Wiesbaden darf den städtischen Wassercent erheben

Die Stadt Wiesbaden darf eine Steuer auf Wasserverbrauch einführen. Diese sei rechtlich zulässig, entschied das Verwaltungsgericht Wiesbaden am gestrigen Dienstag. Zuletzt hatte der sogenannte „städtische Wassercent“ einen Rechtsstreit zwischen der Stadt Wiesbaden und dem hessischen Innenministerium entfacht.

  • Stadt Wiesbaden darf Wassercent erheben
  • Innenministerium hatte dessen Erhebung ab 2024 unterbunden
  • Das Verwaltungsgericht Wiesbaden erkennt die Erhebung dagegen als zulässig an
  • Andere Städte könnten dem Beispiel Wiesbadens folgen

Im Dezember vergangenen Jahres hatte die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Wiesbaden eine Wasserverbrauchssteuer in der Gestalt eines „Nachhaltigkeitsbeitrages zum Wassersparen und zum Zwecke des Klimaschutzes“ beschlossen. In Zeiten von zunehmender Wasserknappheit wollte die Stadt so einen sorgsamen Umgang mit der Ressource Wasser herbeiführen – und in Zeiten knapper werdender Haushaltsmittel mit den Einnahmen den not leidenden Kommunalhaushalt stützen.

Im Dezember vergangenen Jahres hatte die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Wiesbaden eine Wasserverbrauchssteuer in der Gestalt eines „Nachhaltigkeitsbeitrages zum Wassersparen und zum Zwecke des Klimaschutzes“ beschlossen. In Zeiten von zunehmender Wasserknappheit wollte die Stadt so einen sorgsamen Umgang mit der Ressource Wasser herbeiführen – und in Zeiten knapper werdender Haushaltsmittel mit den Einnahmen den notleidenden Kommunalhaushalt stützen.

Was sich zunächst nach einer „Wunderwaffe“ gegen die kommunale Wasser- und Finanzknappheit anhörte, wurde von der Kommunalaufsicht des Innenministeriums im Mai 2024 gestoppt. Wiesbaden klagte dagegen – und bekam nun Recht.

90 Cent Steuer pro 1.000 Liter Trinkwasser

90 Cent je 1.000 Liter Wasser sollten Bürger und Betriebe ab Beginn des Jahres 2024 für das Wasser aus der Leitung bezahlen. Damit wollte die Stadt zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Die „kommunale Verbrauchssteuer“ für Wasserverbrauch sollte Haushaltslöcher stopfen und ein „Nachhaltigkeitsbeitrag zum Wassersparen und für den Klimaschutz“ sein. So schien die Stadt einen Weg gefunden zu haben, um mit dem gesellschaftlich akzeptierten Potpourri aus „Wassersparanreizen“, „Nachhaltigkeit“ und „Klimaschutz“ auch Haushaltssanierung betreiben zu können.

Das Innenministerium hielt die Erhebung der Steuer für rechtswidrig. Die Stadt Wiesbaden versuche, mit der Steuer die kartellrechtlichen Vorgaben für die Preisgestaltung von Wasserentgelten und -gebühren zu umgehen. Die Besteuerung eines lebensnotwendigen Guts wie Trinkwasser sei mit grundlegenden Menschenrechten nicht vereinbar. Die Einführung der Steuer treffe insbesondere einkommensschwache Haushalte und Familien über der Grenze zum Bezug von Transferleistungen und sei insgesamt nicht geeignet, den verfolgten Lenkungszweck zu erfüllen. Die Einführung wurde gestoppt – zunächst.

Gericht verweist auf Klimawandel

Das Verwaltungsgericht in Wiesbaden kam zu einer anderen Einschätzung. Es urteilte am 8.4.2025, der Umstand, dass lebensnotwendige Güter wie Trinkwasser nicht besteuert werden dürften, sei kein geltender Rechtsgrundsatz, wie das Beispiel der Umsatzsteuer zeige.

Nach Auffassung des Gerichts sei die Erhebung einer Wasserverbrauchsteuer nicht zu beanstanden. Dass lebensnotwendige Güter wie Trinkwasser nicht besteuert werden dürfen, sei kein geltender Rechtsgrundsatz, wie das Beispiel der Umsatzsteuer zeige. Die Höhe der Steuer sei hoch genug, um Lenkungseffekte zu erzielen, ohne aber zu einer „erdrosselnden Wirkung“ zu führen. Dass eine Steuer einkommensschwache Haushalte oberhalb der Transfergrenze stärker treffe als andere, sei auch bei jeder anderen Besteuerung der Fall und könne der Wasserverbrauchsteuer nicht entgegengehalten werden. Eine Umgehung der kartellrechtlichen Preiskontrolle finde nicht statt, weil die Steuer dem Haushalt der Stadt zugutekomme, während Wasserentgelte und -gebühren unmittelbar den Wasserversorgern zuflössen.

Mit Blick auf das Ziel, Wasser zu sparen, verwies das Gericht außerdem auf Trockenheitsphasen auch infolge des Klimawandels: In den vergangenen fünf Jahren habe Wiesbaden nach eigenen Angaben im Sommer daher die Wasserentnahme aus Bächen und Seen verbieten müssen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das Gericht hat nach eigener Aussage die Berufung zum Hessischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen, „weil es sich bei der Zulässigkeit einer kommunalen Wasserverbrauchssteuer um eine grundlegende Frage handelt, die von der Rechtsprechung noch nicht entschieden worden ist“.

Geht das Land Hessen nicht gegen das Urteil in Berufung, können die Stadtverordneten entscheiden, ab wann der „Wassercent“ erhoben wird.

Werden andere Städte folgen?

Das Urteil könnte, so denn es vom Verwaltungsgerichtshof bestätigt würde, weitreichende Wirkung entfalten. Viele Kommunen in Hessen – und darüber hinaus – haben nicht nur nur knappe Wasserressourcen, sondern auch knappe Kassen. Das könnte Begehrlichkeiten wecken.

Dass ausgerechnet im Land Hessen als bald dem einzigen Bundesland kein Wasserentnahmeentgelt erhoben wird, ist eine Ironie dieser Geschichte. So hat die Landesregierung selber eine offene Flanke hinterlassen, die die Stadt Wiesbaden nutzen will. Nämlich Anreize über einen zusätzlichen Wassercent zu erheben, um Wassersparanreize zu schaffen – und die Finanzkasse zu füllen. Dass das ganze unter dem Label Nachhaltigkeitsbeitrag läuft, dürfte nur eine Randerscheinung sein.

Im Rahmen eines Gutachtens haben wir unlängst untersucht, welche Wahrnehmungsbarrieren bei den Wassernutzern dem erwünschten Effekt des Wassersparanreizes entgegen stehen, dazu in Kürze mehr.

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