Den Einfluss der Medien auf das Wassersparen belegt eine US-Studie.

Die Wasserspar-Appelle und Schlagzeilen über Ressourcenknappheit der 80er Jahre wird noch vielen deutschen Verbrauchern in Erinnerung sein. Die Aufrufe haben ihr Ziel erreicht. Die deutschen Haushalte zählen weltweit zu den sparsamsten. Dazu hatten sicher auch die Medienberichte über Wasserknappheit in anderen Weltregionen beigetragen. Diese Wirkung wurde jetzt wissenschaftlich untersucht – und bestätigt. Wie wichtig die Impulse durch die Medienberichterstattung für das Wasser sparen gewesen sein könnten, beschreibt eine Studie der Stanford University. Dabei untersuchten die Forscher der kalifornischen Elite-Universität den Zusammenhang zwischen Medienberichterstattung und Änderung des Wasserverbrauchsverhaltens während der jüngsten Dürre im US-Bundesstaat Kalifornien. Den Forschungsergebnisse zufolge hätten die Folgen der Dürre auch deshalb bewältigt werden können, weil das Thema die Schlagzeilen der San Francisco Bay Area beherrscht habe und die Menschen darauf reagiert hätten. Um das zu beweisen, hatten die Forscher reale regionale Wasserverbrauchsdaten gesammelt und mit der öffentlichen Aufmerksamkeit (Awareness) verbunden. Deutsche Wasserversorger, die ihre mediengestützte Kommunikation proaktiv ausrichten wollen, werden sich angesichts der Studien-Ergebnisse bestätigt fühlen.

DER SPIEGEL Ausgabe 33/1981 (Q: DER SPIEGEL Online-Archiv)
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Suchalgorithmen und Modelle beweisen die medialen Einflüsse

Der Hydrologe Newsha Ajami, Leiter des Urban Water Policy and Innovation Research for Stanford’s Water in the West Program entwickelte gemeinsam mit der Studentin Kim Quesnel Suchalgorithmen und Modelle, die den Wasserverbrauch (und dessen Veränderungen) in der Bay Area mit der Berichterstattung über die Dürre durch staatliche und nationale Nachrichtenquellen koppelten. Damit konnten sie die Korrelation zwischen der Berichterstattung und den Wasserbedarf bestätigen. Dank intelligenter Zählersysteme ließ sich die Verhaltensänderung sogar auf der Ebene der Haushaltsgeräte beweisen.

Die Forscher schufen einen neuen Web-Scraping- und Suchalgorithmus mit dem Spitznamen „Articulate“, um die Dürre-bedingte Berichterstattung (Foto siehe unten) von neun großen kalifornischen und nationalen Zeitungen zwischen 2005 und 2015 zu quantifizieren – ein Zeitraum in dem sich die meisten jüngsten kalifornischen Dürreperioden ereigneten.
Sie verglichen die Ergebnisse ihres Algorithmus mit Google Trends, einem (kostenlosen) Online-Tool, das die Anzahl von Dürre-bezogenen Suchanfragen von Bay Area-Bewohnern zeigt. Während es in der ersten Dürreperiode kaum Publicity oder verstärkte Websuchen gab, änderte sich dies gravierend mit der Medienberichterstattung der jüngsten Dürre. Die zweite Dürre ab 2014 erzeugte monatlich Hunderte von Nachrichtenartikeln, in denen die trockenen Bedingungen, restriktive Wassersparvorschriften und steigende Wasserpreise im ganzen Land beschrieben wurden.

Werden die Erfolge anhalten?

Verglichen mit europäischen Verbräuchen dürfte im Süden der USA noch Nachholbedarf bestehen. Zwar ist der Wasserverbrauch im Haushaltsbereich um rund 32 Prozent gesunken. Bei einer Ausgangsgröße von 530 Litern pro Tag sind die erreichten 320 Liter immer noch mehr als das Zweieinhalbfache deutscher Haushalte. Dabei amüsierte sich das WALL STREET JOURNAL vor drei Jahren über das Wassersparen der Deutschen (siehe unten).

