Trinkwasser in den USA bald ein Luxusartikel? Können sich US-Amerikaner ihr Wasser nicht mehr leisten?

Wird Trinkwasser in den USA zum Luxusartikel ?  Nach einer Studie wird sich bald jede dritte amerikanische Familie das Trinkwasser nicht mehr leisten können. Schon heute sind die Wasserkosten für 12 % der US-Haushalte zu hoch. Die Netze sind marode. Die Städte müssen investieren. Wenn Wasser- und Abwasserentgelte weiter ansteigen, werden es in fünf Jahren schon über 30% sein – jeder dritte US-Haushalt. Das haben Forscher der Michigan State University und der Studie „Water Affordability Study“ ermittelt, in der es um die Erschwinglichkeit der US-Wasserpreise geht. (950 Wörter – Lesezeit 4 bis 5 Minuten)

Wassersperrungen nehmen und den USA zu. Wasserverbrauch ist das Problem.

„Haushalten mit niedrigem Einkommen wird die Wasserversorgung abgestellt, wenn sie ihre Rechnung nicht mehr bezahlen können“, erklärt Elizabeth Mack, Co-Autorin der Studie. Wie realistisch dies ist, zeigen Berichte aus Detroit. Im Jahr 2015 wurde laut Detroit News jedem neunten Haushaltskunden das Wasser abgestellt. In der Spitze waren es 2.000 Kunden in der Woche, die wegen Zahlungsrückstand auf dem Trocknen saßen. Dabei erscheinen die Preise sogar vergleichsweise niedrig. Mit umgerechnet 0,80 € je Kubikmeter und rund 75 € Grundpreis jährlich, zahlen US-Verbraucher weniger als deutsche Kunden mit demselben Wasserverbrauch. Laut US-Umweltbehörde EPA verbraucht der Durchschnittshaushalt in den USA umgerechnet 440 Kubikmeter im Jahr. Das sind dreimal so viel wie der deutsche Haushalt mit etwa 150 Kubikmeter jährlich. Während die durchschnittliche jährliche U.S.-Wasserrechnung in Folge des Verbrauchs bei 1.680 Euro liegt, zahlen die Deutschen mit 864 Euro im Jahr aber nur die Hälfte. Problem sind daher nicht die Entgelte, sondern die überaus hohen Wasserverbräuche. Sie treiben die Haushaltskosten in die Höhe. Wasser sparen in den USA kann also die Ressourcen ebenso schonen wie die Haushaltskassen.

Die USA haben dramatischen Nachholbedarf bei der Erneuerung der Infrastruktur 

Schon jetzt haben sich die US-Wasser- und Abwasserpreise in den vergangenen 15 Jahren mehr als verdoppelt. Damit übertreffen die Erhöhungen der Wasserpreise in den USA jene bei Strom oder Benzin. Die Preisspirale wird sich weiter drehen. Die US-Amerikaner es versäumt, in die Instandhaltung der Versorgungssysteme zu investieren. Die Anlagen sind alt und marode. In manchen „alten“ Industrieregionen sind zudem überdimensionierte Anlagen, die weniger genutzt werden und deren Instandhaltungskosten keiner mehr bezahlen kann. Anpassungen an den Klimawandel sind genauso unabwendbar wie teuer. Wasser- und Abwassersysteme müssen darauf ausgerichtet werden, Überschwemmungen und Stürme zu bewältigen. In anderen US-Regionen haben Hitzeperioden und Dürren die Wasservorräte für einige Gemeinden verringert. Um sich für die Zukunft abzusichern, müssen Speicher oder Meerwasserentsalzungsanlagen gebaut werden.

Schätzungen zufolge werden sich die Investitionen in die Trink- und Abwassersysteme in den USA in den kommenden 25 Jahren auf 1 Billion US-$ summieren, um die teilweise aus der Zeit des 2. Weltkriegs stammenden Anlagen zu modernisieren und den gegenwärtigen Leistungsstand zu erhalten. Mit Folgen für die Wasser- und Abwasserentgelte. Die an niedrige Ressourcenkosten gewöhnten US-Amerikaner könnten mit einer Verdreifachung der Haushaltsausgaben für Wasser konfrontiert werden. Schon jetzt steigen die Wasserpreise der 30 größten US-Städte um 4,5 Prozent jährlich, wie Recherchen der Expertenplattform Circle-of-Blue zeigen. Viele werden sich eine derartige Preisentwicklung nicht mehr leisten können.

