Wasserentnahmen sind zu billig und werden zu wenig kontrolliert, kritisiert Sachsen-Anhalts Landesrechnungshof

Wasserpumpe zur Entnahme aus dem Fluss

Egal ob gewerblich oder privat: Wer in 13 der 16 Bundesländern ab einer bestimmten Größenordnung Wasser aus der Natur entnimmt, zahlt dafür ein Wasserentnahmeentgelt oder auch Wassercent. Die Beiträge sind unterschiedlich hoch. In Sachsen-Anhalt hat der Landesrechnungshof die Wasserentgeltpolitik der Landesregierung in seinem jüngsten Bericht für das Jahr 2022 massiv kritisiert.

Abgabenhöhe stagniert seit 2011 – obwohl die Kosten steigen

Mit der Abgabe sollen Anreize gegeben werden, weniger Wasser zu entnehmen und zugleich sollen mit den Einnahmen die Kosten für die Gewässerinstandsetzung und -haltung beglichen werden. Während die Anforderungen an die Gewässerschutzmaßnahmen in Folge der EU-Wasserrahmenrichtlinie steigen und ebenso die Kosten dafür, bleiben die Wasserentnahmeentgelte in vielen Bundesländern unverändert. Sachsen-Anhalt ist da keine Ausnahme. Das Land weigert sich, die Entgelte anzupassen und damit die Einnahmen zu erhöhen, weil es nicht im Koalitionsvertrag stehe. „Aus unserer Sicht ist das aus mehreren Gründen falsch“, kritisiert jetzt der Landesrechnungshof in seinem Jahresbericht 2022.

Seit 2011 werden von den Trinkwasserkunden 0,05 Euro je 1.000 Liter über die Wasserversorger erhoben. Die Landwirte zahlen für die Feld-Beregnung und -Berieselung nur 0,005 Euro, wenn es sich um Oberfächenwasser handelt. Bei Anlagen zur Kühlung werden 0,01 Euro fällig. Die Wasserabgabe sei zu niedrig, um angemessene Sparanreize für die Wassernutzer darzustellen, erklärt der Rechnungshof. Andere Bundesländer, wie z. B. Niedersachsen, hätten bereits entsprechende Erhöhungen vorgenommen, so weiter. Das Ministerium für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt teilte daraufhin in seiner Stellungnahme vom 15. Dezember 2022 zum Entwurf des Jahresberichts mit, dass eine Erhöhung der Entgeltsätze im Koalitionsvertrag nicht verankert sei und somit dafür keine Veranlassung bestehe.

Missbrauch bei der Erfassung der Wasserentnahmemengen?

Bemerkenswert ist im Hinblick auf die Nutzungskonkurrenzen die Feststellung der Prüfer, dass viele Gewässernutzer ihren Mitwirkungspflichten nicht nachkämen. Obwohl geeichte Messgeräte Vorschrift sind, erfolgen dem Bericht zufolge etwa bei einem Drittel der rd. 2.900 Entnahmestellen im Land die Entnahmen nicht über geeichte Messgeräte. Eigentlich schon überraschend, wie hoch das Vertrauen der Behörden ist, denn in der Wasserentnahmeentgeltverordnung des Landes heißt es: „Die Festsetzungsbehörde stellt auf Antrag des Entgeltpflichtigen fest, ob die Messgeräte oder Messeinrichtungen im Sinne des Absatzes 1 geeignet sind.“

Daher ist schon fast überraschend, dass der Rechnungshof öffentlich erklärt, dass in Einzelfällen sogar Bypässe installiert und so die tatsächlichen Wasserentnahmemengen verschleiert würden. Hier müsse das zuständige Ministerium mit verstärkten Kontrollen entgegenwirken, fordert er. Das scheint aber gar nicht nötig zu sein, denn die Wasserbehörden verzichten ehedem bei der Bemessung der Zahlungen auf die tatsächlichen Entnahmemengen, sie beziehen sich lediglich auf die im Entnahmebescheid festgelegten Mengen. Und wie reagiert darauf die Landesregierung? Das Ministerium für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt teilte in seiner Stellungnahme vom 15. Dezember 2022 zum Entwurf des Jahresberichtsbeitrages mit, dass es an seiner bisherigen Verfahrensweise der „Bescheidlösung“ festhalten werde, also spielen die tatsächlichen Entnahmemengen weiterhin keine Rolle für die Bemessung, sondern nur die genehmigten. An der Digitalisierung des Erhebungs- und Festsetzungsverfahrens werde gearbeitet.

Wie so, könnte man sich fragen, wird die Einhaltung der Entnahmerechte überwacht, wenn die Verwaltung bei einem Drittel der Entnehmer auf die Kontrolle verzichten muss, weil keine geeichten Messgeräte installiert sind? Und wir sprechen hier nur über solche Wasserentnehmer, die eine Abgabe bezahlen müssen. Wie werden die Wasserentnahmen bei jenen Nutzern überwacht, die Wasserrechte haben, ohne dass sie die Abgabe zahlen müssen. Damit wären wir beim nächsten Punkt.

Befreiung sollte gestrichen werden

Besonders kritisch sehen die Prüfer, die das Finanzgebahren des Landes im Blick haben, die pauschale Befreiung vom Wasserentnahmeentgelt bei der Gewinnung von Bodenschätzen. Dies widerspreche dem Verursacherprinzip. Besonders die Braunkohleförderung verursache erhebliche umweltbezogene Kosten, die von der Allgemeinheit getragen werden müssen. Daher wird empfohlen, diese Regelung zu streichen. Wären die Gewerbe, die Bodenschätze gewinnen nicht mehr befreit, würde das dem Land nach Angaben des Rechnungshofes etwa 500.000 Euro mehr in die Kasse bringen.

Einnahmen aus dem Wasserentnahmeentgelt 2013 bis 2020
(Q Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt, 2023)

Der Bericht ist in der gegenwärtigen Diskussion um die Verteilung der auch in Sachsen-Anhalt knapper werdenden Ressourcen bei gleichzeitig zunehmenden Nutzungsansprüchen eine „mächtige Klatsche“ für die Wasserbehörden und die Politik. Aber offensichtlich nehmen diese es gelassen hin, weil der Koalitionsvertrag eine Anpassung an die veränderten Rahmenbedingungen nicht vorsieht. Vielleicht, so könnte man meinen, findet sich das Thema in der „Landesstrategie zum Wassermanagement“, deren Erarbeitung die schwarz-rot-gelbe Koalition 2021 im Vertrag verankert haben, wieder.

Quellen

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