Wie öffentliche Trinkwasserbrunnen sinnvoll finanziert werden können

Öffentliche Wasserspender oder Trinkbrunnen fristeten im Stadtbild bisher ein Außenseiterdasein. Lange Zeit wurden sie von Bürgern und Politik außer an Hitzetagen kaum registriert. Jetzt aber hat uns die Hitze wieder im Griff. Auch seit Mikroplastik die politische Agenda bestimmt, werden Trinkbrunnen gefeiert, als könnte mit ihnen der Klimawandel bewältigt werden. Wenn es nach der Politik geht, soll statt Wasser in Plastikflaschen besser das ökologisch sinnvollere Leitungswasser getrunken werden. Vielen gefällt es, ist doch die Erfrischung an der öffentlichen Quelle auch noch kostenlos. Naturgemäß werden daher die Wasserversorger von ihren Kommunalpolitikern und Bürgern „ermuntert“, Trinkbrunnen als umweltfreundliche Erfrischung aufzustellen. Damit entsteht neben der Sicherung der Qualität des Trinkwassers die nicht gerade triviale Frage: „Wer soll das bezahlen?“. Da sich in letzter Zeit bei mir Anfragen von Lesern nach Finanzierungsideen häufen, hab ich mich mal umgeschaut.

Finanzierung über Wasserpreise könnte problematisch werden

So ein Trinkbrunnen bringt es mit Anschaffung, Aufbau und Wartung im Laufe der Jahren auf Kosten in fünfstelliger Höhe. Wasserversorger, die mit der Erwartungshaltung der Bürger und Politiker konfrontiert sind, die Kosten für den Aufbau und Betrieb zu übernehmen und diese in die privatrechtlichen Wasserpreise einzurechnen, sind sich unsicher. Zumal gerade größere ja nicht nur einen, sondern gleich mehrere Orte versorgen, und jeder seinen Brunnen haben möchte. In der Tat lohnt die Überlegung, ob die Kostentragung durch den Versorger in gewohnter Form angeraten ist Bei der Beurteilung hilft eine Parallele. Auch wenn die Trinkbrunnen nur den Durst löschen, so haben sie bei der Finanzierung durch den Wasserversorger dennoch einiges mit Löschwasser gemein. In Folge eines Urteil des Oberverwaltungsgerichts Koblenz zur Einrechnung von Löschwasserkosten in der Wassergebühren, ist bei der Umlegung der Kosten für Trinkbrunnen auf die Wassergebühren oder -preise mindestens Vorsicht geboten. Damit ist die Finanzierung problematischer, als es einige Kommunalpolitiker vermuten mögen.

Das Oberverwaltungsgericht Koblenz hatte im März 2019 bei der Übernahme der Löschwasserkosten durch den Wasserversorger und deren Einbeziehung in die Wassergebühren ein Urteil gefällt, das auch bei der Trinkbrunnen-Finanzierung bedeutsam sein könnte. Beim Löschwasser ist es demnach unzulässig, „Kosten für Dinge, von denen die Allgemeinheit profitiert, nur von einem Teil der Allgemeinheit (Gebührenzahler) finanzieren zu lassen“. Daher könnte man bei den Trinkbrunnen fürchten, dass auch hier die Richter oder Kartellbehörden auf den Plan gerufen werden könnten. Auch bei den Konzessionsverträgen ist einiges zu beachten. Damit könnte die vielerorts gewohnte Kostentragung durch den Wasserversorger zum Problem werden, wenn sich diese auf die Wasserpreise oder -gebühren auswirken. Es gibt aber auch noch andere Möglichkeiten, die ich in diesem Beitrag vorstellen möchte.

Förderprogramm „100 öffentliche Trinkwasserspender in Rheinland-Pfalz“

„Nicht nur fordern, sondern auch fördern“, lautet das Motto der Umweltministerin von Rheinland-Pfalz, Ulrike Höfen. Die grüne Ministerin hat ähnlich wie die SPD-Bundesumweltministerin, Svenja Schulze, zum Aufbau von Wasserspendern im Land aufgerufen. Anders als ihre Amtskollegin in Berlin hat Höfken dafür auch ein Budget zur Verfügung gestellt. In Zusammenarbeit mit den Branchenverbänden LDEW und DVGW wurde mit 400.000 Euro aus der Landeskasse ein Förderprogramm für 100 Brunnen aufgelegt. Jeder Brunnen wird nach entsprechender Antragstellung mit je 4.000 Euro unterstützt. Das Programm läuft gemäß dem an alle rheinland-pfälzischen Gebietskörperschaften gerichteten Schreiben zufolge bis 2021 (siehe Anlage). Jede teilnehmende Kommune erhält maximal zwei Wasserspender. Wie ich von Winfried Schreiber, dem zuständigen Referenten im Ministerium, auf Nachfrage erfuhr, ist die „Resonanz enorm groß“. Anfang Juli wird Ministerin Höfken in Kaiserslautern bereits den ersten Brunnen zum Fließen bringen. Das Beispiel aus Rheinland-Pfalz könnte Schule machen. Statt Wasserspender nur zu fordern, wäre es doch an der Zeit, diese auch zu „fördern“. Was spricht also dagegen, liebe Ministerinnen und Minister von Bund und Ländern, es den Rheinland-Pfälzern nachzumachen? (Berlin macht es ähnlich – siehe unten).

