Rechenzentren und Wasser: Was Datennutzung mit Wasserkonflikten zu tun hat

Daten-Dürre in Rechenzentren

Wer denkt bei der Nutzung des Smartphones oder beim Streaming von Filmen schon über den Wasserverbrauch nach? Spielt keine Rolle? Doch, denn Rechenzentren benötigen nicht nur Energie, sondern auch Wasser. Rechenzentren und ihre Leistungen werden zwar immer wichtiger für die Wirtschaft und die privaten Datennutzung. Ihr großer Wasserbedarf für die Kühlung und die vorgelagerte Energieerzeugung greift aber auf knapper werdende Ressourcen zu. Mancherorts entsteht Widerstand gegen ihre Ansiedlung. Die Öffentlichkeit weiß über das Thema viel zu wenig, noch weniger aber über die Daten. Vielleicht ist auch das ein Grund für Argwohn und Konflikte. Ich haben mich daher in den letzten Monaten mit dem Thema einmal näher befasst und viele Quellen gefunden.

Der Ressourcenverbrauch konventioneller Rechenzentren steigt massiv an

Die Informationskommunikationstechnologie wird in den kommenden Jahren ein enormes Wachstum verzeichnen. Bis 2023 wird es insgesamt 5,3 Milliarden Internetnutzer geben, das sind Zweidrittel der Weltbevölkerung, gegenüber 3,9 Milliarden im Jahr 2018. Zudem werden bis 2030 weltweit fast 30 Milliarden Onlinegeräte erwartet, gegenüber 18 Milliarden im Jahr 2018. Um die von Milliarden Benutzern in Anspruch genommenen Online-Dienste zuverlässig zu unterstützen, wurden Rechenzentren auf der ganzen Welt gebaut. Deren Millionen Server benötigen Strom für den Betrieb und für die Kühlung. Diese Leistungen sind mit gigantischen Ressourcenverbräuchen verbunden. Während der Energieverbrauch dieser Einrichtungen in den Medien und in der Wissenschaft für Aufmerksamkeit und Fragen sorgt, ist die Datenlage beim Wasser ebenso knapp, wie die Ressource selbst.

Wie groß ist das Problem des Wasserverbrauchs? Auf die gesamten USA bezogen ist der Wassereinsatz in Rechenzentren mit etwa 1,7 Millionen Kubikmeter pro Tag im Vergleich zum nationalen Gesamtwasserverbrauch mit 1.218 Millionen Kubikmeter pro Tag eher gering. Aber lokal betrachtet „stresst“ der Wasserbedarf der Rechenzentren die lokalen Wasservorräte. Insgesamt gehören in den USA die Rechenzentren zu den zehn größten wasserverbrauchenden industriellen oder gewerblichen Branchen. Von den aktuell 1.834 sogenannten Colocation-Rechenzentren in den USA stehen laut Data Center Map insgesamt 236 Rechenzentren in dem von Wasserknappheit geplagten Staat Kalifornien.

Schauen wir also auf die Prozesse von Rechenzentren. Wofür wird eigentlich Wasser benötigt? Und warum die Menge je nach Standort und Wasserverfügbarkeit ein Problem sein?

Das Kühlsystem von Rechenzentren benötigt je nach eingesetzter Technologie Wasser (z. B. wassergekühlte Racks; Klimaanlage mit zentraler Kaltwassererzeugung, kombiniertes Umluft- und Kaltwassersystem, Kühltürme usw.). So kann die entstehende Wärme der Anlagen durch die Verdunstungskälte des Wassers effizient abgeführt werden kann. Im Sommer bzw. in heißen Regionen wird dafür verständlicherweise mehr Wasser verbraucht. Viele Rechenzentrumsbetreiber zieht es in wasserarme Regionen im Westen der USA, überwiegend wegen der Verfügbarkeit von Solar- und Windenergie. Aber genau dort herrscht Wasserknappheit, was eigentlich ein Problem darstellt, wenn auf natürliche Ressourcen zurückgegriffen wird. Forscher der Virginia Tech University schätzen, dass 20 Prozent der Rechenzentren ihr natürliches Wasser aus mäßig bis stark beanspruchten Wassereinzugsgebieten, hauptsächlich im Westen der USA, beziehen.

