Trump erklärt wassersparenden Toilettenspülungen den Krieg und dereguliert den Gewässerschutz

US-Präsident Donald Trump hat sich unlängst der aus seiner Sicht unsinnigen „wassersparenden Toiletten“ angenommen. Nicht nur die Toilettenspülung ist ein neues Opfer seiner „Klimawandel-Ignoranz“ und der „America-First-Doktrin“. Die Trump-Administration will eine breite De-Regulierung des Wasserschutzes, vorgeblich um Vorschriften zu vereinfachen. Dazu gehört auch eine Revision „Water of the US“, quasi der Wasserrahmenrichtlinie, aus der Obama-Zeit.

„Wasser sparen ist Unsinn!“

„Wassersparen an der Toilette ist Unsinn“, erklärt Trump den anwesenden Kleinunternehmern und der staunenden Fachwelt vor wenigen Tagen. Ein Video gibt die gesamte Geschichte unterhaltsam wieder. „Man dreht den Wasserhahn auf, man bekommt kein Wasser. Sie duschen, und das Wasser tropft heraus.“ Die Technik würde die Toilettenbenutzer daran hindern, ausreichend zu spülen, deshalb müssten sie mehrmals drücken. Sie würden Abhilfe schaffen, indem sie die Spülung nicht einmal, sondern eher zehn bis 15 Mal betätigen, beklagte er im Weißen Haus. Die US-Umweltbehörde EPA habe er daher beauftragt, die Wassersparmaßnahmen zu überprüfen und zu lockern. „Wir nehmen Waschbecken, Duschen und andere Badezimmer-Armaturen genau unter die Lupe“, so der Präsident.

Bei dem Treffen stellte Trump generell den Nutzen der Wassereinsparung in Frage. In seiner unnachahmlichen Art sah er sich beflügelt, sich über das Wassersparen lustig zu machen. Er widmete sich dem Thema bei dem Treffen mit großer Ausführlichkeit. „Man kann seine Hände praktisch nicht waschen, so wenig Wasser kommt aus dem Hahn. Und das Endergebnis ist, dass Sie den Hahn offenlassen und es viel länger dauert, Ihre Hände zu waschen. Sie verbrauchen am Ende dieselbe Menge Wasser.“ „Es mag einige Gegenden – Wüstengegenden – geben, wo wir einen anderen Weg einschlagen“, so Trump weiter. In vielen Bundesstaaten gebe es aber so viel Wasser, „dass es herunterkommt – es heißt Regen“, sagte er unter Gelächter. Dort wüssten die Menschen gar nicht, wohin mit dem Wasser.

Auf Twitter findet man auch eine etwas andere Version der Trump-Erklärung

Harvard-Wissenschaftler prognostizieren Wasserknappheit in mehreren US-Bundesstaaten

So lustig das auch alles klingen mag, die Sache hat einen ernsten Kern. Experten gehen nicht davon aus, dass es in den USA Wasser im Überfluss gibt. In einem Bericht des US-Bundesrechnungshofes aus dem Jahr 2014 heißt es, in 40 der 50 US-Bundesstaaten werde in den kommenden zehn Jahren Wassermangel zumindest in einigen Gegenden erwartet. Die Elite-Universität Harvard veröffentlichte vor wenigen Monaten eine Studie unter dem Titel „Adaptation to Future Water Shortages in the United States -Caused by Population Growth and Climate Change“. Darin prognostizieren die Wissenschaftler eine gravierende Abnahme der verfügbaren Wasserressourcen für zahlreiche US-Staaten und, dass die Reduzierungen der individuellen Wasserverbräuche nicht ausreichend sein werden, um diese Herausforderungen zu bewältigen. „Although there remains substantial uncertainty about future precipitation and thus water yield, climate change and population growth are likely to present serious challenges in some regions of the U.S., notably the central and southern Great Plains, the Southwest and central Rocky Mountain States, and California, and also some areas in the South (especially Florida) and Midwest. The continued reductions in per‐capita water withdrawal rates assumed here, which follow trends established over the past three decades, are essential but insufficient to avoid impending shortages.“ 

Nur zum Verständnis: in den roten Bereichen war extreme Trockenheit zu verzeichnen
(Q: Droughtmonitor)

Auftrag für EPA-Review kommt gar nicht von Trump

Aber sei es drum. Trump schmückt sich ehedem mit „fremden Federn“. Einem Bericht der Washington Post zufolge, wird die EPA nicht Trumps präsidialem Auftrag folgen, sondern dem regulären Review der Wasserspar-Vorschriften, die in dem Programm WaterSense zusammengefasst sind. Grundlage ist ein im US-Kongress im Jahr 2018 verabschiedetes Gesetz. Damals war festgelegt worden, alle Regelungen auf den Prüfstand zu stellen, die vor 2012 verabschiedet worden waren. WaterSense war 2006 mit dem Ziel gestartet, den Wasserverbrauch u.a. in Toiletten zu reduzieren. WaterSense ist so etwas wie der „Blaue Punkt“. Damals sollte der ausufernde Wasserverbrauch von Toiletten auf maximal 1,6 US-Gallonen je Spülung, das sind rd. 6 Liter, limitiert werden. Im Vergleich zu den seinerzeit gebräuchlichen Toiletten war dies für einen typischen US-Haushalt eine Reduzierung von rund 40 Kubikmeter Trinkwasser jährlich. Warum dieser weltweit anerkannte Verbrauchswert in den USA in Frage gestellt werden soll, kann vermutlich nur ein Präsident beantworten.