In Kalifornien wird mehr als die Hälfte des Wasserverbrauchs in Einfamilienhäusern für die Outdoor-Nutzung (außerhalb des Hauses), z.B. für Pools, für die Gartenbewässerung oder für die Landschaftsgestaltung verwendet, so dass ein Großteil dieser Veränderung darauf zurückzuführen sein könnte, dass die Haushalte ihren Rasen nicht ein paar Mal pro Woche wässern oder sich Kunstrasen zugelegt haben. Manches ist dauerhaft, vieles mag aber auch nur kurzfristig anhalten. „So könnten Wassersparmaßnahmen, die durch die Dürre ausgelöst worden sind, einfach wieder verschwinden“, mutmaßen daher die Stanford-Forscher.

WALL STREET JOURNAL amüsierte sich über das Wassersparen der Deutschen

Mittlerweile wurde die kalifornische Dürre für beendet erklärt. Längerfristige Veränderungen wie Wasserspar-Geräte und Grauwassersysteme bleiben bestehen, aber die vorgeschriebenen Wasserbeschränkungen wurden aufgehoben, die Berichterstattung in den Medien ist zurückgegangen. Nicht weiter erstaunlich, dass der Wasserverbrauch in vielen der untersuchten Gebiete wieder leicht angestiegen ist.

Im April 2015 setzte Gouverneur Brown massive Beschränkungen in Kraft
Im April 2015 setzte Gouverneur Brown massive Beschränkungen in Kraft

„Trotz dieses Anstiegs“, erklärt Forschungsleiter Ajami, „hätten die Menschen auf Informationen in den Medien reagiert. „Wenn Sie den Verbrauchern die richtigen Informationen und Informationen zur Verfügung stellen, reagieren sie auf diese Nachrichten“, erklärt er die Bedeutung der Berichterstattung.

„Wasser“ ist ein mediales Thema mit „eruptiver kommunikativer Relevanz“

Die jüngste Kampagne des Umweltbundesamtes um das Thema „Nitrate in natürlichen Gewässern“ haben auch hierzulande die Macht der Medien belegt. Es dürfte nur wenige lokale und kaum überregionale Zeitungen gegeben haben, die nicht auf die „drohenden Kostenanstiege durch Nitrateinträge in den natürlichen Gewässern“ aufgesprungen sind. Das Thema war auch in den politischen Diskussionen auf der Agenda. Das zeigt, wie wichtig die Kommunikation bei Wasserthemen ist. „Wasser“ ist ein mediales Thema mit „eruptiver kommunikativer Relevanz“, nur selten wird es wahrgenommen, wenn es dann aber Störfälle oder ungerechtfertigt erscheinende preispolitische Maßnahmen in die Medien gelangen, dann wird aus der „Öffentlichkeitsarbeit“ schnell eine „Krisenkommunikation“. In Folge dessen sind Wasserversorger hierzulande gut beraten, sich der Wasserkommunikation aktiv zu widmen und mindestens die Medienlandschaft zu beobachten. Dazu zählen nicht mehr nur die Print-, sondern auch die Sozialen Medien. Immer häufiger organisieren sich lokale Proteste auf lokalen Facebook-Gruppen. Hier stellte ich unlängst fest, dass ein medial wichtiges regionales Thema bei Google Trends trotz Katastrophencharakter rückläufig war, in den Sozialen Medien aber umso heftiger diskutiert wurde.

Zudem kann der  Wasserwirtschaft angeraten werden, die öffentliche Wahrnehmung der Versorgungsleistung und das Vertrauen in die Leistungen durch proaktive Kommunikation zu steigern. Mittels Aufklärung kann das positive Image und das Verbrauchervertrauen in die Leistung der Wasserwirtschaft gesteigert werden. Die Beratungspraxis zeigt, dass dies sowohl beim Thema „Spurenstoffe im Wasser“ (siehe Wasserwerk Gerauer Land), wie auch bei der Preiskommunikation (siehe RheinEnergie) erfolgreich sein kann, wenn es umfassend, glaubwürdig und transparent erfolgt. Das Vertrauen der Kunden ist ein knappes Gut, dieses sollte genauso geschützt werden, wie die Ressource Wasser.

 

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