Bundeskartellamt und Wuppertaler Stadtwerke beenden Preismissbrauchsverfahren mit einem Vergleich

Jetzt ist auch das dritte Verfahren des Bundeskartellamtes wegen überhöhter Wasserpreise abgeschlossen. Nach Berlin und Mainz hat das Bundeskartellamt mit den Wuppertaler Stadtwerken, der WSW Energie und Wasser AG, einen Vergleich über die Rückerstattung von 15 Mio. Euro geschlossen. Jeder Wuppertaler Wasserkunde erhält damit pro Jahr rund 20 Euro zurückerstattet. Die Rückzahlung entspricht einer nachträglichen Reduzierung der Wasserpreise um rund 6,8 Prozent.

Bundeskartellamt hat überhöhte Wasserpreise festgestellt

Die Wasserpreise der WSW lagen nach Feststellung des Bundeskartellamtes im Zeitraum von 2009 bis einschließlich April 2013 weit oberhalb der Preise, die in vergleichbaren Versorgungsgebieten erhoben wurden. Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, erklärt in der Pressemitteilung der Bundesbehörde, die zur Überraschung von Experten die Zuständigkeit für das Verfahren erhalten hatte: „Um einen Schlussstrich unter das sehr aufwendige Verfahren zu ziehen, haben wir uns mit den Stadtwerken Wuppertal auf den Betrag von 15 Mio. Euro Rückerstattung zugunsten der Verbraucher in Wuppertal geeinigt. Die Wasserversorgungsbedingungen sind in Wuppertal anerkanntermaßen schwieriger als in anderen Regionen. Allerdings mussten wir auch in Anbetracht dieser besonderen Umstände von deutlich überhöhten Preisen ausgehen. Die Rückerstattung an die damaligen Kunden der Wasserwerke soll bis Mitte des nächsten Jahres erfolgen. Das Verfahren zeigt, wie wichtig und effektiv die kartellrechtliche Missbrauchsaufsicht im Wasserbereich sein kann.“

Die Wuppertaler Wasserpreise wurden mit den Preisen in Bochum, Bonn und Duisburg verglichen. Während die Vergleichsunternehmen mit vergleichsweise günstiger Topografie ausgestattet sind, dürfen die Bedingungen der Wasserversorgung in Wuppertal allerdings als besonders schwierig bezeichnet werden. Wer jemals durch die Stadt im Bergischen am Südrand des Ruhrgebietes gefahren ist, wird verstehen, warum sich die Städte nicht ohne weiteres vergleichen lassen, was natürlich auch Auswirkungen auf die Vergleichbarkeit der Kosten bzw. Preise haben muss. Zwar haben auch Bochum und Duisburg mit Bevölkerungsrückgang zu kämpfen, aber anders als Wuppertal müssen diese nicht mehrere Talsperren und Wasserwerke betreiben und zahlreiche  Reservekapazitäten vorhalten. Alles Gründe, die einen Vergleich eben erschweren und auch nach Auffassung des Bundeskartellamtes einen Teil der Preisüberhöhung rechtfertigen.

Vergleich verhindert teuren Rechtsstreit 

Das Wuppertaler Verfahren drohte in einem langjährigen Rechtsstreit zu münden, der womöglich höhere Kosten erzeugt hätte, als für die Kunden hätte herausspringen können. Daher haben Stadtwerke und Bundeskartellamt Vernunft walten lassen und sich auf einen Vergleich geeinigt. Ergebnis ist ein Rückerstattungsbetrag in Höhe von 15 Mio. Euro . Dieser Betrag wird ordentlich verteilt bis zum 30. Juni 2016 an die Wuppertaler Wasserkunden (des betreffenden Zeitraums) in Form von Verrechnungsschecks zurück erstattet. Im Gegenzug erklärte sich das Bundeskartellamt bereit, das Verwaltungsverfahren einzustellen. Soweit die Vergangenheitsbewältigung.

Kunden erhalten Verrechnungsscheck für überhöhte Preise – nicht aber für möglicherweise überhöhte Gebühren

Wer sich als Wuppertaler Wasserkunde über dieses Ergebnis freut und so etwas auch für die Zukunft erwartet, der irrt. Die Stadt Wuppertal hat ihre Wasserversorgung zwischenzeitlich rekommunalisiert. Seit Anfang Mai 2013 erhebt ein Eigenbetrieb der Stadt Wuppertal Wassergebühren. Da sich die kartellrechtliche Missbrauchskontrolle nicht auf öffentlich-rechtliche Gebühren erstreckt, waren dem Bundeskartellamt hier die Hände gebunden, es konnte keine Preissenkung für die Zukunft anordnen. Mit anderen Worten: Wenn die Preise jetzt weiterhin überhöht sein sollten, gäbe es für die Kunden keinen neuerlichen Scheck. Der „Schutzzaun des Gebührenrechts“ bewahrt die Stadt Wuppertal in Zukunft vor einem Missbrauchsverfahren. Mit der Umstrukturierung hat sie Fakten geschaffen. Die WAZ nannte dieses Vorgehen im Zusammenhang mit einer ähnlichen Ausgangssituation bei den Stadtwerken Essen eine „Flucht ins öffentliche Recht“ klick hier!. Die Formel ist bekannt: Eigenbetrieb statt Privatunternehmen schützt vor Preismissbrauchskontrolle. Aber in Wuppertal sollte es nicht nach Flucht aussehen – zumindest nicht vor den Kartellbehörden. Die Wuppertaler Stadtoberen hatten Glück, denn zu der Zeit der Umstrukturierung war das Thema „Rekommunalisierung“ durch die Dienstleistungskonzessionsrichtlinie auf die Agenda gelangt und die Stadt musste sich vor dem Zugriff der Privaten schützen. Die EU, so die öffentliche Stimmung, wollte den Privaten den Zugang zum Trinkwasser eröffnen (siehe auch right2water). Komisch nur, dass man sich in Wuppertal gerade erst vom privaten Mitgesellschafter GDF SUEZ getrennt hatte. „Das ist wichtig und richtig“, erklärte Stadtkämmerer Johannes Slawin (CDU) in der Presse. Angesichts der Pläne der EU–Kommission, den Wassermarkt durch neue Ausschreibungen der Kooperationspartner zu beleben, wolle man vorsorgen. „Wir möchten nicht, dass in Zukunft unbekannte private Investoren Zugriff auf unsere Wasserversorgung bekommen.“

Ja, so grausam kann die Realität sein: Genau deshalb hat der Kunde jetzt keine Möglichkeit, sich wegen überhöhter Wasserpreise bei den Kartellbehörden zu beschweren. Das soll einer verstehen… Egal, jetzt gibt es erst einmal Geld zurück!

Hier geht es zur Gebührensatzung der Stadt Wuppertal für Trinkwasser klick hier!

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