Trumps „Opfer“: das WaterSense Label für Toiletten

Trump entschärft und dereguliert die Wassergesetzgebung

Präsident Trump macht bekanntlich keinen Hehl aus seiner Haltung zum Klimawandel und zum Umweltschutz. Sei beides auch noch so drängend, er negiert nicht nur den Handlungsdruck, er bezweifelt die Notwendigkeit. Somit kündigt er nicht nur internationale Verträge wie das Klimaabkommen, sondern auch nationale Gesetze. Seine Motivation ist offensichtlich. Die US-Wirtschaft soll von Umweltschutzauflagen befreit, die Farmern und Grundbesitzer entlastet werden. Beides Maßnahmen, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit für US-Produkte zu stärken. Die Toilettenspülung hat es dabei sicher nur durch Zufall zu einer derartigen Prominenz geschafft. Trump kann man die Konsequenz sicher nicht absprechen. Die New York Times hatte im September 2019 bereits 53 Umweltbestimmungen identifiziert, die zurückgedreht worden sind; 32 waren zu dem Zeitpunkt noch in Bearbeitung.

Folgenschwere Deregulierung des Gewässerschutzes

Bei der Wasserregulierung zielte Trump bereits zu Beginn seiner Amtszeit auf ein Bundesgesetz aus der Obama-Zeit ab. Um die Wasserschutzstandards in den USA auf einem hohen Niveau zu vereinheitlichen, war unter Trump demokratischen Vorgänger im Jahr 2015 die EPA im Rahmen des ‚Waters of the United States‚-Gesetzes, kurz WOTUS, zum Gewässerschutz durch eine Bundesbehörde autorisiert worden. Befürworter argumentierten mit dem Vorsorgeprinzip, das in den USA bekanntlich weniger Bedeutung als in der europäischen Umweltgesetzgebung hat, und mit dem Schutz von Natur und Wassernutzern. So fielen demnach 60 % der US-Gewässer unter das erhöhte Schutzniveau des „Clean Water Acts„. Letztendlich profitierten auch die Bürger. Laut einem EPA-Papier, das übrigens dort nur noch im Online-Archiv zu finden ist, bezogen 2015 rund 117 Millionen US-Bürger — ein Drittel der Bevölkerung – ihr Trinkwasser aus derart geschützten Gewässern. Gegner wie Industrie und Landwirtschaft argumentierten mit negativen Kosten- und Arbeitsplatzeffekten aufgrund der aus ihrer Sicht unvertretbaren Umweltstandards. Andere Kritiker forderten die Abschaffung wegen unzureichende Berücksichtigung regionaler Erfordernisse der Bundesbehörde und bestehender Vollzugsdefizite.

Trump hat die Deregulierung durchgezogen, der WOTUS ist Geschichte. Damit sind kleinere Fließgewässer und Feuchtgebiete von der Regulierung und dem Schutz durch den „Clean Water Act“ ausgenommen. Eine unmittelbare Auswirkung besteht darin, dass Abwassereinleiter in derartige Gewässer keine Genehmigung mehr benötigen, um potenziell schädliche Substanzen in die bisher der strengen wasserrechtlichen Kontrolle der EPA unterliegenden Flüsse und Feuchtgebiete einzuleiten.

Die EPA hat die neue Regelung umgesetzt. Sie gilt ab dem 23.12.2019. Sicher werden die neuen Standards für die Toilettenspülungen auch nicht lange auf sich warten lassen.

Die Bundesstaaten müssen jetzt umgehend eigene Regeln erlassen, um die Gewässer nahtlos zu schützen. In Virginia wären künftig 80.000 Kilometer kleinere Fließgewässer von der Regulierung der Einleitung ausgenommen und würde ihre Fracht ungehindert in die größeren Flüsse einleiten. Das würde die Wasserqualität von 77 % der Bürger des Südstaats der USA bedrohen. Zudem hängt die dortige Wirtschaft im hohem Maße von der Wasserqualität ab. 8,3 Milliarden US-Dollar werden jährlich in den Fischereien, Winzerbetrieben, Brauereien und im Tourismus-Sektor an Umsatzerlösen erzielt. In Arizona falls rund 90 % der Flüsse unter die Regelung. Die Umweltbehörde von Arizona hat Anfang 2019 mit Stakeholder-Anhörungen und Entwürfen begonnen, eine eigene Regulierung zu entwickeln, um die Lücke zu schließen (s.u.). Diese Prozesse kommen jetzt auf alle US-Bundesstaaten zu.

Schutzwürdige Gewässer laut „Arizona Waters“ (in fetter Schrift),
Q: Arizona Dpt. of Environmental Quality

Weiterführendes

1 Kommentar

  1. Der langfristige Schaden, den dieser dumme und unreflektierte Mensch mit seiner impulsgesteuerten Politik für die Umwelt und seine Bevölkerung anrichtet ist unfassbar groß. Schlimm, dass der regieren kann wie ein Autokrat.

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