
„Was kostet mein Leitungswasser?“ – „Kann auch mein Baby das Wasser aus dem Hahn trinken?“ – VerbraucherInnen möchten wissen, wie ihr Trinkwasser beschaffen ist und was sie dafür zu bezahlen haben. Aber nicht alle Versorger haben die Chancen der digitalen Kommunikation erkannt und stellen die gewünschten Informationen auf ihrer Website bereit. Eine Web-Analyse der Informationsangebote von 266 Wasserversorgern in NRW zeigt, wie informiert wird und wo Nachholbedarf bei der Qualitäts- und Preistransparenz besteht. Dieser Beitrag befasst sich mit den Wasserpreis-Informationen.
Transparenz zahlt sich in Kundenzufriedenheit aus
Auch wenn viele Wassernutzer und Kunden „ihre“ Wasserpreise nicht kennen, spätestens wenn die nächste Preisrunde ansteht oder eine kartellrechtliche Preissenkungsverfügung die Medien aufschreckt, stehen Wasserpreise ganz oben auf der Agenda. Kunden erwarten, das zeigen Befragungen, verständliche Erläuterungen der Wasserentgelte. Auch Kartellbehörden und Verbraucherverbände fordern mehr Preistransparenz . Die Branchenverbände BDEW und VKU haben darauf reagiert und für die Wasserversorger ein Transparenz-Versprechen abgegeben. Aber werden die Versorger diesen Anforderungen gerecht? Wo gibt es Handlungsbedarf?
Was bedeutet eigentlich „Transparenz“? Laut dem Preis-Ökonomen Professor Diller „ist Transparenz dann gegeben, wenn es dem Kunden leicht fällt, einen klaren, vollständigen, aktuellen und leicht erfassbaren Überblick über Preise und Leistungen des Anbieters zu erhalten.“ Die Internetseiten zählen zu den wichtigsten Kommunikationsinstrumenten eines Unternehmens. Bei Online-Anbietern von Flugreisen oder bei Amazon leuchtet das ein, aber gilt dies auch für Wasserversorger oder Stadtwerke? Die Antwort liefert eine von mit vorgenommene Untersuchung von Wasserversorger-Websites.
Untersuchung von Wasserversorger-Websites
So wurden Websites von 266 Wasserversorgern in Nordrhein-Westfalen auf Umfang und Verständlichkeit der Preis- und Qualitätsinformationen hin analysiert d.h. Umfang und Verständlichkeit der Informationen zur Qualität und den Preisen. Es standen also die eigentlichen Pflichtaufgaben der Wasserversorger im Fokus.
Das Kurzfazit: Die Mehrheit der Versorger muss bei Preiskommunikation nachlegen.
Die wichtigsten Ergebnisse:
- Bei manchen Versorgern musste lange nach den Informationen zu Preisen gesucht werden. Das Auffinden der Preisblätter oder Gebührensatzungen glich zuweilen einem Versteckspiel.
- Erläuterungen der Tarifbestandteile und der Bemessungsgrundlagen wie Grundpreis und Zähler oder Wohneinheiten sind nur selten zu finden.
- Auch wenn Kostendetails – zurecht – nicht zu erwarten sind, wie Wasserpreise oder Gebühren entstehen, sollte auch im Internet aufzufinden sein. Das erhöht das Vertrauen der Kunden und liegt somit auch im Interesse der Versorger.
- „Barrierearm“ waren nur wenige Seiten.
- Die mobile Nutzung der Websites wird von vielen Versorgern stiefmütterlich behandelt. „Responsive Design“, d.h. die automatische Anpassung der Webinhalte an mobile Ansichten, ist noch nicht die Regel. Verbraucher die Websites mit Smartphone besuchen, müssen umständlich die Ansichten vergrößern.
- Informationsgehalt und -tiefe scheinen von der Größe des Unternehmens, seiner Sparten und/oder der Rechtsform abzuhängen, denn die kleineren Gemeindewerke beschränkten sich zumeist mit Ihren Informationen auf das Notwendigste. Fragt man nach, erhält man den Hinweis auf die amtlichen Bekanntmachungen, die dürfte allerdings kaum jemand sammeln, um irgendwann einmal nach den gewünschten Informationen suchen zu können.