Der Wasserverbrauch von Rechenzentren – ausreichend für die Trinkwasserversorgung von Großstädten

Das Umweltbundesamt berichtet über große Rechenzentren in den USA wonach deren jährlicher Wasserverbrauch zwischen 313 und 509 Millionen Liter beträgt, bezogen auf eine elektrische Leistungsaufnahme der Anlagen in Höhe von 15 MWel. Umgerechnet ergibt sich so ein Wasserverbrauch von 2,3 Litern bezogen auf eine kWh des Energieverbrauchs der Rechenzentren. Eine andere Studie kommt auf 1,8 Liter Wasser pro kWh Energieverbrauch. Ein mittleres Rechenzentrum („Colocation“) benötigt laut des Water Resources Center at Texas Tech University etwa 4 bis 7 Millionen Kubikmeter Wasser im Jahr. Das entspricht auf deutsche Verhältnisse bezogen dem Wasserbedarf einer mittleren deutschen Großstadt.

Kombinierter direkter und indirekter Wasserverbrauch und THG-Emissionen (Kohlenstoffäquivalenz) nach Rechenzentrumstyp. Wasserintensität und Kohlenstoffintensität werden pro MWh verbrauchter Elektrizität und pro Rechenaufwand angegeben.(Q: The environmental footprint of data centers in the United States)

An welchen Stufen Wasser in den Rechenzentren und zu ihrer Versorgung benötigt wird, zeigt die nachfolgenden Abbildung.

Virtueller und realer Wasserfluss in Rechenzentrum (Grafik: Gendries in
Anlehnung an Md Abu Bakar Siddik e.a.)
  1. Wasser, das direkt vom Rechenzentrum zu Kühlungs- und anderen Zwecken verbraucht wird.
  2. Wasser, das indirekt durch Stromerzeugung verbraucht wird.
  3. Wasser, das indirekt über das Wasser verbraucht wird, das in den Stromverbrauch der Wasserversorgung und der Kläranlage eingebettet ist, die das Rechenzentrum ver- und entsorgen.

“Wasserverbrauch in Rechenzentren: Brecht das Schweigen!“.

Das Online-Magazin Data Insider titelte vor kurzem: “Wasserverbrauch in Rechenzentren: Brecht das Schweigen!“. Die Autoren, selber Betreiber von Datenzentren, kritisierten darin die Verschleierung des Wasser-Ressourcenverbrauchs in Rechenzentren. „Die IT-Branche selbst hat kein Interesse daran, dass diese Zahlen bekannt werden. Infolgedessen besteht eine anhaltende Intransparenz. Die Tech-Riesen berufen sich auf überzeugende Gründe wie ihr Geschäftsgeheimnis, Schutz von Kundendaten oder nationale Sicherheit. Ohne transparente Daten sind Verbesserungen jedoch unmöglich“, so die Vorwürfe von Yann Lechelle und Paul Benoit. Angesichts der Nachhaltigkeitsanforderungen von Stakeholdern und Gesetzen ist dieser Vorwurf der Intransparenz an Konzerne, die zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet sind, nicht trivial.

Tom Kingham, Director Solutions Engineering bei CyrusOne, fordert, dass Rechenzentren offener mit dem Thema umgehen sollen. Bei all den Maßnahmen zur CO2-Reduktion und Abmilderung der Energiekrise gerate eine Ressource in den Hintergrund: Wasser. Zwar würden die Betreiber vor allem nach ihrer PUE (Power Usage Effectiveness) bewertet werden. Daher seien sie besonders daran interessiert, den Verbrauch von Strom zu reduzieren. Die damit korrespondierende Kennzahl WUE (Water Usage Effectiveness) gibt nur Auskunft darüber, wieviel Wasser in dem Prozess verloren geht, und nicht den tatsächlichen Verbrauch. Es wird also nur die Wassermenge, die verdunstet, gemessen und nicht die Menge, die von Rechenzentren aufgenommen und dann wieder abgeleitet wird. Das ist aber insbesondere für die Wasserstressregionen und die Nutzung von Grundwasserressourcen eine elementare Größe. Bei den Betreibern der Rechenzentren mangelt es nicht an Berichten und Projekten, seltener fündig wird man allerdings bei den betrieblichen Verbrauchsdaten.

