Warum Wassersparen auch unterhaltsam sein kann

Lange hatte man im Sonnenstaat Kalifornien auf Regen gewartet. Jetzt ist er zwar da und brachte in Los Angeles etwa 70 Liter pro Quadratmeter des lange ersehnten Wassers. Ob damit aber die historischen Dürrejahre und ihre Folgen wirklich beendet sind, wird sich noch zeigen müssen. Aber Kalifornien war nicht untätig. Der jahrelang fehlende Regen hatte bereits im Sommer des vergangenen Jahres die Behörden und Wasserwerke vieler Kommunen zu ungewöhnlichen Mitteln greifen lassen. Wegen des dramatischen Rückgangs der Wasservorräte wurde in Kalifornien eine staatliche Wassersparstrategie erlassen, die Verstösse mit zum Teil empfindlichen Geldstrafen sanktioniert (siehe LebensraumWasser hier!). Das schafft kreatives Denken und Handeln – und viel Spaß, wie die nachfolgenden Beispiele zeigen.

Sexy Water Conservation

Wer kennt nicht den Verkäuferspruch „Sex sells everything“? Daran muß die Führung der San Francisco Water Power Sewer Company gedacht haben, als sie ihre 300.000 US-Dollar-Kampagne unter die Leute brachte. Dabei schossen sie aus allen Rohren: TV, Radio und Plakate. Statt die Konsumenten mit knochentrockenen Broschüren zum richtigen Umgang mit Wasser zu langweilen, regt der Slogan „Water Conservation is Smart and Sexyzum Wassersparen an. „Anregend“ ist der passende Begriff, denn wer denkt beim Wassersparen unter der Dusche schon an einen Quicky. Der Slogan „When Showering make it a Quicky“ spielt mit der schlüpfrigen Fantasie. So auch „Watering twice a week, will keep Gardens satisfied“. In diesem Tenor sorgen auch die anderen fünf Botschaften für die nötige Awareness.

Denn nur wenn die Botschaften wahrgenommen werden, können sie auch befolgt werden. Einen besonderen Hochgenuss erzeugt das auf YouTube eingestellte Video zum Wassersparen im häuslichen Bad. Mit einer an die Soulgröße Barry White erinnernden Stimme wird säuselnd erklärt, wie der Duschkopf eingestellt oder Wasserverluste an der WC-Spülung vermieden werden sollten. Wow, so phantasievoll und mutig kann man sich Wasserversorger gar nicht vorstellen. Aber da sieht man einmal, wohin der Sparzwang führen kann.

Wasserkaraffe in Restaurants nur noch auf Wunsch

“Due to CA drought conditions, water will be served only upon request.” Dieser Hinweis in kalifornischen Restaurants hat keine Auswirkungen auf die Hygiene in den WCs. Das Wasser zum Händewaschen kommt auch weiterhin ohne besondere Anforderung aus dem Hahn. Der freundliche Hinweis betrifft nur die eigentlich obligatorische Karaffe Wasser auf dem Tisch.  Diese darf, anders als bisher praktiziert, nicht als „Gastgeschenk“ des Wirtes, sondern nur auf ausdrücklichen Wunsch des Gastes auf den Tisch gestellt werden. Anders als in Deutschland, gehen die US-Amerikaner mit dem Leitungswasser deutlich spendabler um. Bisher stand sie selbstverständlich auf dem Tisch, wenn der Gast sich gesetzt hatte. Das darf zwar auch weiterhin so sein, aber nur wenn der Gast sich nicht vom häufigen Chlorgeschmack abschrecken lassen will und das Wasser aus der Leitung ausdrücklich wünscht. Mit dieser Regel soll sich das Wassersparen nicht nur auf die Geschirrspüler in den Bars und Restaurants beschränken, sondern auch an den Tischen fortsetzen. Wer es als Wirt der Gewohnheit folgend ohne Aufforderung des Gastes macht, muss mit einer Strafe rechnen.

