10 Milliliter Wasser für’s Händewaschen. Start-ups mit hoheitlicher Unterstützung.

Wer zukunftsweisende Wasserspartechnologien sucht, um sich als Versorger auf Gründe für sinkende Wassernachfrage einzustellen oder als Verbraucher seine Energie- und Wasserkosten zu reduzieren, muss nicht nach Australien oder Kalifornien reisen. Am 25. Mai reichte der Weg ins niederländische Leeuwarden. Water-Tech-Fest hieß die Fachtagung in der friesischen Wassertechnik-Hauptstadt, in der Innovatoren und Praktiker sowie Start-Ups und Investoren im Rahmen des Startup Fest Europe zusammen kamen, um die Chancen im Wassersektor anzugehen. Es ging darum, wie aus technologischen Ideen ertragreiche Geschäftsmodelle werden. Schirmherr Prinz Constantin von Oranje brachte es auf den Punkt: „Wasser ist ein Sektor mit massiven Herausforderungen. Mit den Herausforderungen kommen auch die Chancen.“ Damit positionierte sich der Monarch als Wasserexperte und bestätigte zugleich den typisch holländischen Geschäftssinn.

Hoheitliche Grußworte von Prinz Constantin von Oranje (Foto: WETSUS)
Hoheitliche Grußworte von Prinz Constantin von Oranje (Foto: WETSUS)

Mit Wassertechnologien kann man Geld verdienen und Gutes tun,“ ermunterte er die Jungunternehmer: „Die Urbanisierung steigert den Bedarf für Infrastrukturinnovationen. Wasser ist ein exzellenter Türöffner. Aber die neuen Ideen brauchen Geld. Das geht nur in Partnerschaft von Kommunen, Investoren und Innovatoren. Das wird ein win-win-win für alle.“ Christopher Gasson, Chef des Global Water Intelligence, unterstrich mit seinen Erfahrungen den Bedarf für eine Kooperation und erteilte kurzfristigen Erfolgszielen eine Absage: „Es braucht 10 Jahre von der Idee bis zum Geschäft.“ Auch gab er den regionalen Fokus vor: „Um erfolgreich zu sein, braucht man bei Wassertechnologien definitiv auch eine Strategie für China. Das ist ein immer stärker wachsender Markt.“ Dass dies nicht alles nur Theorie ist, bestätigten Geert van de Wouk, bei SHELL für neue Wassertechnologien zuständig, und Lieve Declerq, Chefin des größten niederländischen Wasserversorgers VITENS. „Als Kommunalversorger junge Unternehmen mit ihren neuen Ideen einzubeziehen, ist nicht ganz einfach“, erklärte Declerq, „aber die Bedingungen ändern sich.

Über 200 Gäste aus Wirtschaft und Wissenschaft (Foto: WETSUS)
Über 200 Gäste aus Wirtschaft und Wissenschaft (Foto: WETSUS)

Wasserversorgung wird zunehmend komplexer und die Anforderungen steigen. „Bei Wasserqualitätsstörungen kommen wir meist zu spät, bei Leckagen reagieren wir, das Energiemanagement ist suboptimal und in der Kundenkommunikation warten wir eigentlich immer bis zum Eintreffen der Beschwerden“, beklagte sie eine Situation, die auch viele deutsche Versorger kennen. Ihr Lösungsvorschlag: „Wir müssen präventiver und pro-aktiver handeln. VITENS arbeitet deshalb nicht nur an einer proaktiven Kundenkommunikation z.B. bei Qualitätsbeeinträchtigungen oder Leckagen, sondern hat auch den „Vitens Innovation Playground“ geschaffen, um neue Wassertechnologien zu testen. Ganz oben auf der Agenda: Leckagevermeidung.“ Nicht nur ein Thema für die Niederlande oder Europa, sondern gerade für den globalen Markt. Mit diesem Experimentierfeld ermöglicht es VITENS seinen jungen Technologiepartnern ihre Ideen unter Echtbedingungen zu testen. Unter dem Titel „Friesland Live“ läuft ein Leackage-Detektionssystem mit pro-aktiver Kundenkommunikation und Interaktion.“ Im 9.000 km langen Leitungsnetz der Provinz Friesland arbeiten über 200 Leckagesensoren. Im späteren Gespräch, bei dem sie mich zu einem Besuch des Playgrounds einlud, sagte Declerq mit einem Augenzwinkern: „Die deutschen Wasserversorger haben doch vermutlich keine Leckageprobleme?“. Wenn die wüsste, mag sich mancher Insider unter den Lesern denken.