Nutzungskonkurrenzen um Wasser erzeugen Widerstand gegen Rechenzentren

In den USA verstärken sich Proteste gegen die Ansiedlung von Rechenzentren. Der Grund ist der zuweilen massive Ressourcenbedarf für Energie und Wasser. Das löst Nutzungskonkurrenzen aus, falls das Wasser vor Ort knapp sein sollte. Rechenzentren konkurrieren dann nicht nur mit der Trinkwasserversorgung der Bevölkerung, sondern auch mit dem Bewässerungsbedarf der Landwirtschaft oder mit Industriebetrieben. Aber es geht nicht um das reale Wasser, es gibt auch einen nicht unbeträchtlichen virtuellen Wasserbedarf nämlich für die Erzeugung der benötigten Energie.

Schlagzeile im TIME Magazine über GOOGLE’s mangelnde Transparenz beim Wasserbedarf der Rechenzentren, 2019

Während der Wasserverbrauch von Rechenzentren lange ein Tabuthema war, hagelt es nun immer mehr Kritik. Einige Beispiele:

  • In den Niederlanden hat die Regierung im Februar 2022 ein elfmonatiges Moratorium für den Bau von Großrechenzentren ausgesprochen und damit neue Vorhaben gestoppt – wobei es vorrangig um Energie geht. Währenddessen wird Microsoft vorgeworfen, mit 84.000 Kubikmetern Wasser das Vierfache der genehmigten Wassermenge in 2021 genutzt zu haben. Der Verband der Datencenter-Betreiber widerspricht diesen Zahlen und verweist auf den vergleichsweise geringen Wasserbedarf.
  • Dasselbe gilt für Irland: Hier fangen bereits einige Politiker an, sich aus Angst vor einer Wasserknappheit zu organisieren. Im August vergangenen Jahres wurde ebenfalls ein Moratorium für den Bau neuer Rechenzentren ausgesprochen. Die zu dem Zeitpunkt bestehenden 30 Großrechenzentren in Irland sollten massiven Zuwachs bekommen.
  • In Frankreich, Luxemburg, aber auch in Deutschland (siehe. rbb24: „Google-Ansiedlung in Ostbrandenburg scheitert an Wassermangel“ stoßen die Pläne für Mega-Rechenzentren auf immer mehr Fragen und Kritik. Es ist nicht überraschend, dass diese zunehmend ablehnende Haltung der Öffentlichkeit gegenüber Rechenzentren und ihren Wasserbedarf im Zusammenhang steht mit sinkenden Wasservorräten und sich abzeichnenden Nutzungskonkurrenzen.
  • In Deutschland plant der Alpha-Konzern, die Mutter von GOOGLE, neben Hanau, für die Frankfurter „Cloud Region“, auch im Raum Berlin/Brandenburg den Bau eines Rechenzentrums. Die Planungen wurden im Dezember 2021 durch den Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) im Zusammenhang mit der TESLA-Ansiedlung in Brandenburg publik. Für das geplante Rechenzentrum, so hieß es damals, benötige der Alpha-Konzern rund 1,3 Millionen Kubikmeter pro Jahr. Der örtliche Wasserversorger hatte seinen Haushalts und Gewerbekunden schon wegen des Wasserbedarfs der TESLA-Werks Wasser-Rationierungen angekündigt. Insoweit nicht überraschend, dass die Mutmaßung der Ansiedlung eines Rechenzentrums mit hohem Wasserverbrauch für zusätzliche „Stimmung“ in der Region sorgte. Daniel Holz, der Googles Cloudgeschäft in Deutschland leitet, erklärte in einem Interview mit dem Berliner TAGESSPIEGEL im Februar, „dass die geplante Anlage keine besonders hohen Anforderungen an den Wasserbedarf hat, abgesehen vom Bedarf für Brandschutz und sanitäre Anlagen.“ Auf die Frage, wieviel Wasser „so ein Rechenzentrum im Jahr“ benötige, blieb der Spitzenmanager vage. „Die Anlage hat keinen enormen Wasserbedarf. Bei den genauen Zahlen kommt es auch stark auf den Typ an“, mehr war zum Wasserverbrauch nicht zu erfahren.

