Leitungswasser in der Gastronomie – ein Streifzug durch Europa

Leitungswasser im Restaurant bestellen? Das macht der Wirt bestimmt nicht mit. Stimmt nicht, ergab eine Umfrage des „Forum Trinkwasser“ und des Marktforschungsinstituts TNS Emnid unter deutschen Gastronomen: 83 Prozent der Befragten sind bereit, Trinkwasser anzubieten. Doch sie tun es nicht, weil kaum ein Gast danach fragt. Noch nicht! So der Stand der Befragung im Februar 2014.

Spätestens wenn im Sommer die heißen Tage kommen, wird die Frage des Wasserangebotes in der Gastronomie wieder die Emotionen zum Kochen bringen. Wer als Gastwirt die Frage nach flaschenloses Trinkwasser bejaht, muss auch auf die Zweite vorbereitet sein: kostenlos oder nicht. Eine einheitliche Linie dazu kann man nicht wirklich feststellen. Eigentlich wäre es vernünftig, ein Glas Wasser gegen Entgelt anzubieten ggf. auch eine Karaffe. Der Preis müsste dem Gast aber bekannt sein, also auf der Getränkekarte stehen. Damit wäre im Umkehrschluss auch die Frage, ob Wasser angeboten wird, beantwortet. Kein Gast muss es peinlich sein, erst danach zu fragen.

Das Wasser mag kostenlos sein, die Leistung aber kostet

Das „Forum Trinkwasser“ plädiert dafür, Trinkwasser im Restaurant zu einem vernünftigen Preis anzubieten. „In unserer Gästebefragung 2013 gaben 52 Prozent der Befragten an, dass sie es gratis haben wollen, 39 Prozent waren bereit, 50 Cent bis einen Euro pro Liter für Trinkwasser aus der Leitung zu zahlen. Da Karaffen, Reinigung und Serviceaufwand Kostenfaktoren für den Wirt sind, denken wir, dass diese Preisspanne für beide Seiten akzeptabel sein könnte“, so der Dr. Helmut Eiteneyer vom Forum Trinkwasser. „Die Gäste werden den Trinkwasserservice auf jeden Fall zu schätzen wissen, und jedes Restaurant kann durch dieses Angebot Sympathien gewinnen.“

Im Ruhrgebiet ist Kraneberger auf Nachfrage oft gratis

Im Juli 2012 liessen der Mülheimer Wasserversorger RWW und die WAZ lokale Gastwirte von Studenten befragen, wie sie mit dem Gästewunsch nach Kraneberger umgehen. Hier zeigte sich eine tolerante Haltung bei den Gastronomen, wie die WAZ anschliessend berichtete: „Wenn es der Gast will, bekommt er es – und zwar gratis. 16 Befragte von 20 Befragte bejahten diese Frage, aber aktiv würden sie das Kraneberger nie bewerben oder ins Standardangebot aufnehmen, weil die Nachfrage zu gering sei und es der ökonomischen Logik ihrer Branche widerspreche,“ so eine Auswahl der Mülheimer Gastwirte. Auch in anderen Städten wie in Hamburg bereiten die Wasserversorger mit den Gastwirten Kooperationen beim Angebot von Trinkwasser vor.

In England ist Trinkwasser zum Alkoholausschank per Gesetz vorgeschrieben und kostenlos

Um die Auswirkungen des Alkoholkonsums in Gaststätten zu bremsen, wurde im Jahr 2010 in England und Wales eine Lizenzbestimmung für Gaststätten mit Alkoholausschank aufgenommen, die das kostenlose Anbieten von Trinkwasser sogar verbindlich vorschreibt. „The New Mandatory Licensing Conditions“ legen fest: „This condition means that all premises have to give customers tap water for free if they ask for it. This helps people to space out their drinks and not become intoxicated quickly, which reduces  the  risk of crime and disorder occurring.“ Leitungswasser, oder tap wate wie es in England genannt wird, als Mittel zur Gewaltprävention oder zur Verhinderung der Folgen des Alkoholmissbrauchs. Eine interessante Sichtweise.

Mit Bedauern beschreibt der Restaurantführer restaurant.com die Situation in den USA, wo man als Gast anders als in England und Frankreich, aber ähnlich wie in Deutschland, keinen Anspruch – auf kostenloses – Leitungswasser hat.

In der Schweiz tobte ein Kampf um das Hahnenwasser

Mit „Gratis-Hahnenwasser ist kein Menschenrecht“ titelte die Schweizer Zeitung Der Bund einen Artikel zur Frage kostenloses oder kostenpflichtiges Hahnenwasser – wie das Trinkwasser aus der Leitung bei unseren Nachbarn genannt wird. Dabei weist der Artikel auf eine Besonderheit im Tessin hin: Dort könne der Gast gemäss kantonalem Gastgewerbegesetz ein Gratis-Wasser verlangen, wenn er eine Hauptmahlzeit konsumiert. Der Schweizer Konsumentenschutzverband SKS macht es pragmatisch: Zentral ist, dass der Gast den Preis kennt!

Aktualisierung (6.7.2018)

  • Kostenloses Leitungswasser? Was Gastronomen in Nürnberg empfehlen (Nordbayern.de)

Zu diesem Thema erschienen auch 2013 schon zwei Beiträge auf Lebensraumwasser

Unterhaltsam die am 31.3.2016 in der WiWo veröffentlichte Kolumne von Marcus Werner:  „Werner Knallhart“

2 Kommentare

  1. ich bin mit meiner frage nach leitungswasser im letzten halben jahr schon öfter auf „dürfen wir aus rechtlichen gründen“ (o.ä.) nicht… ziemlich panne…

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  1. Das waren die TOP-Wasserthemen in 2016! | LebensraumWasser - Der Wasser-Blog

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