- Stadtwerke mit Energiesparten im Wettbewerb informieren zumeist besser als Gemeindewerke. Das kann nicht überraschen, sollte aber so nicht sein, denn auch Trinkwasserkunden in kleinen Gemeinden wollen nicht immer den Bürger- oder Werkmeister anrufen müssen, um Antworten zu bekommen.
- Auch der Datenschutz zeigt Verbesserungspotenzial: Bei 17 Versorgern fehlt trotz Übermittlung von Kontodaten die gesicherte Verbindung. Datenschutzerklärungen sind ebenfalls kein Standard.
Wie steht es um die Angaben zur Zusammensetzung der Wasserpreise? Nur 15 der 266 untersuchten Versorger boten weitergehende Informationen über die Zusammensetzung ihrer Entgelte, also zum Beispiel was ein Grundpreis ist, wieso ein Verrechnungspreis verlangt wird oder warum es überhaupt Grund- und Mengenpreise gibt.
Auch wenn Erläuterungen geboten werden, der Weg dahin ist zuweilen lang und unübersichtlich. Nur jeder zweite Versorger unterstützt die Suche nach den Wasserpreisen mit Schnellzugriffen oder nutzt die 2-Klick-Regel. Vielfach fehlten Tarifinformationen gänzlich. Bei vielen Gemeindewerken gleicht der Weg zu den Gebührensatzungen nicht selten einer „Schnitzeljagd“. Wassergebühren müssen umständlich über kommunale Websites gesucht werden oder sie sind erst gar nicht im Internet verfügbar. Was wird hier den Wasserkunden zugemutet?
Es sollte den Versorgern doch eigentlich daran gelegen sein, die Änderungsgründe für die Wasserpreise und deren Zusammensetzung dem Kunden verständlich zu erklären, damit das hohe Vertrauen geschützt wird. Um so unverständlicher die Zurückhaltung bei diesem Thema.
Nur selten werden die Gründe für Änderungen der Wasserpreise oder überhaupt die Einflussfaktoren wie Nachfrageentwicklung, Investitionsbedarf, steigende Kosten, gestiegene Qualitätsanforderungen oder zunehmende Aufbereitungserfordernisse erläutert. Für Kunden ist aber ganz sicher von Interesse, warum die Preise verändert werden sollen bzw. wurden. Gerade weil die AVBWasserV (Verordnung für die allgemeine Versorgung mit Wasser) als quasi Allgemeine Geschäftsbedingungen für die öffentliche Wasserversorgung, keine persönliche Information der Wasserkunden über Preisänderungen verlangt, sondern die öffentliche Bekanntmachung für ausreichend erklärt (siehe § 4 AVBWasserV), sollten die Versorger die Informationen öffentlich leicht zugänglich machen.
Wassertarifumstellungen haben wegen ihres Erklärungsbedarfs positive Nebeneffekte. Viele Unternehmen mit Tarifanpassungen informieren sehr umfassend über ihr Versorgungssystem und erklären die Gründe warum sie umstellen. So werden Kunden und Stakeholder für die Umstellungserfordernisse sensibilisiert, sie erklären wieso höhere Grundpreisanteile nachhaltiger sind und warum sie die jeweilige Bemessungsgrundlage (z. B. Wohneinheiten) für ihre Grund- oder Systempreise) gewählt haben.
Den Handlungsbedarf ernst nehmen
Die Webpräsenz sollte bei jedem Versorger einen hohen Stellenwert genießen. Kein anderes Instrument kann mit derart geringen Kosten eine vergleichbare Reichweite und Informationsdichte erzielen. Wasserversorger geniessen einen beneidenswerten Vertrauensbonus, mit transparenter Information können sie diesen nicht nur rechtfertigen, sondern auch ausbauen. Insbesondere Stadtwerke können den positiven Imagetransfer von Wasser auf ihr Wettbewerbsgeschäft nutzen.
Die Europäische Kommission bereitet im Rahmen der Novellierung der Trinkwasserrichtlinie Anforderungen an die Preis- und Qualitätskommunikation in der Wasserversorgung vor. Spätestens dann steht das Thema wieder auf der Agenda. Wer proaktiv handelt, ist dabei im Vorteil.
Wasserversorgern wird empfohlen, sich ihrer Websites einmal kritisch anzunehmen. Kunden sollten sich bei mangelnder Transparenz an ihrer Versorger wenden. Das Informationsangebot zum Trinkwasser ist eine Bringschuld des Versorgers.
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