Wasser als Waffe gegen den Krieg 

Die Frage der Wasserversorgung kann in Zukunft große Spannungen hervorrufen. Die Staatengemeinschaft will und kann nicht tatenlos zusehen, wie sich Konflikte bilden und zu Kriegen werden. Daher müsse man heute Wasser als Schlüsselinstrument der Entwicklung und der Friedensförderung verstehen und nutzen, erklärte der Schweizer Bundesrat Didier Burkhalter vor dem „Globalen Panel zu Wasser und Frieden“ (Global High-Level Panel on Water and Peace). Die 15 Mitgliedstaaten des vor zwei Jahren gegründeten Panels präsentierten am 14. September 2017 mit ihrer gemeinsam mit dem Geneva Water Hub erarbeiteten Empfehlungen zur Prävention und Beilegung von Wasserkonflikten“. Die Schweiz wird die Empfehlungen auf der Generalversammlung der UNO am 18. September 2017 in New York vorstellen.

Viel Potenzial für Wasserkonflikte, sie werden trotzdem weniger wahrscheinlich 

Die Risiken für kriegerische Auseinandersetzungen werden im globalen Maßstab offensichtlich überschätzt, wie zahlreiche Statistiken und Studien belegen. Laut einer Studie der Arbeitsgruppe des «Food Policy Research Institute» (IFPRI) wird mit 52% im Jahr 2050 mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung in Regionen leben, die von einer extremen Wasserknappheit betroffen sind. Das Konfliktpotenzial scheint mit der klimabedingten Verknappung des Wassers noch zuzunehmen. In dem Papier „Die Rolle der Ressource Wasser in Konflikten“ der Bundeszentrale für politische Bildung (BpB) kommt die Autorin Christiane Fröhlich zu einer interessanten Risikoeinschätzung. Danach seien Konflikte um knappe Wasserressourcen komplexe Phänomene. Hier sei begrifflich zu unterscheiden zwischen genuinen Wasserkriegen, d.h. gewaltvollen internationalen Auseinandersetzungen, die sich ausschließlich um Wasser drehen, und Wasserverteilungskonflikten, die oftmals auf regionaler bzw. lokaler Ebene auftauchen und in der Regel in größere Konfliktkonglomerate eingebettet seien. Regionale Wasserverteilungskonflikte seien nicht per definitionem gewaltvoll, auch wenn es immer wieder Fälle von Gewalteinsatz gegeben habe. 

Kooperation statt Konfrontation bei Verteilungskonflikten

Die wissenschaftlichen Studien der vergangenen Jahre zum Thema „Wasser – Konflikt oder Kooperation“ hätten zu zwei grundlegenden Erkenntnissen geführt. Erstens sind globale Bedrohungen durch Wasserkriege nicht sehr wahrscheinlich. Die zweite Erkenntnis ist, dass Wasserverteilungskonflikte weit öfter zu Kooperation als zu Konfrontation führen: Die „International Water Treaties“-Datenbank der Universität von Oregon listet zum Beispiel mehr als 400 Wasserabkommen auf, davon allein fast hundert nach dem Zweiten Weltkrieg (siehe Abbildung zum Jordan). Zudem sind Verträge zur Wasserverteilung in der Regel sehr belastbar: Selbst militärische Konflikte können ihnen oft nichts anhaben.

Wasserkooperationen sind bewährte Friedensinstrumente

Das World Watch Institute kommt in „Managing Water Conflict and Cooperation“ zu einem beruhigenden Ergebnis, wonach Wasser zur Kooperation und die Verhandlungserfordernisse zur Wassernutzung präventiv zur Konfliktvermeidung beitragen: „Water has also been a productive pathway for building confidence and, arguably, preventing conflict, even in particularly contentious basins. In some cases, such as in the Middle East, water provides one of the few paths for dialogue in otherwise heated bilateral conflicts. In politically unsettled regions, water is an essential part of regional development negotiations, which serve as de facto conflict-prevention strategies.“

Der Bedeutung von Wasserkooperationen für die Konfliktbewältigung hat sich auch die Strategic Foresight Group gewidmet. Dazu untersuchte und bewertete der internationale Think-Tank die Form der Kooperation aller weltweiten grenzüberschreitenden Wassernutzungen. Heraus kam ein Wasserkooperations-Quotient für 219 gemeinsam benutzte Flussbecken in 148 Ländern. Dieser zeigt, dass Länder, die sich aktiv an einer Wasserkooperation beteiligen, keinen Krieg miteinander beginnen. Die Strategic Foresight Group ist gemeinsam mit den Schweizern Mitglied im „Global High-Level Panel on Water and Peace“.

