Ruhr-Wasserwerke warnen: Beschleunigte Klimaanpassungsmaßnahmen sind unverzichtbar

Die Ruhr ist nicht nur Namensgeber des Ruhrgebiets, auch die Trinkwasserversorgung für 4,5 Millionen Menschen hängt von diesem 219 Kilometer langen Fluss ab. Die Arbeitsgemeinschaft der Wasserwerke an der Ruhr (AWWR) hat gestern ihren Jahresrückblick 2023 vorgelegt. Darin enthaltene Forderungen zielen auf eine Sicherung der Trinkwasserversorgung in Zeiten des fortschreitenden Klimawandels ab.

Wasserverbrauch ist rückläufig

Zunächst einmal ist auch in dieser Region der Wasserverbrauch im Vergleich zum Vorjahr rückläufig gewesen. So produzierten die AWWR-Mitgliedsunternehmen, wozu u.a. die Gelsenwasser und die RWW gehören, rund 234 Millionen Kubikmeter Trinkwasser. Das sind 4 Millionen weniger als im Vorjahr mit 238 Millionen Kubikmeter. Zwar war der Sommer 2023 vergleichsweise nass, gleichwohl berichten die Wasserversorger auch von einem allgemeinen Sparverhalten der Kunden im Zuge der Energiekrise, das sich dämpfend auf die Trinkwassernachfrage ausgewirkt hat. Damit bestätigt die AWWR eine Entwicklung, die auch von anderen Wasserversorgern zu hören ist. Die Menschen verbrauchen nicht nur wetterbedingt weniger Wasser, sie haben sich auch einen sparsamen Umgang mit der Ressource angewöhnt.

Die Versorgungsgebiete der AWWR-Mitgliedsunternehmen (Quelle: AWWR)

Die Qualität ist gesichert

Bei der Wasserqualität ist alles im Reinen. Kritische Stoffbelastungen in der Ruhr wurden bei den Qualitätskontrollen 2023 nicht festgestellt. Weitere Überwachungsparameter der neuen Trinkwasserverordnung, wie z. B. für die PFAS-20 Chemikalien, werden bereits heute eingehalten. Einen Erfolg kann die AWWR bei der Kooperation mit den Landwirten zur Reduzierung der landwirtschaftlichen Stoffeinträge vermelden. Diese waren „unkritisch“. Hier zahle sich, so die AWWR, die über 30jährige Kooperation mit der Landwirtschaft aus. Damit zeigt sich auch, dass Landwirtschaft und Wasserwirtschaft sehr wohl gemeinschaftlich an der Verbesserung der Wasserqualität arbeiten können. Diese Kooperationen könnten Schule machen, wenn die dafür erforderlichen Mittel zumeist aus dem Wasserentnahmeentgelt, das die Wasserkunden bezahlen, zur Verfügung gestellt wird.

Im Jahr 2023 erschienen ist auch der 50. Ruhrgütebericht von AWWR und Ruhrverband. Letzterer betreibt die Ruhr-Talsperren und viele Kläranlagen im Einzugsgebiet. Dem Gütebericht zufolge wurden im Jahr 2022 in der Ruhr mehr als 470 zu den organischen Spurenstoffen zählende Substanzen routinemäßig untersucht. „Die Messwerte zu den Einzelstoffen der unterschiedlichen Substanzgruppen wiesen keine Auffälligkeiten aus. Die gute Wasserqualität ist unter anderem auf die hervorragenden Reinigungsleistungen der Ruhrverbandskläranlagen zurückzuführen. Die organischen Stoffe werden dabei zu 93 %, Phosphor zu 91 % und Stickstoff zu 77 % aus dem Abwasser entfernt“, heißt es dort.

Talsperrensystem muss angesichts der Klimawandelfolgen flexibel sein

Dabei geht es nicht allein nur um Wasser. Mit 77,8 Millionen Kilowattstunden (Mio./kWh) eigenerzeugten Strom aus Wasserkraft und Photovoltaik konnten die Wasserversorger einen bedeutenden Teil der benötigten Energie selbst erzeugen. Hiervon kamen 2,5 Mio. kWh aus weitgehend neuen Photovoltaik-Dach- und -Freiflächenanlagen der Mitgliedsunternehmen. Von diesem Segment verspricht sich der Verband ein großes Zuwachspotenzial für die Zukunft. Kaum ein Wasserversorger, der nicht nach Flächen sucht. Damit wollen die Unternehmen unabhängig von der Energiezulieferung werden und einen Nachhaltigkeitsbeitrag leisten. So waren in der akuten Phase der Energiekrise 2022/2023 die elf Wasserkraftwerke der AWWR eine sichere Stütze auch bei denkbaren Ausfällen der Stromversorgung. Das Talsperrensystem ist ein wesentlicher Garant für die Sicherung der Trinkwasserversorgung, aber auch für den Hochwasserschutz. Einerseits sichert dieses die Mindestwasserführung wie in den Trockenphasen der Vorjahre, es leistet aber auch einen wertvollen Beitrag zum Hochwasserschutz. Trotz der Regenfälle der vergangenen Wochen erwartet die AWWR in den kommenden Jahren längere Trockenphasen wie in den Jahren von 2018 bis 2020. Die Jahresmittel-Temperatur der Luft ist im Ruhreinzugsgebiet auf über 10 Grad Celsius deutlich angestiegen. Bernd Heinz, Vorsitzender der AWWR, weist daher auf die Achillesferse hin: „Wichtigstes Ziel bleibt eine flexiblere Talsperrenbewirtschaftung, um für künftige Extremperioden vorbereitet zu sein. Hierzu zeichnet sich eine baldige Anpassung des Ruhrverbandsgesetzes ab, was wir als AWWR sehr begrüßen. Nur so ist eine Resilienzstärkung der Trinkwasserversorgung für 4,5 Mio. Menschen schnell zu erreichen“.

Träge Bürokratie ist auch für die Wasserwerke problematisch

Auch die Wasserwerke an der Ruhr leiden unter langwierigen und komplexen Genehmigungsverfahren. Bernd Heinz: „Wir benötigen Beschleunigungs- und Vereinfachungsverfahren analog zur Praxis bei den erneuerbaren Energien für die notwendigen Anpassungsmaßnahmen in der Trinkwasserversorgung. Unsere Mitglieder wollen zügig investieren, z. B. in Verbundsysteme, Hochwasserschutz, regenerative Energien und Resilienzmaßnahmen. Eine überbordende Bürokratie hemmt gewaltig und es ist keine Verbesserung in Sicht.“

Weiterführendes

Beitragsfoto: Ruhr bei Niedereimer (C Gendries)

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Was meinen Sie dazu?

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.