Crowd-Funding in Warstein mit der örtlichen Volksbank

Das Crowd-Funding oder – auf Deutsch – die „Schwarmfinanzierung“ ist ein eigentlich pfiffiges Finanzierungssystem. In Warstein, wo es außer Bier auch gutes Wasser getrunken wird, hatte die örtliche Trinkwasserinitiative e.V. beschlossen, den neuen Marktplatz mit einen Trinkwasserbrunnen auszustatten. Die Stadt und der örtliche Wasserversorger hatten abgewunken, beiden war das Engagement zu teuer. Daher griff der Verein ein Angebot der Volksbank Warstein auf. Diese bietet gemeinsam mit anderen Volks- und Raiffeisenbanken eine Crowd-Funding-Plattform für lokale Initiativen an. Darin sah der Verein die Möglichkeit, die Bürger der Stadt in die Finanzierung einzubeziehen. Ende April war es dann soweit. Die Vorbereitungen waren abgeschlossen, der Verein rief zu Spendenzahlungen für die Anschaffung des Brunnens auf. Mit 6.000 Euro soll das Gerät angeschafft werden.

Bis zum 29.07.2019 können die Warsteiner Bürger (und andere) kann sich beteiligen und einen beliebigen Betrag für den neuen Brunnen spenden. Für jeden zahlenden Unterstützer, spendet die Bank 5 Euro. Dabei ist der Gesamtbetrag pro Projekt auf 500 Euro begrenzt. Wird das Projektziel „6.000 Euro“ erreicht, erhalten die Initiatoren das Geld und können Ihr Projekt realisieren. Sollte das Ziel dagegen nicht erreicht werden, erhalten die Spender Ihr Geld zurück. Für den reibungslosen Ablauf aller Phasen sorgt die Volksbank Hellweg eG.

Wie Elke Ibing aus dem Vorstand der Warsteiner Initiative mir erklärte, wird die Qualitätssicherung vom Verein übernommen und das Wasser vom lokalen Versorger beigesteuert. Es gibt auch Gegenleistungen: zunächst einmal profitieren alle Warsteiner von der neuen Quelle auf dem Marktplatz. Spender ab 100 Euro werden zur Besichtigung der örtlichen Hillenbergquelle eingeladen. Ab 150 Euro gibt es eine wasserkundliche Themenwanderung „FliessWege“ mit anschließendem Imbiss im grünen Klassenzimmer in Kallenhardt. Aktuell brauchen die Initiatoren aber noch Unterstützer.

Die Herausforderung bei diesem Projekt ist die Kommunikation. Über soziale Medien, Mund-zu-Mund-Werbung und die lokale Presse muss die Initiative ihre Förderer erreichen. Offensichtlich muss jetzt noch einmal „Gas gegeben werden, um das Projekt zum Laufen zu bringen. In den verbleibenden sechs Wochen müssen noch über 2.000 Euro gesammelt werden.

Die Volksbank Straubing hatte vor zwei Jahren mit der Crowdfunding-Initiative „Viele schaffen mehr“ einen Trinkwasserspender für ein Gymnasium finanzieren können. Über 3.000 Euro waren zusammengekommen. Seitdem erfreuen sich die Kids an ihrer Trinkwasserquelle.

Sponsoring durch die lokale Wirtschaft

„Wasser“ ist in aller Munde. Gerade an heißen Tagen werden „Wasserspender“ gefeiert – auch im doppeldeutigen Sinne. Da mag man sich fragen, warum die lokale Wirtschaft nicht schon längst das Thema für sich erkannt hat, und Vereine, die sich für Trinkbrunnen einsetzen, mit finanziellen Mitteln unterstützt. Es müssen ja nicht immer nur die Stadtwerke sein. Vermutlich bedarf es dann nur einer Initiative, die das Thema in die Hand nimmt.

Wie es die Metropolen machen

Trinkbrunnen der Hamburgwasser an der Alster (Foto: Gendries)

In Hamburg werden die Kosten für die Brunnen von Hamburgwasser getragen. In der Hansestadt war das Thema Gegenstand einer schriftlichen „Kleinen Anfrage“ an den Hamburger Senat. Dabei hat der städtische Versorger, der Vergangenheit die Kosten für die Errichtung auf bis zu 20.000 Euro (abhängig vom Standort) und die Betriebskosten auf 9.000 Euro geschätzt. Siehe Anhang. Zurzeit betreibt Hamburgwasser vier Säulen (2x Alsterufer, Stadtpark und an den Landungsbrücken). Der Standort am Rathausmarkt ist aufgrund von Bauarbeiten derzeit nicht nutzbar.

