Was BILD-Zeitung hinter ihrer Schlagzeile „Gebühren-Hammer“ verschweigt

Alljährlich ab November kündigen viele Wasserversorger ihre Preiserhöhungen für das kommende Jahr an. Die BILD-Zeitung hat das Thema in typischer Manier aufgegriffen und eine prägnante Schlagzeile „rausgehauen“. Ihr Rundumschlag mit dem „Gebühren-Hammer“ auf der Titelseite galt auch den Wassergebühren. An dieser Medienresonanz sind manche Versorger nicht ganz unschuldig.

Ich mache mal einen Faktencheck

„BIS 424%! So brutal steigen die Gebühren in Deutschland“ steht am 1.11.2025 auf der BILD-Titelseite. Aufgezählt werden dann die „brutalen“ Steigerungen der Gebühren. Dazu zählen Bäder, Parkausweise, ÖPNV, Hundesteuer und eben Wasser.

Bei dem 424-Prozent-Anstieg geht es um die Gebühren für Anwohnerparkausweise in Kassel. Die steigen tatsächlich kräftig an. Aber das hat bekanntlich nichts mit Kosten, sondern mit Anreizen bei der städtischen Verkehrspolitik zu tun. Darüber kann man sicher geteilter Meinung sein, ist aber nicht mein Thema.

Zurück nach Kassel. Tatsächlich spielen auch die dortigen Abwassergebühren eine Rolle. Aber angesichts deren Erhöhung durch die städtischen Eigenbetriebe ist der Artikel eher schmeichelhaft. Der ebenfalls unter „brutal“ subsumierte Anstieg der Abwassergebühren um rund 6 Prozent bewegt sich eher im Normalbereich und dürfte eigentlich keiner Erwähnung wert sein, zumal dann nicht wenn man – anders als BILD – auf den Anstieg der Trinkwassergebühren schaut. Diese steigen nämlich beim Versorger KASSELWASSER mit 19 Prozent mehr als dreimal so stark wie die Abwassergebühren. Für den Beispielfall eines Einfamilienhaus wären dies 6 Euro monatlich. Diese Mehrkosten dürften sich angesichts anderer Preissteigerungen verschmerzen lassen, immerhin geht es hierbei um die unverzichtbare Trinkwasserversorgung.

BILD-Zeitung 1.11.2025

BILD verschweigt ihre eigene „Hammer-brutale Preisexplosion“

Das Stichwort „Unverzichtbarkeit“ bringt mich zu einem anderen Punkt. Auch die BILD-Zeitung kann sich verständlicherweise nicht den allgemeinen Kostenentwicklungen entziehen, also muss es auch dort Preissteigerungen geben. Aber Hand auf‘s Herz, wer hat schon einmal eine Schlagzeile auf der ersten Seite gesehen, mit der die BILDZeitung ihre Preiserhöhungen reißerisch ankündigt?

Und dafür gibt es tatsächlich einen guten Grund. Denn um satte 67 Prozent hat die BILD-Zeitung ihren Verkaufspreis zwischen Anfang 2019 (damals 0,90 Euro) und November 2025 (jetzt 1,50 Euro) erhöht. Verwenden wir dafür die Terminologie der BILD-Macher müsste ich von „Hammer-brutaler Preisexplosion“ sprechen. Wenn überhaupt, und ich habe mir nicht die Mühe gemacht danach zu suchen, findet man irgendwo in der Nähe des Impressums einen kleinen Hinweis zu einer Erhöhung.

Aber einen Vorteil hat die BILD gegenüber Wasser und Abwasser, auf die Zeitung kann man verzichten.

Zeitungspreis BILD-Zeitung im November 2025

Was könnten die Versorger tun?

Über viele Jahre spielten Wasserpreiserhöhungen ein Schattendasein. Die Stadtwerke unter den Versorgern hatten viel zu viel mit den Energiepreisen zu tun, und wollten ihren Kunden nicht auch noch steigende Wasserkosten zumuten. Die anderen schauten auf die Preisentwicklungen der Versorger in der Nachbarschaft und taten dann das gleiche: nichts! Aber spätestens seitdem die Kosten für Bauleistungen, Personal, Energie und Betriebsmittel für die Wasserversorger in Folge des Ukrainekrieges durch die Decke gingen (jetzt fang ich auch schon damit an), blieb ihnen nicht anderes übrig, als ihre Wasserpreise anzuheben. Bei manchen rächte sich die gutgemeinte oder kommunalpolitisch verordnete Preisstabilität. Jetzt musste nachgeholt werden. So haben beispielsweise die 30 Großstädte in NRW in den Jahren 2024 und 2025 insgesamt 29 Preiserhöhungen erlebt – manche auch zweimal hintereinander.

Es ist Bewegung in die Wasserpreislandschaft gekommen. Seit über 15 Jahren analysiere ich Wasserpreise und deren Entwicklungen in Deutschland. Zu keiner Zeit gab es so viele Veränderungen. Auch die Nachfragen nach Preiserhöhungen und Umstellungen von Preissystemen häufen sich. Dabei legen immer mehr Versorger wert auf eine transparente Kommunikation der Gründe für die Anpassungsmaßnahmen. Eine soeben veröffentlichte Verbraucherbefragung des IESK im Auftrag des Verbandes Kommunaler Unternehmen (VKU) kam zu dem Ergebnis, dass fast die Hälfte der Verbraucher das Preis-Leistungsverhältnis bei der Wasserversorgung als „sehr gut“ oder „gut“ bezeichnen und über 85 Prozent als mindestens „angemessen“. Das sind Ergebnisse, die nicht vom Himmel fallen. Tue Gutes und berichte darüber! Wer das nicht beachtet, läuft Gefahr Opfer von Schlagzeilen wie die der BILD-Zeitung zu werden…

Quellen

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