb, für das Tränken von Vieh oder bei Entnahmen in geringen Mengen zu einem vorübergehenden Zweck.
  • Auch Wasserentnahmen für die Kühlung, z.B. bei Industrieanlagen und in Kraftwerken, ein Nutzungszweck für den – mit Ausnahme von Baden-Württemberg – in allen anderen Bundesländern (mit Ausnahme von Hessen und Thüringen) zwischen 2 und 31 Cent erhoben werden, sind kostenfrei.
  • Entnahmen für die Fischerei oder durch Wasser- und Bodenverbände zur Bewässerung bleiben kostenlos (davon wird die Landwirtschaft in Bayern profitieren).
  • Zusätzlich sind Wasserentnahmen im Rahmen der Erzeugung erneuerbarer Energien von der Zahlung eines Entgelts ausgenommen.

„Vertrauen statt Kontrolle“ bei den Entnahmemengen

Erstmalig fällig wird der Wassercent ab 1. Juli 2026. Obwohl sich „Bayern als digitaler Staat“ versteht, setzt der Freistaat künftig bei der Meldung der Entnahmemengen auf die „Glaubhaftmachung der tatsächlich entnommenen Menge an Wasser“ statt auf digitale Wasserzähler mit Fernauslesung. Es gilt der Grundsatz von Vertrauen und Selbstverantwortung, im Gesetzentwurf ist dementsprechend keine Messverpflichtung vorgesehen. Hier setzt auch die Kritik der Opposition im Landtag an. Die SPD hält den Wassercent in dieser Ausgestaltung für sozial ungerecht und sieht eine Bevorzugung von Großabnehmern, „dabei wird überhaupt nicht einmal kontrolliert, wieviel Wasser sie entnehmen.“ Auch die Grünen im Landtag kritisieren diesen Punkt: „(…) Völlig unklar bleibt, wie die Wasserentnahme flächendeckend gemessen und abgerechnet werden soll, wenn sich die Staatsregierung nach wie vor weigert, Wasserzähler in die Brunnen zu bauen.“ – Vielleicht kann das Parlament hier noch Verbesserungen erzielen.

Die Einnahmen aus dem Wasserentnahmeentgelt werden zweckgebunden ausschließlich für Maßnahmen zum Wasserschutz und für eine nachhaltige Wasserbewirtschaftung verwendet. Damit ist Bayern insbesondere NRW voraus, denn in Düsseldorf kann auch der Finanzminister für allgemeine Zwecke auf die Mittel zugreifen – und hat davon auch Gebrauch gemacht.

Öffentliche Trinkwasserversorgung hat Vorrang vor anderen Nutzungen

Zur Sicherung der Trinkwasserversorgung in Bayern legt der Entwurf fest, dass die Wasserentnahmen zum Zwecke der öffentlichen Trinkwasserversorgung Vorrang vor anderen Nutzungen haben. Damit das Grundwasser in Bayern nicht ohne das Wissen der Behörden verkauft oder an private Firmen abgegeben wird, soll künftig eine Anzeige bei der Behörde erforderlich sein, wenn die wasserrechtliche Erlaubnis übertragen wird. Dies gilt nicht für Gewässerbenutzungen der Land- und Forstwirtschaft und des Gartenbaus sowie für thermische Nutzungen.

Hochwasserschutz bekommt Vorrangstellung

Auch im Bereich des Hochwasserschutzes soll es Verbesserungen geben. Insbesondere wird ein überragendes öffentliches Interesse für Hochwasserschutzmaßnahmen festgelegt, damit der Schutz vor Hochwasser bei Planungen und Entscheidungen mehr Beachtung findet. Das bedeutet, dass die Hochwasservorsorge bei allen Entscheidungen als vorrangiger Belang in Abwägungsentscheidungen eingeht. Zukünftig können Kommunen außerdem trotz bestehender staatlicher Ausbauverpflichtung auf eigene Kosten Hochwasserschutzmaßnahmen selbst errichten. Die Neuregelung soll Gemeinden die Möglichkeit eröffnen, auf eigene Kosten einen zeitlich früheren Hochwasserschutz zu realisieren. Hierfür bedarf es lediglich der Abstimmung mit dem Wasserwirtschaftsamt, damit kommunale und staatliche Hochwasserschutzmaßnahmen aufeinander abgestimmt sind.

Gesetzentwurf kommt im Herbst in den Landtag

Daneben sollen die wasserrechtlichen Verfahren weiter beschleunigt und digitalisiert werden. Insbesondere wird die bayernweite Einführung eines digitalen Wasserbuchs den Verwaltungsvollzug erleichtern.

Um Einschränkungen des wasserrechtlichen Gemeingebrauchs in Zukunft zu vermeiden, wird vom Gesetzgeber nunmehr außerdem klargestellt, dass die Nutzung des Wassers, zum Beispiel zum Schwimmen oder Kanufahren, auf eigene Gefahr erfolgt.

Der Gesetzentwurf soll im Herbst in den Bayerischen Landtag eingebracht werden. Die Verbändeanhörung ist vom Bayerischen Umweltministeriums bereits am 29. Juli gestartet worden, wie ich vom Ministerium auf Anfrage erfahren habe.

Das 14. Bundesland mit einem Wasserentnahmeentgelt

Das Wasserentnahmeentgelt bekommt mit Bayern jetzt das 14. Bundesland. Zwar ist es mit den Ober genannten Ausnahmen – wie auch in anderen Bundesländern – nicht der große Wurf, aber wenigstens ist er schon einmal da. Anders übrigens als in Thüringen und in Hessen – diese beiden Länder zieren sich noch. Dass die Landwirtschaft Ausnahmen enthalten wird, war zu erwarten. Für Ministerpräsident Markus Söder mit den Freien Wählern im Rücken gab es wohl keinen anderen Weg. Und dennoch: Als ich auf einer Informationsveranstaltung in meiner Keynote im Jahr 2019 beim Bayerischen Gemeindetag in Erding auf die „Lücke in Bayern“ hinwies, erntete ich nur Unverständnis bei den Bürgermeistern und Wasserwerksleitern. Sie glaubten nicht an eine Einführung im Freistaat. Aber eigentlich stellte sich die Frage, nicht nur ob es angemessene Anreize zum nachhaltigeren Umgang mit Wasser gibt, sondern auch ob die Kosten des Gewässerschutzes und der Maßnahmen der Wasserrahmenrichtlinie verursachungsgerecht verteilt werden. Die bayerische Landesregierung hat jetzt die Antwort gegeben.

Quellen & Weiterführendes

Beitragsfoto: Siegfried Gendries

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