Um in Berlin das Trinken von gesundem, mineralreichem Trinkwasser noch stärker in den öffentlichen Raum zu integrieren, hat der Senat die Wasserbetriebe Berlin mit dem Aufstellen von Trinkbrunnen und Trinkwasserspendern beauftragt. Durch den Abgeordnetenhausbeschluss zur Blue Community stellt das Land Berlin für die kommenden zwei Jahre erstmals eine Million Euro für ein Trinkbrunnenbauprogramm zur Verfügung. Über die ganze Stadt verteilt bauen die Wasserbetriebe nun 100 Trinkbrunnen und Wasserspender – zusätzlich zu den 45 Trinkbrunnen, die Anfang 2018 bereits in Betrieb waren. Ursprünglich waren die Berliner Trinkbrunnen zur Netzspülung gedacht. Nachdem die Brunnen zunächst in Eigenregie oder in Kooperation mit Initiativen und Geschäftsleuten aufgestellt wurden, riefen die Wasserbetriebe 2014 den Brunnen Run ins Leben. Dabei konnten Berlinerinnen und Berliner ihre bei Laufveranstaltungen zurückgelegten Kilometer „spenden“: Pro 10.000 Kilometer stellten die Wasserbetriebe einen Brunnen in der Stadt auf und unterstützten Trinkwasserprojekte der Ingenieure ohne Grenzen. Über die Brunnenstandorte konnten die Bürgerinnen und Bürger online abstimmen.

Als das Programm „100 Brunnen und Trinkwasserspender für Berlin“ 2018 startete, gab es bereits 45 Trinkbrunnen in der Stadt – inzwischen sind es 96. Sie sprudeln zwischen Mai und Oktober im Dauerbetrieb und liefern frisches Trinkwasser aus der Leitung zum Trinken und Abfüllen. Einen Standortüberblick gibt es auf der Karte der Wasserbetriebe.

Die Stadt Marburg errichtet und finanziert im Rahmen ihrer Mitgliedschaft bei der „Blue Community“ Wasserspender in der Stadt und in Schulen, um das Thema Wasser im Stadtbild zu verankern und das Trinkwasser allen Bürgern zugänglich zu machen.

Zur Nachahmung empfohlen

Die Beispiele aus Rheinland-Pfalz und Berlin könnte Schule machen. Statt Wasserspender nur zu fordern, wäre es doch an der Zeit, diese auch zu „fördern“. Was spricht also dagegen, liebe Ministerinnen und Minister von Bund und Ländern, es den Rheinland-Pfälzern oder Berlinern nachzumachen? „100 Trinkbrunnen-Programme“ in jedem Bundesland zu finanzieren, wäre doch ein guter Start.

Die Finanzierung durch die Bürger via Crow-Funding mag noch gewöhnungsbedürftig sein, weil man gewohnt ist, dass Wasser vom Versorger kommt. Daran wird sich auch nichts ändern, aber die Kosten muss er ja nicht zwingend tragen. Idee finde ich auch deshalb gut, weil damit auch Bürger noch mehr motiviert sein werden, die Funktion der Geräte zu schützen.

Sicher gibt es noch weitere Beispiele, gerne würde ich diese in einer Fortsetzung dieses Beitrages aufnehmen. Jedenfalls werde ich die Landesregierungen fragen, wie sie zu öffentlichen Trinkbrunnen und die Finanzierung stehen.

Quellen/Weiterführendes

  • Schreiben der rheinland-pfälzischen Umweltministerin „100 öffentliche Trinkwasserspender in Rheinland-Pfalz“
  • Crowd-Funding Warstein Volksbank Hellweg
  • Crowd-Funding Straubing
  • OVG Koblenz, Beschluss vom 18. März 2019, Aktenzeichen: 6 A 10460/18.OVG
  • Trinkwassersäulen von Hamburgwasser Website
  • Kleine Anfrage zu Trinkwasserbrunnen in Hamburg
  • Wasserspender und der „Wert des Wassers“ in deutschen Schulen, Lebensraumwasser
  • Stadt Marburg ist „Blue Community“ und fördert Wasserspender, Lebensraumwasser

1 Kommentar

  1. „Zur Nachahmung nicht empfohlen“, wenn man als Politiker seinen Kopf behalten möchte.
    So wie es in Berlin gestartet und bisher nicht rechtmäßig geahndet wurde, handelt es sich in Berlin bei der Förderung von Trinkbrunnen und Wasserspendern um unlauteren Wettbewerb. Grundlage zu der Schlussfolgerung ist §§ 9 UWG, 3 Abs. 1 UWG.
    Da die Berliner Senatorinnen zugleich geschäftsführend in den BWB tätig sind und sich mindestens seit 2018 Steuergelder zugespielt haben, um sich einen Wettbewerbsvorteil zu sichern, ist es eine kurze Frage der Zeit, wann die ersten Köpfe anfangen zu rollen.
    Traurig ist, dass mit einer vermeintlich guten Sache in einem immensen Ausmaß Rechtsbrüche auf höchster Ebene durch höchste Volksvertreter vorgenommen wurde, die sich jetzt zur kommenden Wiederwahl am 26.09. anstellen. Ein Schlag ins Gesicht der Gerechtigkeit – fernab von jeglichen Tugenden.
    Es ist erschreckend, mit welcher offensichtlichen Bewusstheit und Gleichgültigkeit vorgegangen wurde. Nach dem Motto: „Too Big To Fail.“

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