Schweiz engagiert sich für den Wasserfrieden

Die Schweiz wird sich hauptsächlich im Rahmen von drei der sieben vereinbarten Empfehlungen engagieren: Sie wird ihre Wasserdiplomatie weiter ausbauen und Fazilitäten und Mediationen zum Abbau von Spannungen im Zusammenhang mit der Wasserbewirtschaftung anbieten. Ein gutes Wassermanagement setzt voraus, dass jeder genau weiss, worum es geht. Die Schweiz wird folglich auch den Austausch von Wasserdaten und die Erarbeitung von gemeinsamen Standards für die Förderung des Dialogs unterstützen. Schliesslich wird sie sich laut dem Vorsteher des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten EDA dafür einsetzen, dass die Mittel zur Finanzierung von Studien gefunden werden, die es erlauben, den Bau von grenzüberschreitenden Wasserinfrastrukturen zu fördern, die wirtschaftlich und ökologisch vertretbar sind.

Die Feststellungen und Empfehlungen des Global High-Level Panel on Water and Peace (Fotomontage: Gendries)

Israels Lösungen zur Bewältigung von Wasserknappheit und -konflikten 

Obwohl Wasserkriege demzufolge unwahrscheinlich sind, gibt es keinen Grund, völlig unbesorgt zu sein. Der Klimawandel wird insbesondere Regionen mit Wasserknappheit oder -stress immer härter treffen. Die Bevölkerung nimmt in vielen Regionen unabhängig vom Wasserdargebot weiter zu. Konfliktpotenzial resultiert nicht nur aus der Menge, sondern auch aus der Qualität des Wassers. Verschmutzungen durch Anrainer am Oberlauf von Flüssen machen das Wasser zuweilen unbrauchbar. Nicht nur die grenzüberschreitende Nutzung von Wasser birgt viel Konfliktpotenzial, auch die regionalen Nutzungskonkurrenzen lassen das Risiko steigen. Eine Region, in der das tagtäglich vor Augen geführt wird, ist die Nah-Ost-Region, wo Israel und seine Nachbarstaaten mit der immer knapper werdenden Ressource leben müssen. Zugleich gibt es Auseinandersetzungen über die Wassernutzung zwischen Israel und dem Westjordanland sowie dem Gaza-Streifen. Israel hat seinen Weg gesucht und technologische Lösungen gefunden, um seine Versorgung zu sichern und mit der Beseitigung der Knappheit, der Ressource Wasser einen Teil seines Konfliktpotenzials genommen. Aber Israel hat auch Technologien und Wissen entwickelt, die anderen Staaten bei der effizienten Nutzung des Wassers helfen können. Damit liessen sich dortige KonfliktpotenIsraels Lösungen zur Bewältigung von Wasserknappheit und -konflikten ziale reduzieren. Über meine Erfahrungen während meiner soeben abgeschlossenen Wasser-Reise durch Israel berichte ich in den kommenden Beiträgen auf Lebensraumwasser.

Weiterführendes und Quellen

  • Hier geht zur Pressemitteilung des Schweizer Bundesrates zum „Globalen Panel zu Wasser und Frieden“ und weiteren Quellen
  • Beitrag in Lebensraumwasser zur Einschätzung der Wasserkrisen durch das Weltwirtschaftsforum Davos
  • Transboundary Waters der Oregon University mit zahlreichen Quellen zu grenzüberschreitenden Wassernutzungen und Analysen zur Konfliktbeseitigung

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