Der Wasserbedarf von Daten wird weltweit wachsen. Nach Angaben der Synergy Research Group gab es bis Ende 2020 weltweit etwa 600 „Hyperscale Data Center“ (Großrechenzentren). Ihre Zahl hatte sich seit dem Jahr 2015 verdoppelt. Fast 40 Prozent dieser Großrechenzentren befinden sich allein in den USA, mehr als die Hälfte davon entfallen auf Amazon, Google und Microsoft.

Ausgerechnet in Rechenzentren mangelt es an Daten

Nicht überall ist das Wasser konfliktfrei verfügbar. Rechenzentren werden nicht selten in Regionen errichtet, in denen Wasser ein knappes und mithin umkämpftes Gut ist. Städte brauchen es für ihre Bürger, Landwirte zu Bewässerung und die Natur, um zu überleben. Und dann kommen die Rechenzentren. Um derartige Nutzungskonkurrenzen zu entschärfen, braucht es Vertrauen. Dieses kann mit Transparenz gewonnen werden, also mit der Darstellung, wie viel Wasser für die Rechenzentren tatsächlich benötigt wird. Aber genau hier gibt es ein Problem: ausgerechnet jene Unternehmen, deren Kerngeschäft Daten sind, haben keine Daten über ihren Wasserverbrauch oder machen ihn zumindest nicht bekannt. Die erforderliche Transparenz ist nur bei weniger als einem Drittel der Rechenzentrumsbetreiber, die den Wasserverbrauch messen, zu erkennen. Ein im November 2021 veröffentlichtes Papier untersucht den Wasserverbrauch von Rechenzentren und die Messung ihrer Verbräuche. Im Ergebnis heben die Autoren den Mangel an verfügbaren Daten zur Bewertung der Wassereffizienz hervor und diskutieren, wie die Branche versucht, den zukünftigen Verbrauch zu reduzieren.

Es ist erstaunlich, dass dort wo mit Daten Geld verdient wir, diese nicht verfügbar sind, wenn es um den Wasserverbrauch geht.

Unternehmen wie Google-ALPHA, Amazon oder Microsoft, die schon heute den Großteil des weltweiten Marktes für Rechenzentren unter sich aufteilen, setzen auf Recycling von nicht verdunstetem Wasser oder Wasser aus dem Kläranlagenabfluss. Bessere Energienutzung, effizientere Kühlsysteme und erhöhte Arbeitslasten pro bereitgestelltem Server haben die Wassereffizienz größerer Rechenzentren erhöht. Zudem sind sogenannte Hyperscale-Rechenzentren fast sechsmal wassereffizienter als kleinere interne Rechenzentren.

Wie die “Big Four“-Betreiber von Rechenzentren ihren Wasserbedarf senken (wollen)

Im Zuge der steigenden Nachhaltigkeitsanforderungen werden auch die Betreiber von Rechenzentren über den Ressourcenverbrauch Bericht erstatten müssen. Insbesondere werden sie aufzeigen müssen, wie sie ihren Wassereinsatz reduzieren.

Es gibt zahlreiche Stellhebel für die Reduzierung des Wasserbedarfs. Der eine setzt beim virtuellen Wasserbedarf an. Die Umstellung auf die Nutzung regenerativer Energien reduziert neben dem CO2-Fussabdruck auch den H2O-Fussabdruck, also die Zurechnung virtuellen Wassers, das bei der Energieerzeugung zum Beispiel für konventionelle Kraftwerke erforderlich ist. Der nächste Spareffekt betrifft die Kühlung der Anlagen. Hier finden sich zahlreiche Beispiele, mit denen der Kühlwasserbedarf reduziert werden kann. Hinzu kommt eine Änderung der Bezugsquellen des Wassers, also Brauchwasser oder Meerwasser anstelle von Frischwasserressourcen.

Im Bereich der Rechenzentren sind Google und Microsoft einer Studie des Centre for Environmental Policy am Imperial College London aus dem Jahre 2021 führend bei der Umstellung auf erneuerbare Energien. Zwischen 2010 und 2018 hat sich demnach die Zahl der Server versechsfacht, der Datenfluss verzehnfacht und die Speicherkapazität um das 25-fache erhöht, dabei ist der Energieverbrauch ist nur um 6 % gestiegen.

