„Abkochgebot für Trinkwasser!“ Ein Rat- und Tatgeber für Verbraucher

„Abkochgebot“ – Dieser Begriff taucht in Folge der dramatischen Starkregen-Ereignisse immer häufiger in den Medien auf. Die betroffenen Bürger werden von den zuständigen Gesundheitsbehörden und Wasserversorgern informiert. Ungeachtet dessen offenbaren die Diskussionen in den Sozialen Medien der betroffenen Städte und Gemeinden viele offene Fragen.

Was sind die Ursachen für die Trinkwasserverunreinigung?

Während in den vergangenen drei Jahren die Trockenheit die Trinkwasserversorgung belastet hatte, wird in diesem Sommer in dramatischer Weise deutlich, dass die Klimawandelwandel-Folgen als Tandem und nunmehr in Form von Starkregen-Ereignissen auftreten. Diese lokalen Wolkenbrüche lassen nicht nur Bäche und Gräben zu reißenden Flüssen mutieren, durch das Hochwasser in Teilen von Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz kommt es vorübergehend zu Beeinträchtigungen der Trinkwasserversorgung. Entweder es fließt überhaupt kein Leitungswasser mehr oder es besteht die Gefahr, dass es verschmutzt und somit gesundheitsgefährdend ist.

Beim nordrhein-westfälischen Wasserversorger RWW hat das Hochwasser das Uferfiltrat von Flusswasser beeinträchtigt, wie es in der Mitteilung hieß. Die Wasserwerksgesellschaft, die regulär seit Jahrzehnten das Wasser mit einem Verfahren aus der Kombination von Ozon, UV-Licht und Aktivkohlefilterung reinigt, setzt vorübergehend vorsorglich noch Chlor zur Desinfektion ein. Um verbleibende Risiken auszuschließen, wurden die Bürger der betroffenen Städte von den zuständigen Gesundheitsbehörden aufgefordert, das Wasser aus der Leitung vor dem Verzehr abzukochen.

Auch andere Regionen leiden unter den Folgen der verunreinigten Wasserbrunnen. So wurden im bayerischen Mittelfranken die Menschen aufgerufen, vor dem Trinken ihr Leitungswasser abzukochen. Auch dort habe es in vermutlich bei zwei Brunnen Grenzüberschreitungen bei E. coli-Bakterien gegeben, teilte der Wasserversorger Reckenberg-Gruppe mit. Das Darmbakterium finde sich in Fäkalien und könne Durchfall und Übelkeit verursachen. Vorsorglich seien die Brunnen vom Netz genommen worden und würde das Trinkwasser desinfiziert.

Wichtig ist, dass auch Eigenbrunnen-Nutzer von den Verunreinigungen betroffen sein können. Durch die Überschwemmungen könnten Ablagerungen oder Schwemmmaterial der über die Ufer getretenen Bäche und Flüsse in die Brunnenanlagen eingedrungen sein.

Da Abkochgebote etwas in Deutschland sehr seltenes ist, soll die folgenden Antworten Hilfestellung geben

Welche Behörden sind zuständig für den Erlass eines Abkochgebots?

Das zuständige Gesundheitsamt ist für die Wasserqualität verantwortlich und ordnet an, ob und ab beziehungsweise bis wann Trink- beziehungsweise Leitungswasser abgekocht werden muss. Die Behörde informiert auch, welche Wasserversorger (Stadtwerke, Gemeinden) betroffen sind. Die Regelung nennt sich dann Abkochanordnung oder Abkochgebot.

Das Infektionsschutzgesetz (§ 16 Absatz 1 IfSG) ermöglicht dem Gesundheitsamt, (…) alle notwendigen Maßnahmen zur Abwendung einer dem Einzelnen oder der Allgemeinheit drohenden Gefahr einzuleiten. Dort heißt es: „Werden Tatsachen festgestellt, die zum Auftreten einer übertragbaren Krankheit führen können, oder ist anzunehmen, dass solche Tatsachen vorliegen, so trifft die zuständige Behörde die notwendigen Maßnahmen zur Abwendung der dem Einzelnen oder der Allgemeinheit hierdurch drohenden Gefahren.“

Wenn die Risiken nicht bestehen, werden auch diese Behörden das Abkochgebot wieder aufheben und die Aufhebung öffentlich bekannt machen.

Beispiel für aufgehobenes Abkochgebot (Q Gemeinde Salach)

Warum das Wasserabkochen wichtig ist

Durch das verschmutzte Flusswasser sind E.coli-Bakterien ins Rohwasser gelangt, aus dem das Trinkwasser produziert wird. E.coli-Bakterien kommen unter anderem im menschlichen Darm vor. Wenn sie über das Trinkwasser in den Körper gelangen, lösen sie oft gar keine Symptome aus. Wenn das Wasser jedoch stark verunreinigt ist, können die Bakterien Durchfall, Übelkeit und andere Erkrankungen verursachen. Gesundheitlich besonders gefährdet sind Säuglinge, Kleinkinder und immungeschwächte Menschen. Bei ihnen kann schon eine geringe Bakterienanzahl Erkrankungen auslösen.

Auch bei offenen Wunden kann verunreinigtes Wasser gefährlich werden: Gelangen E. coli-Bakterien über Wunden in die Blutbahn, dann können sie Infektionen auslösen. Eine offene Wunde sollte also keinesfalls mit verunreinigtem Wasser gereinigt werden.

Die relevanten klassischen wassergetragenen Seuchenerreger wie Viren, Bakterien und Einzeller werden – auch nach Ansicht der Weltgesundheitsorganisation – durch Abkochen bzw. schon bei 80 °C innerhalb einer Minute hinreichend inaktiviert. Bestimmte besonders hitzeresistente Sporen von Clostridien (Gasbrand, Tetanus, Botulismus) sind dagegen auch durch längeres Abkochen nur schwer hinreichend abzutöten, wobei jedoch eine Infektion durch Trinken sehr unwahr­ scheinlich und daher auch nicht bei der Risikoabwägung zu berücksichtigen ist.

Bundesgesundheitsministerium/Umweltbundesamt

Wo erfährt man, ob man Trinkwasser abkochen muss?

Die Gesundheitsbehörden informieren die betroffene Bevölkerung aktiv über verschiedene Medienkanäle wie Presse, Website der Kommunen, Radio und Warn-Apps über ein erlassenes Abkochgebot.

Tipp:
Fragen Sie im Zweifelsfall bei Ihrem Gesundheitsamt oder beim Wasserversorger aktiv nach. Informationen finden Sie auch auf den Internet- oder Social-Media-Seiten der Städte und Gemeinden.

Für welche Nutzungszwecke ist ein Abkochen des Trinkwassers unbedingt erforderlich?

Abgekocht werden muss alles Wasser,

  • welches zum Trinken, Waschen und Zubereiten von Obst, Gemüse, Getränken oder
  • anderen ungekochten Nahrungsmitteln verwendet wird.
  • Ebenso das Wasser, welches zur Herstellung von Eiswürfeln
  • oder zum Zähneputzen verwendet wird.
  • Zur Körperpflege sollte zumindest bei Kleinkindern sowie Kranken oder immungeschwächten Per­sonen ebenfalls abgekochtes und dann abgekühltes Wasser verwendet werden.

Hinweis: Für Kranke oder Menschen mit eingeschränkter Immunabwehr gelten ggf. über diese Empfehlung hinaus weitere Regeln, die beim behandelnden Arzt erfragt werden sollten.

Was muss ich tun, um Wasser ausreichend abzukochen?

Das Abkochen des Wassers verfolgt den Zweck, die ggf. darin enthaltenden Krankheitskeime weitgehend abzutöten. Durch Abkochen bzw. bei 80 °C innerhalb einer Minute werden etwaige Keime hinreichend inaktiviert.

Für die meisten Anwendungszwecke sollten dann noch solange gewartet werden bis das Wasser nur noch handwarm ist, um Verbrühungen zu vermeiden.

Lassen Sie das Wasser einmalig sprudelnd aufkochen und dann langsam über mindestens 10 Minuten abkühlen. Die Verwendung eines Wasserkochers ist aus praktischen Gründen zu empfehlen.