Direktor Jan Melier mit dem 10 Milliliter Becher Wasser vor dem Hydrowashr (Foto: Gendries)IMG_2423
Jan Melier mit dem 10 Milliliter Becher Wasser vor dem Hydrowashr (Foto: Gendries)

Die Wasserspar-Innovationen mit Geschäftspotenzial

Wie dicht Theorie und Praxis beieinander stehen, zeigten dann die rd. 30 Start-ups den anwesenden Investoren und Versorgern. Es würde den Rahmen dieses Beitrages sprengen, alle zu beschreiben, für die Wasserversorger dürften angesichts schon jetzt rückläufiger Wasserverbräuche der Hydrowashr und die Upfall-Dusche von besonderem Interesse sein. Der Hydrowashr soll das Handwaschbecken und das Trockenhandtuch oder Papier ersetzen. Den Wassereinsatz beim Händewaschen will das Gerät, das in der Handhabung dem Händetrockner von Dyson ähnelt, auf 10 Milliliter beschränken. Diesen „Hauch an Wasser“ pumpt das Gerät durch Membrane und erhitzt ihn auf 90 Grad. Danach „hämmert“ er die heiß-feuchten Feinstpartikel mit 500 Stundenkilometern auf die Handflächen. Nach acht Sekunden setzt der zehn Sekunden dauernde Trocknungsprozess ein. Abnehmer finden sich trotz der 3.500 Euro Anschaffungskosten, wie mir der Direktor Jan Melier versicherte. 30 Hydrowashr sind bereits an Raststätten, Restaurants und Schulen installiert. Mit den drei bis fünf Litern, die ein Handwachgang für gewöhnlich benötigt, kann man sich also einmal täglich das ganze Jahr die Hände waschen und trocknen.

Bert der Meer, bester bad, vor der Upfall-Dusche (Foto: Gendries)
Bert der Meer, bester bad, vor der Upfall-Dusche (Foto: Gendries)

Auch die Upfall-Dusche sorgte für Aufmerksamkeit. Dabei geht es gar nicht um Wasser, sondern um Energie-Sparen. Statt zehn bis 20 Liter für einen Duschvorgang aufzuheizen, kommt Upfall mit einem Bruchteil aus. Das genutzte Duschwasser wird im Boden aufgefangen, anschliessend in der vorgesetzten Wand durch einen Feinfilter und eine UV-Bestrahlung geleitet, um es nach der Reinigung im Kreislauf erneut als Duschwasser bereit zu stellen. Nur die Menge an heißem Frischwasser wird zugeführt, die für die richtige Temperatur nötig ist. So werden statt der üblichen zehn Liter wird nur ein Liter Frischwasser pro Minute eingesetzt. Mit 3.395 Euro Listenpreis liegen der Preis der Up-Cycling-Dusche zwar deutlich über herkömmlichen Geräten, dafür werden Energie- und Wasserkosten gespart. Bert Kruis, Vertriebsleiter bei beter bad, verwies auf Verkaufserfolge bei Hotels in den Niederlanden und in Deutschland.

Das Technologiezentrum Wasser WETSUS

Ein paar Worte noch zum Veranstaltungsort. Der Water Campus WETSUS in Leeuwarden ist ein innovatives Forschungs- und Technologiezentrum in dem 60 Doktoranden und über 50 Professoren mit und für 21 Partneruniversitäten und  105 Partnerunternehmen aus dem

WETSUS Water Campus, Leeuwarden (Foto: Gendries)
WETSUS Water Campus, Leeuwarden (Foto: Gendries)

Wasserbereich und angrenzenden Industriesektoren wie Öl & Gas, Nahrungsmittel, Energie und andere neue Technologien entwickeln. „Forschung, Innovation und Lehre“ lauten die Zielsetzungen des 2015 in das moderne Gebäude am Stadtrand der friesischen Stadt. Die Finanzmittel bezieht WETSUS aus Fördermitteln der EU und des niederländischen Staates sowie aus dem Verkauf von Patenten und Geschäftsaktivitäten von Unternehmensausgründungen, die neue Technologien allein oder mit Investoren an den Markt bringen. Es ist gerade die Nähe von Forschung und Praxis, die den besonderen Stellenwert und die Stärken von WETSUS begründet.

In den folgenden Beiträgen werde ich über weitere beim Water-Tech-Fest vorgestellte Technologien und Geschäftsideen berichten.

 

 

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