Die folgenden Beispiele mögen dies verdeutlichen.

  • Das GOOGLE-Rechenzentrum Hamina in Finnland nutzt seit seiner Eröffnung im Jahr 2011 Meerwasser zur Kühlung. In einem Rechenzentrum in Douglas County, Georgia (USA), nutzt Google aufbereitetes Wasser aus Kläranlagen für die Kühlung. Google ist nach eigenem Bekunden bestrebt, Alternativen zu Süßwasser zu verwenden, also Abwasser, wiederaufbereitetes Wasser oder Meerwasser. Wiedergewonnenes oder Nicht-Trinkwasser wird an mehr als 25% der Rechenzentrumsstandorte verwendet.
  • Microsoft setzt in einem 2021 in Betrieb genommene Rechenzentrum in Arizona eine so genannte adiabatische Kühlung ein. Bei dieser wird bei Temperaturen unter 30 Grad Celsius kühlere Außenluft anstelle von Wasser zur Kühlung verwendet. Liegen die Temperaturen über 30 Grad wird ein Verdunstungskühlsystem eingesetzt. So werde weniger Strom und bis zu 90 % weniger Wasser als bei konventionellen wasserbasierten Kühlsystemen benötigt. In Kombination mit dem Einsatz von Solarenergie kann der virtuelle Wasserverbrauch deutlich reduziert werden.
    Microsoft hat vor einiger Zeit ein Rechenzentrum im Meer versenkt. Im Jahr 2020 hat man das „Project Natick“ wieder vom Grund des Ozeans geholt. Das Mini-Rechen­zen­trum war in einem wasserdichten Rohr von der Länge eines Schiffscontainers unter­ge­bracht und auf dem Grund des Atlantiks vor den schottischen Orkney-Inseln versenkt worden. Die Anlage wies eine deutlich ge­rin­ge­re Ausfallrate auf als ähnliche Ein­rich­tun­gen an Land. Durch den Wegfall von Sauerstoff und Feuchtigkeit sowie geringere Tem­pe­ra­tur­schwan­kun­gen stieg die Zu­ver­läs­sig­keit deutlich an, heißt es. In den sozialen Medien wurde aber davor gewarnt, den Versuch in der Badewanne nachzuahmen. Entsprechende Versuche seien bereits gescheitert.
  • AWS, AMAZONs „Datentochter“, setzt – so erklärt der Konzern – in zahlreichen Regionen wiederaufbereitetes oder recyceltes Wasser anstelle von Trinkwasser ein. Dieses Brauchwasser bezieht AWS dann von lokalen Wasserunternehmen, die das auf unterhalb der Trinkwasserstandards umgewandelte Abwasser aus Haushalten oder der Industrie liefern. So arbeitet AWS in Northern-Virginia mit Loudoun Water zusammen, um – wie es heißt – der erste Rechenzentrumsbetreiber zu werden, der für die Verwendung von aufbereitetem Wasser mit Direktverdampfungs-Kühlungstechnologie zugelassen zu werden. AWS bezieht nicht nur Wasser, im US Bundesstaat Oregon hat sich Rechenzentrumsbetreiber mit der Stadt Umatilla und dem West Extension Irrigation District zusammengetan, um Landwirte mit Wasser zu versorgen. Da das Kühlwasser nicht verschmutzt ist, wird es nicht einer Kläranlage zugeführt und mit häuslichem oder industriellem Abwasser gereinigt, sondern für Bewässerungszwecke an die Kommunen geleitet. So werden laut AWS in Oregon 96 % des in Rechenzentren erzeugten Kühlwassers direkt wiederverwendet. Wenn möglich, so ist im AMAZON-Nachhaltigkeitsbericht 2020 zu lesen, nutzt AWS direkte Verdunstungstechnologien für die Kühlung der Datenzentren, um den Energie- und Wasserverbrauch zu reduzieren. In den kühleren Monaten wird die Außenluft direkt ins Datenzentrum geleitet, ohne dabei Wasser zu verbrauchen. In den heißesten Monaten des Jahres wird die Außenluft durch einen Verdunstungsprozess mit Wasser gekühlt, bevor sie in die Serverräume geleitet wird. Die Kühlsysteme wurden für einen minimalen Wasserverbrauch optimiert. AWS entwickelt das Design der Kühlsysteme ständig weiter, um den Wasserverbrauch weiter zu reduzieren. Außerdem nutzt AMAZON Echtzeit-Sensordaten, um die Systeme an sich verändernde Wetterbedingungen anzupassen. Leider waren auch bei AWS keine Angaben über den spezifischen Wasserverbrauch in den Datenzentren zu finden.
  • Meta, besser bekannt als Muttergesellschaft von facebook erklärt im Nachhaltigkeitsbericht, seine Rechenzentren seien über 80 Prozent wassereffizienter als das durchschnittliche Rechenzentrum. Im Jahr 2020 hat Meta demzufolge 7,1 Milliarden kWh erneuerbare Energie für die Kühlung und die Steuerung der Luftfeuchte bezogen und konnte somit Wassereinsparungen in einer Größenordnung von 1,4 Milliarden Kubikmetern erzielen – genug, um 560.000 olympische Schwimmbäder zu füllen. Als Teil des Engagements für Transparenz ist Meta auch eines der wenigen Unternehmen, das öffentlich Daten über Wasser meldet, das in die Energiebeschaffung eingebettet ist. Auch bei Meta lief die Recherche zum spezifischen Wasserverbrauch in den Rechenzentren des Konzerns ins Leere.

