Wasserbrunnen könnten die Lebensgrundlagen nomadischer Viehhirten gefährden

Obwohl Wasserbrunnen in extrem trockenen Sahara-Gebieten Afrikas das Überleben der Nomaden sichern sollen, könnten sie diese wandernden Viehhirten in gefährliche Abhängigkeiten bringen. Das könnte passieren, wenn sie wegen der vermeintlichen Wassersicherheit dort seßhaft werden und sich die Ressourcen in Folge des Klimawandels erschöpfen. Anstelle dessen müsse stärker auf Wasserrückhaltesysteme gesetzt werden. Die Zusammenhänge wurden in einer Studie untersucht und in der Fachzeitschrift „Nature Climate Change“ veröffentlicht.

Welche Folgen der Bau neuer Wasserbrunnen für Nomaden haben kann

Die Studie unter Leitung der Universität Uppsala in Schweden in Zusammenarbeit mit Forschenden am Global South Studies Center (GSSC) der Universität zu Köln hat untersucht, wie sich der Bau neuer Wasserquellen auf nomadische Hirtengemeinschaften in Afrika südlich der Sahara auswirken. Die Studie zeigt, dass der Bau neuer Tiefbrunnen und Bohrlöcher zwar kurzfristig nützlich ist, langfristig aber den Viehhaltern, ihrem Vieh und dem gesamten Ökosystem Schaden zufügt. Anstatt die Lebensgrundlage der Hirten zu sichern, können, so die Studienautoren, diese Eingriffe die Widerstandsfähigkeit dieser Gemeinschaften gegenüber dem Klima verringern und damit das Gegenteil von dem bewirken, was die lokalen Wasserinfrastrukturprojekte eigentlich erreichen wollten. Die Ergebnisse wurden in dem Artikel „Over-reliance on water infrastructure can hinder climate resilience in pastoral drylands“ im Magazin Nature Climate Change veröffentlicht.

Millionen von Bauern und Hirten in Subsahara-Afrika sind von Dürre betroffen, was oft Wasserkrisen, Hungersnöte und Migration zur Folge hat. Besonders verheerend ist Dürre in Trockengebieten, in denen die Niederschläge typischerweise stark schwanken und auf kurze Regenperioden monatelange Trockenperioden folgen. In diesen Gebieten bestehen die Gesellschaften meist aus nomadischen Viehhaltern, die traditionell durch saisonale Herdenwanderung der Trockenheit in bestimmten Regionen entkommen – eine Strategie nomadischer Gruppen auf der ganzen Welt.

Nomaden in der Erg Chebbi-Wüste in Marokko (Foto: Gendries)

Wasserrisiken durch flexible Ressourcen mindern

Zum Überleben in diesen Trockengebieten gehört auch der Bau von Tiefbrunnen mit Bohrlöchern. Wenn man den Zugang zu Wasser in Trockengebieten verbessert, wird können Viehhalter länger an einem Ort bleiben. Wenn sich aber in der Nähe des Brunnens weitere Viehhalter mit ihren Tieren ansiedeln, wird dort die Nachfrage nach Wasser und Weideland für ihre Tiere erhöht. Damit bestehe die Gefahr negativer Auswirkungen auf die Bevölkerung hat und deren Widerstandsfähigkeit gegenüber Dürren und dem Klimawandel, erklärt Ko-Autor und Hydrologe Professor Dr. Giuliano Di Baldassarre von der Universität Uppsala.

Da es nicht möglich sei, die ausreichende Verfügbarkeit von Wasser zu garantieren, bestehe die Gefahr, dass die Viehzüchter und Hirten noch größere Probleme bekommen, wenn sie sich dauerhaft an einem Ort niederlassen. Maßnahmen, die allein die Wasserversorgung erhöhen, würden ohne ein wirksames Management die Widerstandsfähigkeit von Nomadengemeinschaften gegenüber Dürre und Klimawandel mindern. Das sei gefährlich, da in den kommenden Jahrzehnten in vielen Regionen mit zunehmender Dürre zu rechnen sein wird.

Anstelle von Grundwasser-Brunnen favorisieren die Forscher Wassergewinnungstechnologien wie das Sammeln und Speichern von Oberflächenwasser nach Regenfällen. Dies würde die Wasserverfügbarkeit während der Trockenzeit verlängern. Darüber hinaus würden traditionelle und innovative Wassersammelstrukturen, wie unterirdische Dämme und offene Teiche die Zurückhaltung der Bodenfeuchte im Boden erhöhen, mit positiven Auswirkungen auf die lokale Vegetation und die flachen Grundwasserleiter. Der Bau von Wassersammelstellen, und seien sie auch nur vorübergehend gefüllt, könne den Hirten die Wasserverfügbarkeit erhöhen und gleichzeitig ihre Mobilität fördern, insbesondere wenn sie entlang traditioneller Wanderrouten der Nomaden platziert würden. Dies würde auch den Druck auf die Grundwasserressourcen verringern, die voraussichtlich durch die zukünftige Bewässerungserweiterung und die landwirtschaftlichen Praktiken der Hirtenwirtschaft zunehmend erschöpft werden.

Das bewegt mich zum Nachdenken

Um Menschen in unwirtlichen Wüstenregionen einen Zugang zu Wasser zu ermöglichen, denken wir zunächst an den Bau von Brunnen und Bohrlöcher. Viele rufen nach Hilfsmittel für derartige Projekte. So erging es auch mir, als ich auf meiner Reise durch Marokko nördlich der Sahara auf ein Brunnenprojekt für Nomaden gestoßen war. Die Studie zeigt, dass das Thema deutlich komplexer und risikobehafteter ist. Resilienz der Lebensbedingungen gegen die dynamischen Veränderungen infolge des Klimawandels bedeutet in allen Weltreligionen – zumal in den am härtesten von Trockenheit und Dürre betroffenen – ein ganzheitlicheres Denken und Handeln.


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