Ländlicher Raum braucht klimarobusteres Wassermanagement

Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) rät zu einem Paradigmenwechsel beim Wassermanagement im ländlichen Raum. „Die anhaltende Trockenheit der letzten Jahre macht es erforderlich, das Wasser in der Landschaft zu halten und Fließgewässern ausreichend Raum zu geben“, sagte Alexander Bonde, DBU-Generalsekretär bei der Jahrespressekonferenz, die erstmalig per Videokonferenz stattfand. In Zeiten von Hitze, Dürre und Starkregen, die der Klimawandel verursache, seien Anpassungen nötig. „Zielführend sind regionale Konzepte, die gemeinsam mit den betroffenen Akteuren aus Behörden, Wasserwirtschaft, Landwirtschaft und Naturschutz erarbeitet werden. Unterstützung bieten digitale Systeme, die beispielsweise die Wasserverteilung in der Landschaft virtuell darstellen“, so Bonde. Auch die Wirkung der Energiewende auf den Wasserhaushalt müsse zukünftig berücksichtigt werden. Einer Studie zufolge werde sich der Wasserbedarf im Energiesektor bis 2050 in Deutschland um die Hälfte verringern.

Wasser fließe über Gräben, Drainagen und Begradigungen zu schnell ab

„Um Moore, Auen und Feuchtgebiete nutzbar zu machen, wurden in der Vergangenheit – und auch heute noch – Flächen über Gräben und Drainagen entwässert sowie Flüsse und Bäche begradigt“, gab Dr. Maximilian Hempel, DBU-Abteilungsleiter Umweltforschung und Naturschutz, zu bedenken. Folglich würde dort das Wasser schneller abfließen, und es blieben nur wenige Reserven in der Landschaft. „Regnet es längere Zeit nicht, wie in den Sommermonaten der letzten Jahre, trocknen die Flächen immer mehr aus und der Grundwasserspiegel sinkt“, so Hempel. Der Dürremonitor des Helmholtz Zentrums für Umweltforschung (Leipzig) habe im Verlauf der letzten zwei Jahre immer wieder Phasen extremer bis außergewöhnlicher Dürre des Gesamtbodens für viele Regionen Deutschlands angezeigt. Die landwirtschaftlichen Schäden in der Europäischen Union seien mit 8,7 Milliarden Euro in 2018 groß.

Zielführend sind regionale Konzepte, die gemeinsam mit den betroffenen Akteuren erarbeitet werden. Unterstützung bieten digitale Systeme, die die Veränderungen in der Landschaft virtuell darstellen. © Isabell Juszczyk/Aueninstitut

Digitale Ampelkarte regelt Wasserentnahme zum Schutz des Grundwassers

Hempel: „Trinkwasserversorgung, Ökosysteme, aber auch Land-, Forst- und Wasserwirtschaft leiden darunter. Deshalb fördern wir zahlreiche Projekte in ganz Deutschland, die die Akteure zusammenbringen und Lösungen für die Regionen erarbeiten.“ Ein im jetzt veröffentlichten DBU-Jahresbericht 2019 beispielhaft dargestelltes Vorhaben drehe sich um eines der größten nutzbaren Grundwasservorkommen Nordrhein-Westfalens, den Halterner Sanden (Dorsten-Haltern). Die konkurrierenden Nutzungen würden das Grundwasser teilweise so stark beanspruchen, dass oberirdische Gewässer wie der Hammbach zeitweise trockenfallen. Um dem entgegenzuwirken, entwickelte das Unternehmen Emscher Lippe Wassertechnik (Essen) zusammen mit Partnern ein Maßnahmenkonzept, das unter anderem das Schließen von Entwässerungsgräben sowie eine Ampelkarte als Entscheidungshilfe für die Wasserentnahme enthalte. „Besonders zielführend war hier eine enge Abstimmung zwischen Landwirten, Naturschützern und Wasserversorgern“, so Hempel. Vereinbart wurden etwa eine effizientere Bewässerung landwirtschaftlicher Flächen und ein Anpassen der angebauten Kulturen sowie das Renaturieren von Feuchtgebieten, um Wasser in der Landschaft zu halten.

Mit frei pendelnden Fließgewässern Hochwassergefahr vermeiden

„Ein weiteres beispielhaftes Projekt befasst sich damit, Fließgewässern einen freien Pendelraum für ihre natürliche, eigendynamische Laufentwicklung zurückzugeben“, sagte Hempel. Begradigen und Eindeichen führe zu einem Verlust der Artenvielfalt, der Wasserqualität und verstärke die Hochwassergefahr. Das zum Karlsruher Institut für Technologie gehörige Aueninstitut (Rastatt) habe mit digitalen Planungsinstrumenten Konzepte für die Blies im Saarland, die Ammer in Bayern und die Mulde in Sachsen entwickelt. Damit würden die Ökosystemleistungen der Flusslandschaften gestärkt und die Kosten für das Gewässermanagement verringert.

Gesetzgeber muss die Lösung der Konflikte vorgeben

Meine Meinung: Die Nutzungskonflikte zwischen Landwirtschaft und Ressourcenschutz sowie Trinkwassernutzung spielen sich verständlicherweise im ländlichen Raum ab. Mit der Wassernutzung verbunden ist der Anbau von Nahrungsmitteln und die Nutzung des Wassers als Lebensmittel sowie als Produktionsmittel in verschiedenen Industrien. Alles das dient unserer Gesundheit und dem Wohlstand. Gelingt es nicht, hier eine Balance mit Blick auf den zukünftigen Bedarf und die Einflüsse des Klimawandels zu erzielen, werden wir schon bald auf dem Trockenen sitzen. Daher ist es Aufgabe der Politik, sich schnellstmöglich dem Thema „klimarobuste Gewässernutzung“ zu stellen. Leider fehlen in vielen Bundesländern, NRW eingeschlossen, dafür die erforderlichen Datengrundlagen. Versorgungssicherheit gibt es nicht im Blindflug. Die Novelle des Landeswassergesetzes in NRW wäre eine Chance. Die Fraktion Bündnis90/Grüne haben mit ihrem Antrag zur „Zukunftsstrategie Wasser in NRW“ einen Vorstoß gemacht. Der Landtag hat ihn gerade in den Umweltausschuss verwiesen. Beide sollten miteinander verbunden werden, zu einem „Landeswassergesetz mit Zukunftsstrategie“. Besser ein späteres Gesetz als ein unvollständiges.

Quellen

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