Alle vier Konzerne haben sogenannte Water Stewardship-Programme, mit denen sie auf eine positive Wasserbilanz bis zum Jahr 2030 hinarbeiten. Allerdings sind dies zu einem Teil Kompensationsmaßnahmen.

Wassereinsatz und Wiederherstellung der Wasserressourcen bei META, Nachhaltigkeitsberichterstattung 2020

Betreiber von Rechenzentren müssen bei Wasser transparenter werden

Die starke Abhängigkeit der Rechenzentren vom Wasserdargebot zur Deckung ihres direkten und indirekten Wasserbedarfs verdeutlicht die Rolle der Branche beim Wasserstress. Zudem birgt es auch ein potenzielles Risiko. Denn nimmt der dort der Wasserstress aufgrund des allgemein steigenden Wasserbedarfs und in Folge von Dürreperioden zu, geraten die Betreiber unter massiven Druck. Dadurch werden, wie die Beispiele in den USA und in Brandenburg zeigen, die Rechenzentren zu Akteuren in lokalen Nutzungskonflikten. Diesem Argwohn der übermäßigen Wassernutzung für den Betrieb der Rechenzentren können die Betreiber nur entgehen, indem sie transparent und proaktiv die Öffentlichkeit über den Ressourcenverbrauch in ihren Rechenzentren respektive über die Entnahmen aus den natürlichen Wasservorräten informieren. Zudem müssen sie darlegen, wie sie den Problemen durch mehr Wassereffizienz oder anderen Innovationen begegnen. Hier ist Transparenz gefragt. Andernfalls bleiben die Rechenzentren als „Wasserfresser“ in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit erhalten.

Es ist schon erschreckend, dass nur jeder zweite Betreiber von Rechenzentren in einer Befragung des Uptime Instituts angab, seinen Wasserverbrauch zu erfassen. Nur jeder zehnte Betreiber hat dabei die Lieferkette, also auch den energieverursachten Wasserverbrauch im Blick. Infolgedessen verfügt derzeit keine Behörde oder wissenschaftliche Einrichtung über klare, objektive und einheitliche Angaben – egal auf welcher Ebene. Das wird sich bald ändern! In Anbetracht der steigenden Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung in der EU in Folge der CSRD-Richtlinie dürfte diese Daten-Dürre bald ein Ende haben. Investoren und Banken sowie viele andere Stakeholdergruppen werden verstärkt auch von Rechenzentren Angaben fordern, wie sie mit der Ressource Wasser – zumal in Stressgebieten – umgehen. Ungeachtet dessen, müssen wir uns als User ebenfalls die Frage stellen, wie wir unsere Datennutzergewohnheiten nachhaltiger ausrichten können. Dazu brauchen wir mehr Daten. So schließt sich der Kreis…

Quellen

  1. Wasserverbrauch in Rechenzentren: Brecht das Schweigen, DataCenterInsider, 23.06.2022 (Abruf 23.06.2022)
  2. Making AI Less “Thirsty”: Uncovering and Addressing the Secret Water Footprint of AI Models, arXiv, 2023 (Abruf 16.4.2023)
  3. The Secret Cost of Google’s Data Centers: Billions of Gallons of Water to Cool Servers, Time Magazine, 2019 (Abruf 23.6.2022)
  4. Cisco annual internet report (2018-2023) white paper. Cisco, 2020 (Abruf 11.8.2022).
  5. Data centre water consumption, David Mytton, Centre for Environmental Policy in npj Clean Water (2021) (Abruf 08.12.2021)
  6. google data centre efficiency (Abruf 15.7.2022)
  7. Amazon’s plans for two Dublin data centres meet with opposition, Irish Times, 2021 (Abruf 08.12.2021)
  8. Microsoft, Amazon and Google Account for Over Half of Today’s 600 Hyperscale Data Centers, synergy research group (Abruf 08.12.2021)
  9. Microsoft’s newest sustainable datacenter region coming to Arizona in 2021, Microsoft, 2020 (Abruf 14.12.2021)
  10. Drought-stricken communities push back against data centers, NBC news, 2021 (Abruf 09.12.2021)
  11. Dutch government halts hyperscale data centers, pending new rules, datacenterdynamics, 27.2.2022 (Abruf 27.8.2022)
  12. Datacenter Microsoft Wieringermeer slurpte vorig jaar 84 miljoen liter drinkwater, Hordhollandse Dagblad, 11.8.2022 (Abruf 27.8.2022)
  13. The environmental footprint of data centers in the United States, Md Abu Bakar Siddik, Arman Shehabi and Landon Marston, 2021 (Abruf 12.12.2021)
  14. Google Data Centers’ Secret Cost: Billions of Gallons of Water, Bloomberg, 2020
  15. Why Water Use is a Key Consideration When Cooling Your Data Center, Schneider Electric, Blog, 2018 (Abruf 14.12.2021)
  16. Google-Blog: Our commitment to water stewardship, 2021 (Abruf 13.4.2023)
  17. Google Environmental Report 2020, Google-Blog, 2021 (Abruf 14.12.2021)
  18. Data Center Map (Abruf 29.6.2022)
  19. AMAZON Nachhaltigkeitsbericht 2020 (Abruf 17.7.2022)
  20. Facebook. Sustainability report, 2020 (Abruf 13.4.2023)
  21. AMAZON. Sustainability — water stewardship, 2023 (Abruf 13.4.2023)
  22. Google. Water commitments, 2023 (Abruf 13.4.2023)
  23. Reducing water usage in AWS data centers, AMAZON, 2020 (Abruf 14.12.2021)
  24. Ignore Data Center Water Consumption at Your Own Peril, Uptime Institute 2016 (Abruf 29.6.2022)
  25. EU taxonomy for sustainable activities, European Commission, 2020, (Abruf 14.12.2021)
  26. The drivers of corporate water disclosure in enhancing information transparency. Sustainability, Yu, H.-C., Kuo, L. & Ma, B., 2020, (Abruf 12.12.2021)
  27. The environmental footprint of data centers in the United States, Md Abu Bakar Siddik, Arman Shehabi and Landon Marston, Published 21 May 2021, environmental letters (Abruf 13.4.2023)
  28. Three key elements: water, circularity and siting, Uptime Institute, 2022, (Abruf 30.12.2022)
  29. Projekt Natick: Microsoft zeigt, wie zuverlässig und nachhaltig Unterwasser-Rechenzentren sind, Microsoft, 2020 (Abruf 23.4.2023)
  30. Mehr Transparenz beim Wasserverbrauch von Rechenzentren, it-daily.net, 2023 (Abruf 13.4.2023)

3 Trackbacks / Pingbacks

  1. Künstliche Intelligenz: Die vergessenen Kosten für Mensch und Natur
  2. Energieeffizienz im Rechenzentrum - The Cattle Crew Blog
  3. Die Blödheit des Ecosia AI Grifts – Johannes Starke

Was meinen Sie dazu?

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.