Was bedeutet Erschwinglichkeit der Wasserkosten?

Wasser wird von der UN als Menschenrecht garantiert. Die Vereinten Nationen haben festgelegt, dass der Zugang zu Trinkwasser und zu Sanitärsystemen erschwinglich sein muss. Das Entwicklungsprogramm der UN empfiehlt, dass die Kosten für Trinkwasser 3,0 Prozent des Haushaltseinkommens nicht überschreiten sollen. Die US-amerikanische Umweltschutzbehörde EPA hat empfohlen, dass Haushalte nicht mehr als 4,5 Prozent des Haushaltseinkommens für Wasser- und Abwasserrechnungen zahlen sollten (d.h. 2,0 Prozent für Wasser und 2,5 Prozent für Abwasser). Diese Grenze wird in vielen Regionen der USA deutlich überschritten.

Das Problem der Erschwinglichkeit der Wasserkosten ist in Deutschland kein Problem. Wie die vom BDEW herausgegebene VEWA-Studie, die die Wasserpreise in Europa vergleicht, feststellt, belaufen sich in Deutschland die Ausgaben für Wasser und Abwasser auf durchschnittlich weniger als ein Prozent des verfügbaren Einkommens. Dies bestätigt auch der Deutsche Mieterbund. Dessen Pressesprecher Ulrich Ropertz erklärt auf meine Anfrage: „Die Nichtbezahlbarkeit von Wasserkosten hat sich bisher nicht als spezielles Problem für Mieterhaushalte herausgestellt. Dabei mag es durchaus eine Rolle spielen, dass im Zuge von Hartz IV die Kosten der Unterkunft und die Kosten der Heizung in einem angemessenen Umfang von Seiten der Leistungsträger übernommen werden.“ Sperrungen sind in Deutschland auch selten ein Problem. Roberts weiter: „Da aber gleichzeitig in aller Regel politischer Druck auf die Wasserversorger ausgeübt wird, unbeteiligten Mietern nicht den Wasserhahn zuzudrehen kommt es in der Praxis in aller Regel zu einvernehmlichen Lösungen.“ 

Sozialtarife für Trinkwasser sind angesichts des verhältnismäßig geringen Anteils an den Haushaltseinkommen und wegen der sozialen Sicherungssysteme hierzulande nicht erforderlich. In England haben fast alle Wasserversorger Sozialtarife eingeführt. Haushalte mit einem Einkommen von weniger als £16.105 und einer Wasserrechnung die über 3 Prozent ihres Netto-Haushaltseinkommens liegt, können eine Unterstützung beantragen. Damit wird ihre Rechnung bis zu 90 Prozent bezuschusst. Anders in den USA, die Sozialsysteme sind ähnlich wie die Versorgungssysteme in einem schlechten Zustand. Die Studie fordert daher Stützungszahlungen an die sozial Schwachen, damit sie sich das Wasser als Lebensmittel leisten können. Die Herausgeber der Studie resümieren daher: „Du denkst, dass der Zugang zu Wasser ein Problem nur in den Entwicklungsländern ist, aber es wird ein Problem in einigen Teilen der USA“.

Unvorstellbar, dass diese Verhältnisse von einer führenden globalen Wirtschaftsmächte berichtet wird, und es sich nicht um ein Entwicklungsland in Afrika oder Asien handelt. Das Problem ist aber wie in den USA auch in Europa die große Spreizung der Einkommensverhältnisse. Auch hier gibt einkommensschwache Schichten, die sich das Wasser und Abwasser nur schwer leisten können. In Deutschland greifen die Sicherungssysteme. Der Ausblick in die USA ist düster, denn wenn die finanzschwachen Kommunen keine staatlichen Mittel für die Wasserinfrastruktur erhalten, dann bleibt sie marode. Wasserpreiserhöhungen jedenfalls erscheinen schwierig, wenn die sozial Schwachen nicht entlastet werden. US-Präsident Trump wird an dem milliardenschweren Finanzierungsprogramm seines Vorgängers Obama festhalten müssen. Für politischen Sprengstoff ist gesorgt, denn ohne Wasser geht es nicht.

Quellen: