Weltweites Seen-Sterben. Auch Brandenburg ist betroffen

Weltweit hat mehr als die Hälfte der großen natürlichen Seen und Reservoirs in den vergangenen 30 Jahren einen erheblichen Teil seines Wasservolumens eingebüßt. Das trifft auch auf Brandenburg, wo der „Seenreport“ des BUND den bedrohlichen Zustand der Seenlandschaft dokumentiert. Ich habe mir kürzlich zwei betroffene Seen in Potsdam-Mittelmark näher angeschaut – bei einem kam ich zu spät. Vielerorts sterben die Seen.

Weltweit dramatischer Rückgang der Seen wurde satellitengestützt bestätigt

Die Wasserverluste der Seen sind ein globales Problem mit dramatischer werdenden Ausmaßen. Das haben internationale Forscher mit Hilfe von Satelliten anhand von 2.000 Seen weltweit nachgewiesen. Die Resultate ihrer Studie zum Wasserrückgang in Seen haben sie im internationalen Fachmagazin Science unter dem Titel “Satellites Reveal Widespread Decline in Global Lake Water Storage” veröffentlicht. Die Daten basieren auf einer satellitengestützten globalen Untersuchung des Wasservolumenverlusts von Seen. Dazu entwickelten die Forschenden eine Technik zur Messung von Veränderungen der Wasserstände in der größten Seen und Stauseen der Welt, die zusammen grob 90 Prozent des in Seen gespeicherten Süßwassers beinhalten. Um Veränderungen der Wasserstände zu erfassen, nutzte das Team 250.000 Satellitenaufnahmen aus dem Zeitraum von 1992 bis 2020. Als Ergebnis stellen sie fest, dass die großen Seen in den letzten drei Jahrzehnten aufgrund menschlicher als auch klimatischer Faktoren ihr Wasservolumen verloren haben.

Noch speichern Seen 87 Prozent des Süßwassers auf der Erde – mit stark rückläufiger Tendenz. Ungeachtet ihrer Bedeutung waren die Treiber der Veränderung des Seevolumens weltweit bisher weitgehend unbekannt. Daher untersuchten die Forscher die größten globalen Seen von 1972 anhand von drei Jahrzehnten Satellitenbeobachtungen, Klimadaten und hydrologischen Modellen. Deren Resultate zeigen, dass mehr als jeder Zweite der großen natürlichen Seen und Reservoirs im Zeitraum von knapp 30 Jahren einen Volumenverlust erlitten hat. Als Ursachen bestätigen die Forscher die Rolle des Klimawandels und der menschlichen Aktivitäten insbesondere die übermäßigen Entnahmen als Ursachen für das rückläufige Volumen. Davon sind die Menschen unmittelbar betroffen. So lebt ein Viertel der Weltbevölkerung in einem Becken eines austrocknenden Sees. Zwar werden durch den Bau von Talsperren und Stauseen künstlich neue Seen geschaffen oder erhalten Zuflüsse, allerdings gehen diese Maßnahmen wiederum zu Lasten anderer Gewässer.

Beispiele für Brandenburgs schrumpfende Seen

Brandenburg wirkt mit seinen 3.000 Seen und hunderten Flusskilometern für den unvoreingenommenen Betrachter auf den ersten Blick wasserreich. Aber der Gewässerreichtum täuscht. Aufgrund der spezifischen klimatischen Verhältnisse muss Brandenburg schon seit Langem als wasserarm verzeichnet werden“, diese mahnenden Worte stammen von Axel Vogel, dem Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz des Landes Brandenburg aus dem Jahre 2022.

Die Bedrohung der brandenburgischen Seen dokumentiert auch der „Seenreport“ des BUND Brandenburg. In dem Papier aus dem Sommer wurde das Ausmaß der Bedrohung der Seen in Brandenburg in seiner Bestandsaufnahme von 17 repräsentativen Seen untersucht. In seinem Report mit dem Titel “Seen – Brandenburgs bedrohte Schätze” übt der BUND zugleich harte Kritik an der Klimaanpassungspolitik der brandenburgischen Landesregierung und beschreibt eine bedrohliche Entwicklung für das Seenland. „Kommt es durch die Überschreitung der 1,5 Grad-Grenze zu einem katastrophalen Klimawandel, droht der Totalverlust der Brandenburger Seen“, so Thomas Volpers, stellvertretender Landesvorsitzender des BUND Brandenburg. „Wir haben aber weitere fünf Jahre Stillstand bei der Umsetzung von Maßnahmen zur Klimaanpassung in Brandenburg erlebt”, erklärten die Natur- und Umweltschützer anlässlich der Veröffentlichung ihres Reports vor wenigen Monaten.

