Bayerns SPD sorgt sich um die Gewässerqualität – und mit ihr die EU-Kommission

Die SPD-Fraktion im bayrischen Landtag nimmt die „rote Karte“ der EU-Kommission, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen der Nicht-Umsetzung der EU-Nitrat-Richtlinie einzuleiten, zum Anlass, die Gewässerqualität auf die Agenda zu setzen. In Ihrem Antrag “Verschlechterung stoppen – Umweltziele der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie bis 2021 bayernweit erreichen“ fordert sie die bayrische Staatsregierung auf „unverzüglich Maßnahmen gegen die weitere Verschlechterung der heimischen Gewässer zu ergreifen.“ Hauptverschmutzter sei dabei das in der Landwirtschaft eingesetzte Düngemittel Nitrat.

Bayerns Gewässerqualität geht den Bach herunter

Die Gewässerqualität in Bayern verschlechtere sich dramatisch. Waren im Jahr 2009 noch rund 22 Prozent aller bayerischen Oberflächengewässer in einem „guten ökologischen Zustand“, traf dies Ende 2015 auf nur mehr 15 Prozent zu. Der umweltpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion Harry Scheuerstuhl warnt daher in einer Pressemitteilung eindringlich: „Eine derartige Verschlechterung in weniger als 7 Jahren, obwohl Verbesserung gefordert und angezeigt ist, ist mehr als besorgniserregend. Man kann sich vorstellen, wie diese Entwicklung weitergeht“.

Auch um das bayrische Grundwasser ist es aus Sicht der SPD-Fraktion „nicht sonderlich gut bestellt. Bereits jetzt erfüllen rund 32 Prozent des bayerischen Grundwassers die Anforderungen eines „guten Zustands“ im Sinne der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) nicht.“ Dabei verweist die SPD auf eine Prognose des Landesamtes für Umweltschutz (LfU), wonach sich die Situation bis 2021 noch einmal deutlich verschlechtern werde. Dann würden fast 40 Prozent des bayerischen Grundwassers belastet sein. Seit Anfang der 1990er Jahre haben sich die durchschnittlichen Nitratgehalte in Bayern (kontinuierlich gemessen an circa 160 Messstellen) nicht wesentlich verändert

Bereits seit geraumer Zeit fordert die SPD im Landtag eine Verbesserung des Gewässerzustands. Bayern steht damit auf einer Linie mit NRW und Schleswig-Holstein, deren Umweltminister schon 2014 ein Handeln bei der Nitratfrage gefordert hatten (siehe Beitrag). Das Ergebnis der Untersuchungen in NRW ergeben ein deutliches Bild: Im Grundwasser vieler Regionen Nordrhein-Westfalens befindet sich zu viel Nitrat und diese Werte sind in den vergangenen Jahren immer weiter gestiegen. Betroffen sind davon vor allem die Gebiete, die landwirtschaftlich intensiv genutzt werden.

Das Vertragsverletzungsverfahren kann teuer werden – die Zeit läuft

Die jüngsten von Deutschland vorgelegten Zahlen zeigen, dass der vorgeschriebene Grenzwert von 50 Milligramm Nitrat pro Liter Wasser zwischen 2008 und 2011 an über der Hälfte (50,3 Prozent) aller Messstellen überschritten wurde, unverändert gegenüber dem Zeitraum 2004 bis 2007. Im Vergleich zum Zeitraum 2004 bis 2007 stieg die Nitratbelastung sogar an 40 Prozent aller Messstellen. Dennoch wurden seitens Deutschlands keine Sofortmaßnahmen ergriffen, um gegen die Nitratbelastung im Wasser vorzugehen, wie es die EU-Nitratrichtlinie vorsieht. Dazu könnten laut Richtlinie eine stärkere Begrenzung der Ausbringung von Düngemitteln auf landwirtschaftlichen Flächen oder ein Verbot für das Ausbringen bestimmter Düngemittel während bestimmter Zeiträume zählen.canstockphoto14067335

Schon am 18. Oktober 2013 hatte die Kommission Deutschland ein Fristsetzungsschreiben übersandt, die erste Stufe eines Vertragsverletzungsverfahrens. Die bisher vorgelegte Novelle des Düngegesetzes hatte die Kommission im März 2016 als nicht ausreichend bewertet. Die Notifizierung war abgelehnt und Deutschland eine Frist zur Nachbesserung bis Juni 2016 mitgeteilt worden. Auf Empfehlung des EU-Umweltkommissars Janez Potočnik hatte die EU am 28. April 2016 die zweite Stufe eingeleitet. Deutschland wird darin aufgefordert, die EU-Vorschriften einzuhalten. Falls Deutschland nicht binnen zwei Monaten reagiert, kann die Kommission Deutschland vor dem Gerichtshof der Europäischen Union verklagen.

Am 17. Februar hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf vorgelegt („Entwurf eines Erste Gesetzes zur Änderung des Düngegesetzes und anderer Vorschriften“ – Bundestagsdrucksache 18/7557). Kritik kommt aber von Seiten der Wasserwirtschaft. Der BDEW sieht die Gefahr, dass weiterhin eine Verschlechterung der Gewässerqualität erfolgen kann. Der Schutz des Grundwassers und der Trinkwasserversorgung sowie der landwirtschaftlichen Erzeugung, auch als Grundlage für die Biogasnutzung, muss grundsätzlich in Deutschland gewährleistet werden.

Das macht keinen Sinn

Viel Zeit bleibt nicht mehr, um Strafzahlungen abzuwenden. Für manche Gewässer könnte der Gesetzgebungsprozess ehedem schon zu lange dauern. Deutschland droht in die Ecke der EU-Richtlinien-Verweigerer zu rutschen. Zudem müssen die Wasserversorger in einigen Regionen immer mehr aufwenden, um die Nitrate aus dem Trinkwasser herauszuhalten. Das müssen wiederum die Verbraucher mit höheren Trinkwasserentgelten bezahlen. Das macht doch alles keinen Sinn, oder?

Unter nachfolgenden Links sind die Informationen/Kartenmaterial zu Bayern abrufbar:
http://www.lfu.bayern.de/wasser/wrrl/bewirtschaftungsplaene_1621/karten/doc/35b.pdf (Prognose 2021)
http://www.wwa-la.bayern.de/fluesse_seen/massnahmen/umsetzungkonzepte/informationsveranstaltung/doc/vortrag_grundwasser_lfu.pdf (Prognose 2021 – Folie 14)

Bericht des WDR aus 2015 zu dem Thema: Klick hier!

 

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