Wasserverschwender-App

Es gibt eine ganze Reihe von Regeln zum Wassersparen oder gegen die Wasserverschwendung. Wo es Regeln gibt, da muss es auch Kontrolle geben. Jeder ist jetzt aufgerufen, Verschwender aufzuspüren, um sie „dingfest“ zu machen. Wer sich schon immer seinen Nachbarn anschwärzen wollte, dem hilft die „Waste-no-water“-App der kalifornischen Stadt San Diego. Das geht so: Wer einen Verschwender sieht, der meldet sich bei der App an (als gast gerne auch anonym), gibt seine Positionsdaten auf der digitalen Karte an und beschreibt den Fall. Wer ganz sicher gehen will. macht sogar ein Foto. Es macht Klick, und schon gehen die GPS-Daten nebst Fallbeschreibung zur örtlichen Wasserbehörde. Bei bis zu 500 US-Dollar Strafe, die „illegales“ Rasenbewässern zur falschen Tageszeit oder am falschen Tag kosten kann, dürften so einige Nachbarschaftsbeziehungen wohl zugrunde gehen. Um deutsche „Kontrollfreaks“ zu bremsen, die App kann nur in den USA heruntergeladen werden. Wir müssten weiter zum Telefon greifen. Übrigens das geht natürlich auch in San Diego bei der „Waste Water Hotline“ unter der Telefonnummer (619) 533-5271 oder per Mail wastewater@sandiego.gov.

Droughtshaming oder Wasser-Paparazzi

IMG_1629Die Apps haben einen neuen Trend ausgelöst: Das Droughtshaming. Unter dem Twitter-Hashtag „#DroughtShaming“ zeigen die Aktivisten Bilder von gut bewässerten Grünanlagen, gefüllten Swimming- und Whirlpools aber auch defekte Bewässerungsanlagen. Damit sollen aber auch jene an den Pranger gestellt werden, die gegen die Wasser-Regeln verstossen und damit den Kampf gegen die Dürre ignorieren. Zumeist sind es die Promis und die Reichen, denen auf die Finger, oder besser auf den Wasserhahn geschaut wird. Auf Twitter und YouTube haben sich die „ehrenamtlichen Wasserwächter“ lose zusammengeschlossen und stellen die Wasserverschwender an eine Art Internetpranger. Ihr wichtigstes Instrument ist das Smartphone ausgerüstet mit einer „DroughtShame“-App.

Wenn im nächsten Sommer die Dürre trotz des Winterintermezzos noch nicht beendet sein sollte, dürfte es über Kaliforniens Gärten eng werden. Denn mit Kameras ausgerüstete Drohnen haben eine deutlich größere Observierungsdichte, als ein Smartphone. Zwar dürfte der gegenwärtige Regen auch die Wasser-Paparazzi erfreuen und beschäftigungslos machen, der nächste Sommer kommt bestimmt.

„Wasser sparen – Made in USA“

Was bewegt die kalifornischen Versorger zu derartigen Kampagnen? Das Geld. Wassersparziele von 8 bis 34 Prozent sind im Februar 2016 im Vergleich zum Herbst 2013 zu erreichen. 10.000 US-Dollar muss ein Versorger zahlen, wenn

Bildschirmfoto 2016-01-08 um 22.24.14die Sparvorgaben in seinem Gebiet nicht erreicht werden – pro Tag übrigens. Das kann teuer werden. Da lässt man sich dann lieber etwas einfallen. Und es scheint zu wirken. Zwar soll erst im Februar Bilanz gezogen werden, aber schon im November war das gesetzte Sparziel erreicht.

Vermutlich würde sich später niemand mehr wundern, wenn die deutschen Wasserverbraucher die Rolle der „Welt-Wassersparer“ an die US-Amerikaner abtreten müssten und diese nach Jahrzehnten der Verschwendung allen anderen den sorgsamen Umgang mit Wasser erklären. Aber trotz aller Sparanstrengungen liegen die Kalifornier dank ihrer grünen Gärten und Pools immer noch bei dem nahezu dreifachen Wasserverbrauch deutscher Konsumenten. Der Verbrauch in der Colorado Region liegt trotz der Sparerfolge immer noch bei 184 Gallonen täglich, das sind umgerechnet stattliche 662 Liter. Selbst in der Region San Francisco, wo es innerhalb eines Jahres einen Rückgang von 98 auf 70 Gallonen gegeben hat, sind es immer noch 260 Liter. In Deutschland dagegen mal gerade 121 Liter. Also auch das ein Grund für die Amerikaner ihr Wassersparen fortzusetzen.

Ach ja, der Regen. Bei solchen Bildern (Q: FAZ/Reuters) dürfte wohl erst einmal kaum jemand mehr über das Wassersparen nachdenken. Bleibt nur zu hoffen, dass die Wassermassen ausreichen, um die Reservoire zu füllen.

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