Bundesgesundheitsamt/Umweltbundesamt

Die Entnahme von Wasser aus der häuslichen Heißwasseraufbereitung ist nicht ausreichend, da die Temperatur nicht ausreichend ist, um Keime abzutöten.

Für welche Nutzungszwecke kann ich auf das Abkochen notfalls verzichten?

Im Ausnahmefall kann – aus Gründen der praktischen Handhabung – für einen kurzen Zeitraum auf ein Abkochen verzichtet werden, wenngleich dies zu einem leicht erhöhten Infektionsrisiko führen kann.

Bei folgenden Anwendungen kann auf das Abkochen verzichtet werden:

  • Geschirrspülen in Spülmaschinen, wenn die Temperatur auf ≥60°C einstellbar ist und/oder bei Geräten mit Hitzetrocknung.
  • Wäschewaschen in Waschmaschinen bei mindestens 40°C.
  • Körperpflege, wie Händewaschen, Duschen, Baden (Vorsicht: nicht trinken oder Mund spülen – also kein Zähne putzen) sowie sonstige Reinigungszwecke; offene Wunden sollten durch wasserun­durchlässige Pflaster abgedeckt sein.
  • Eine ausreichende Händehygiene ist durch intensive Anwendung von Seife zu erreichen.

Muss man Wasser für die Kaffeemaschine abkochen?

Nein, weil das Wasser in der Maschine beim Kaffeezubereiten automatisch auf eine sehr hohe Gradzahl erhitzt wird. Das gilt allerdings nur Kaffeemaschinen, die das Wasser auf mindestens 80 Grad Celsius erhitzt werden. Nur in diesem Fall ist davon auszugehen, dass mögliche Keime zuverlässig abgetötet werden.

Wie erhitzt man Wasser, wenn der Strom ausgefallen ist?

In Katastrophenlagen fällt häufig auch der Strom aus bzw. die Gasleitungen sind unterbrochen. Das Abkochen von Wasser mit dem Wasserkocher oder im Topf auf dem Elektroherd ist dann nicht möglich. Was tun? Hier sind Camper im Vorteil, die über einen kleinen Gaskocher verfügen oder ihren Wohnwagen oder das Wohnmobil in Betrieb nehmen können.

Wer einen Gasgrill – vielleicht sogar mit Kochfeld – kann diesen aktivieren. Auch ein Holzkohlegrill könnte helfen. Es sollte aber nur ein Topf ohne Kunststoffgriff verwendet werden – beim Abnehmen den Grillhandschuh nicht vergessen!

Auch ein Teelichtofen könnte helfen. Hier stellen Sie mehrere Teelichter in eine runde Tonschüssel mit Löchern. Am Boden der Schüssel steht ein Stövchen, auf den ein Topf gestellt werden kann. Es dauert allerdings länger als andere Methoden.

Quellen/ Weiterführendes

1 Kommentar

  1. Warum gibt es keine Entschädigung bei einem mehrwöchigem Abkochgebot von Trinkwasser. Die entstandenen Kosten durch das Abkochen der deutlich höhere Stromverbrauch und bei Chlorung des Trinkwassers was bei Unverträglichkeit dazu zwingt Wasser kaufen zu müssen. Es kann doch nicht sein das dies nicht entschädigt wird und man den vollen Preis in der Jahresenabrechnung zahlen muss obwohl man es nicht 100% nutzen konnte und der Stromverbrauch deutlich angestiegen ist durch dieses Fremdverschulden. Vor allem wenn es regelmäßig 1 x im Jahr vorkommt. Bei allem gibt es Konsequenzen bei nicht Einhaltung gewisser Verantwortungen die ja vertraglich festgelegt sind wie auch die Reinheit und der unbedenkliche Gebrauch bzw das Angebot unser Trinkwasser auch als dieses nutzen zu können. Zumal wir ja auch dafür zahlen das es gereinigt wird. Vertragliche Bedingungen werden nicht eingehalten und niemanden interessiert es .

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