Wie sich Niedersachsen in der Wasserversorgung auf den Klimawandel vorbereiten will

„Das extreme Trockenjahr 2018 hat uns die Herausforderungen des Klimawandels auf die Wasserversorgung deutlich vor Augen geführt“, erklärte der niedersächsische Umweltstaatssekretär Frank Doods am 22.11.2018 bei der Tagung „Wasserversorgung – Herausforderungen und Perspektiven“ in Hannover. 170 VertreterInnen von Wasserversorgungsunternehmen, Wasser- und Fachbehörden sowie Kommunen waren der Einladung des Umweltministeriums gefolgt, um über steigende Anforderungen der Wasserversorgung durch den Klimawandel, die demographische Entwicklung, die Wasserentnahme-Rechte sowie die Wasserqualität zu diskutieren. Wegen der Klimaprognosen gewinnen Spitzenbedarfsregelungen, Zugriffsrechte und Kostenverteilung einen zunehmenden Stellenwert über das Land Niedersachsen hinaus. Denn auch im Mecklenburg-Vorpommern will Umweltminister Till Backhaus (SPD) einen neuen Grundsatzplan für die Trinkwasser-Versorgung in Mecklenburg-Vorpommern entwickeln lassen, wie der NDR berichtet.

Niemand wird vorhersagen können, wie der nächste Sommer wird, die Trockenheit in 2018 hat aber gezeigt, was droht, wenn sich Wasserversorger und Gesellschaft nicht auf den Klimawandel und seine möglichen Auswirkungen vorbereiten.

Klimawandel bringt Extremwasserereignisse und Spitzenlastbedarfe

Der niedersächsische Staatssekretär begründete den Anlass für den Austausch folgerichtig mit der Zunahme von Extremwetterereignissen, den Veränderungen der Niederschlagsverteilung und den steigenden Sommertemperaturen. Das führe aus Sicht der Landesregierung dazu, dass die Trinkwasserversorger häufigere und länger anhaltende Spitzenlastzeiten bewältigen mussten. Auch die Landwirtschaft, hebt er hervor, brauche mehr Wasser (zumal dann, wenn weniger verfügbar ist), um die Felder ausreichend zu bewässern.

Die Herausforderungen beschränken sich nicht auf Niedersachsen. Auch in anderen Regionen sieht sich Wasserwirtschaft den steigenden Sicherheitsanforderungen der Kunden – allen voran die Industrie und Landwirtschaft – gegenübergestellt.

Kostenverteilung bedarf einer Neuordnung

Das wird auch die Kostenfrage aufwerfen. Denn die dafür erforderlichen Ressourcen sind die eine Seite der Medaille, die Systemvorhaltung und die damit verbundenen Kosten die andere. So verständlich die Erwartung der Kunden auch ist, es muss auch die Frage beantwortet werden, wer die Kosten der Absicherung derartiger Spitzenlasten trägt. Um es zu veranschaulichen: die Wasserversorger sind gehalten, ihre Systeme so zu dimensionieren, dass der Trinkwasserbedarf gedeckt werden kann. Schon aus hygienischen Gründen ist darauf zu achten, dass die Durchflussmenge ausreichend ist. Bei steigenden Außentemperaturen wird das eine zunehmende Herausforderung. Auf die Vorhaltung der Systeme – und hiermit sind nicht nur die Leitungsnetze, sondern auch Behälter und Wasserwerke gemeint – fallen erhebliche Fixkostenanteile. Diese sind zugleich deutlich höher, als es für Systeme mit normaler Wasserabnahme erforderlich wäre. Hier wird also wie in der Energiewirtschaft schon bereits geschehen, ein Preis für die Vorhalteleistung zu zahlen sein, um die atypischen Systemnutzer an den ihnen zurechenbaren Kosten zu beteiligen. Niedersachsen wird auch mehr in den Hochwasserschutz und das Niedrigwassermanagement investieren müssen. Auch werden Kosten entstehen. Auch dazu wird noch geschwiegen.

Trinkwasserversorgung soll Vorrang haben

Eindeutig positioniert sich die niedersächsische Landesregierung zur Priorität der Trinkwasserversorgung bei Nutzungskonkurrenzen. „Übergeordnetes Ziel muss es daher sein, die Niedersächsische Wasserversorgung und insbesondere die öffentliche Trinkwasserversorgung als maßgeblichen Bestandteil der Daseinsvorsorge langfristig sicherzustellen. Wenn die Konkurrenz auf die Wasserversorgung weiter zunimmt, so hat die öffentliche Trinkwasserversorgung selbstverständlich Vorrang vor anderen Abnehmern“, so Doods.

Um die Wasserversorgungsunternehmen, aber auch die Kommunen und Fachbehörden bei der Bewältigung der steigenden Herausforderungen zu unterstützen, erarbeitet das Land Konzepte und Leitlinien, auf deren Grundlage wasserwirtschaftliche Planungen ausgerichtet werden können. Dazu gehören auch Darstellung und Bewertung des Status Quo und der künftigen Entwicklungen der Wasserversorgung.

Spagat zwischen den Interessen

Nicht nur in Niedersachsen wird man gespannt sein, wie die Landesregierung diesen Spagat zwischen den Trinkwasserbedarfen einer einflussreichen Landwirtschaft, den Standortinteressen der Industrie und den Bedarf der Trinkwasserkunden bewältigen wird. Die Neuordnung der Kostenverteilung für Spitzenlastanforderungen wird man nicht ausklammern können, erst recht dann nicht, wenn die erwartete angespannte Ressourcenlage eintritt. Schon heute fällt es der Landesregierung in Niedersachsen offenkundig nicht leicht, die Balance der Interessen beim Gewässerschutz zu erreichen…

1 Kommentar

  1. (Heute mal privat unterwegs)

    Danke, für den tollen Artikel.
    Der Sommer 2018 hatte mit der Hitzewelle alle Temperaturrekorde gebrochen, seit dem Beginn der Messung. Ich bin daher sehr gespannt, wie die Politik und der örtliche Wasserversorger dem Thema begegnen werden. Eins ist jedoch sicher, das war nicht die letzte Hitzewelle.

    lg

1 Trackback / Pingback

  1. Populismus statt Wasser-Planung? Niedersachsens SPD-Umweltminister kokettiert mit den Landwirten – LebensraumWasser Der Wasser-Blog

Was meinen Sie dazu?

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.