Seddiner See (Foto: Gendries)

Lokale Maßnahmen zur Wiederanreicherung der Wasservorräte in den Seen

Die Forderungen des BUND für Maßnahmen auf lokaler Ebene betreffen insbesondere das Niederschlagswasser von versiegelten Flächen. Dieses, so der BUND, solle örtlich versickert und nicht in Mischkanalisationen eingespeist werden. Dachbegrünung und die Nutzung von Grauwasser für die Toilettenspülung seien weitere Möglichkeiten zum Schutz des Grundwassers. Dafür müssten kurzfristig die rechtlichen und technischen Möglichkeiten geschaffen werden, um hinreichend geklärtes Abwasser nicht in die Vorflut einzuleiten, sondern zu verrieseln.

Ortsbesichtigung am Seddiner See

Mit dem Seenreport im Gepäck habe ich mir vor wenigen Wochen das Problem am Seddiner See angeschaut. Auch dieser südlich von Potsdam im Naturpark Nuthe-Nieplitz gelegene idyllische See hat mit dem Klimawandel zu kämpfen. Da er nicht vom Zufluss eines Oberflächengewässers wie einem Bach oder Fluss gespeist wird, ist er auf das Grundwasser und Niederschlag angewiesen. Sinken die Grundwasserstände hat das dann unmittelbare Folgen für den Wasserstand im See. Da diese seit Jahren sinken, geht auch der See zurück. So ist seit 1994 der Wasserspiegel des Seddiner Sees um über 150 Zentimeter gesunken. Wie mir bei meinem Besuch eine im Naturschutz engagierte Anwohnerin berichtete, sei der Aufbau der Misch-Kanalisation in den 90er Jahren ein Grund für das Absinken des Wasserpegels gewesen. Das auf den Straßen erfasste Regenwasser sei infolgedessen nicht mehr in den See gelangt, sondern in die Kläranlage geleitet und von dort in Füsse jenseits des Seddiner Sees abgeführt worden. Wasserentnahmen der lokalen Spargel- und Obstbauern hätten dem Grundwasserspiegel steigende Mengen entzogen. Zudem dürfte der Bevölkerungszuwachs in der reizvollen Region im Umland von Potsdam die kritische Entwicklung verstärken. Zu der Frage, ob der in Ufernähe angesiedelte Golfplatz für den Rückgang verantwortlich ist, hörte ich unterschiedliche Meinungen. Da die Bewässerungsanlagen auf das Grundwasser zugreifen, dürfte eine Mitverantwortung zumindest nicht abwegig sein. Pläne, Wasser aus der benachbarten Nieplitz in den See einzuleiten, sind soweit in Erfahrung zu bringen war, zunächst auf Eis gelegt worden. Aktuell hat sich der Rückgang des Wasserstands zwar etwas beruhigt, was den starken Regenfällen zu verdanken ist, aber der Trend rückläufiger Grundwasserstände dürfte damit noch nicht gebrochen sein.

Fresdorfer See ist verloren

Was es bedeutet, wenn der Regen ausbleibt und ein See austrocknet, konnte ich in dem wenige Kilometern entfernt gelegenem Ort Fresdorf „besichtigen“. Der früher rund 400 Meter lange und 150 Meter breite Fresdorfer See ist vor vier Jahren ausgetrocknet. Mittlerweile ist das sieben Hektar große, morastige Gebiet völlig zugewachsen. „Die trockenen Jahre ab 2018 hat er nicht überlebt – die haben dem See das letzte Wasser genommen„, sagt Bernd Herrmann, Ortsvorsteher von Fresdorf. Jetzt gibt es dort nur noch einige Bodenlöcher in denen sich der Regen sammelt. Der See ist verloren.

Bericht des rbb über den Fresdorfer See


Unwiederbringliche Verluste von Seen verhindern

Die Bedrohungen der Seen als natürlichen Lebensraum für Natur und Menschen unterstreichen die Notwendigkeit, die Auswirkungen des Klimawandels und der Sedimentation in ein nachhaltiges Wasserressourcenmanagement einzubeziehen. Die Politik ist – nicht zuletzt auch angesichts der Vorgaben der EU-Wasserrahmenrichtlinie – aufgefordert, dem Schwund der Seen entgegen zu wirken. Die Arbeiten des BUND Brandenburg belegen, dass zivilgesellschaftliche Gruppen nicht nur als „Watchdogs“ die Versäumnisse aufzeigen, sondern sich mit konkreten Vorschlägen und Maßnahmen bei der Bewältigung der Folgen des Klimawandels aktiv einbringen. Dem Beispiel werden womöglich andere Initiativen und Naturschutzverbände folgen, um die Seen und andere Gewässer zu erhalten. Die Behörden und die Politik tragen die Verantwortung, mit lückenlosen Entnahmemonitorings für Oberflächen- und Grundwasser die Gewässer zu schützen. Die Erteilungen und Nutzungen der Entnahmerechte sollten sich zudem an Nutzungspriorisierungen orientieren. Nur so kann das Sterben der Seen verhindert werden.

Quellen und Weiterführendes

Titelfoto: Sven Lachmann auf Pixabay

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