5 vor 12 beim Gewässerschutz. Mikroschadstoffstrategie eine Antwort des Bundesumweltministeriums

Anhaltende Verschlechterung des Gewässerzustandes und jetzt noch die Klage der EU beim Europäischen Gerichtshof. Es wird eng für das Bundesumweltministerium. Jetzt kommt der erste Befreiungsschlag. Heute wurde der Stakeholder-Dialog zur Mikroschadstoffstrategie des Bundes eröffnet. In einem als ergebnisoffenen bezeichneten, moderierten Dialogprozess sollen bis Frühjahr 2017 unterschiedliche Interessen im Umgang mit Mikroschadstoffen zusammengeführt werden. Die Ergebnisse des Dialogs sollen als Grundlage für eine gemeinsam getragene Strategie zum Schutz der Gewässer vor Mikroschadstoffen dienen.

Gemeinsam mit Akteuren aus Industrie, Zivilgesellschaft, Wasserwirtschaft, den Ländern sowie betroffenen Bundesressorts gab das Bundesumweltministerium heute den Startschuss für die Erarbeitung von praktikablen und finanzierbaren Handlungsoptionen zur Reduzierung des Eintrags von Mikroschadstoffen in Gewässern. Der zunehmende Eintrag von Mikroschadstoffen in die Gewässer gefährde die Erreichung von EU-Vorgaben, so die Pressemitteilung des Ministeriums. Um auch in Zukunft die vielfältige Nutzung der Gewässer sicherzustellen, stelle die Vermeidung der Belastung durch Mikroschadstoffe eine wesentliche Herausforderung des Gewässerschutzes dar. Die alltägliche Verwendung von Mikroschadstoffen ergäbe ein komplexes Geflecht von Eintragspfaden. Hierbei handele es sich um Arzneimittel und Körperpflegeprodukte, aber auch um Pflanzenschutzmittel sowie Industrie- und Haushaltschemikalien. Eine angemessene Lösung solle in gleicher Weise bei der Produktion, bei der Verwendung und bei der Entsorgung dieser Stoffe ansetzen.

Auf der heutigen Auftaktveranstaltung wurden von den Beteiligten Erwartungen an den Dialog formuliert und die Rahmenbedingungen vereinbart. Vorgesehen sind drei Fach-Workshops zu den wichtigsten Bereichen im Lebenszyklus von Mikroschadstoffen. Ein Bündel geeigneter Maßnahmen soll in Form eines Policy Papiers im Frühjahr 2017 verabschiedet werden. Alle Akteure waren sich einig, dass die Transparenz sowie „die Möglichkeit der Teilhabe und Mitgestaltung des Prozesses ein wesentlicher Gewinn sind“. Sie folgten dem Aufruf des Bundesumweltministeriums „Gewässerschutz geht nur gemeinsam“ und wollen sich mit eigenen Ideen aktiv beteiligen.

Deutschland steht beim Gewässerschutz in Europa unter Druck

Der Zeitpunkt scheint gut gewählt, schließlich hat die Bundesregierung der EU in der vergangenen Woche den Bericht „Die Wasserrahmenrichtlinie – Deutschlands Gewässer 2015“ zugeleitet und musste darin einen schlechten Zustand der Gewässer in Deutschland einräumen (Näheres dazu siehe hier).

Zudem hat die EU-Kommission in der vergangenen Woche ihre Ankündigung wahr gemacht und laut WDR-Bericht Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland beim Europäischen Gerichtshof wegen Gewässerverunreinigung und Verstosses gegen die Nitratrichtlinie eingereicht. Mit einer 40-seitigen Anklageschrift wurden die mutmaßlichen Versäumnisse Deutschlands beim Grundwasserschutz aufgelistet. In der Anklage sei dokumentiert, wie Deutschland durch Überdüngung mit Gülle und Mist seit Jahren für steigende Nitratwerte im Grundwasser sorge, die über dem Grenzwert von 50 Milligramm pro Liter der geltenden EU-Richtlinie liegen (siehe auch hier).

Die Mikroschadstoffstrategie kann eigentlich nur ein erster Schritt sein, wenn auch ein sehr dringlicher, denn gefragt sind sehr baldige Ergebnisse. Wie der Zustandsbericht zu den Gewässern in Deutschland zeigt, nehmen die Verunreinigungen zu. Bei den Nitratwerten sitzt Deutschland schon lange auf der Strafbank. Es bleibt daher zu hoffen, dass der Dialog auch zu Ergebnissen führt. Dass diese bis Frühjahr 2017 vorliegen sollen, klingt zunächst gut, aber schon mächtig ambitioniert vor dem Hintergrund der bisherigen Erfahrungen und beim Blick auf die teilnehmenden Interessenvertreter.

Bei den Nitraten wird es teuer, wenn nicht innerhalb der nächsten zwei Monate geliefert wird. Denn Deutschland drohen Strafzahlungen von „mehreren Hundert Millionen Euro“. Aber die Strafen werden schon heute gezahlt. Nur sind es wie immer die Falschen, die zur Kassen gebeten werden. Wir Wasserkunden zahlen mit unseren Wasserpreisen für die Reinigung des Grund- und Oberflächenwassers im Zuge der Trinkwasseraufbereitung, weil die Gewässer die Hinterlassenschaften unserer Gesellschaft mit sich führen. Also wollen wir hoffen und daran arbeiten, dass die Interessen der Gewässer auch eine Lobby finden.

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