
Die Trump-Regierung hat fast alle Auslandshilfeprogramme der United States Agency for International Development (USAID) mit einem Federstrich zunächst beendet. Damit wurden auch Wasserprogramme im Nahen Osten gestoppt. Diese Form der Wasserdiplomatie sind aber für die Sicherheit der Region essentiell. Insbesondere im Flüchtlings-Hot-Spot Jordanien zeigt sich, welche Auswirkungen die Entscheidung haben könnte. Eine neue Eskalation könnte dramatische Folgen haben. Ich habe beim Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung nachgefragt, wie es in Jordanien und für das wichtige Geberland Deutschland weitergehen könnte. Geäußert hat sich zu dem Thema auch Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze und vor neuen Flüchtlingsströmen gewarnt.
Nachtrag vom 19.3.2025: Nach von den USA noch nicht bestätigten Informationen einer jordanischen Nachrichtenportals sollen die US-Finanzmittel u.a. für Wasserprojekte in Jordanien wieder freigegeben (Link siehe unten).
Die Bedeutung des USAID-Programms für die globale Sicherheit
Der Stopp der USAID-Aktivitäten ist nur ein Baustein, mit dem Präsident Trump seine „America First“-Strategie verfolgt. Aber seine Tragweite könnte die globale Sicherheit erschüttern. Diese Entscheidung beendet nicht nur eine Erfolgsgeschichte einer Organisation, die die Lebensbedingungen der Menschen im globalen Süden und in vielen Flüchtlingscamps verbessert hat, sie könnte sich auch die globale Sicherheit bedrohen. Seit 60 Jahren bekämpft USAID die Ausbreitung von Krankheiten und die Armut in über 120 Ländern.
Das Programm für den Ausstieg aus der USAID, wenn es überhaupt die Bezeichnung verdient, dürfte langfristig vorbereitet gewesen sein. Denn schon in seiner ersten Woche unterzeichnete Trump Durchführungsverordnungen, die den Großteil der Auslandshilfe für 90 Tage aussetzten. Wie das US-Außenministerium erklärte, seien über 6.000 ausländische Hilfszuschüsse von USAID überprüft worden, wovon nur 500 davon fortgesetzt werden. Wie Rigerosität das Vorgehens zeigt sich daran, dass die Websites des USAID einschließlich globalwater.org gelöscht worden sind.
Der Rückzug von USAID trifft viele Lebensbereiche und noch mehr Regionen. Einer davon ist Wasser. Experten für Wasserpolitik und nationale Sicherheit schließen infolge der Entscheidung des Präsidenten auch eine Bedrohung der nationalen Sicherheit der USA nicht aus. In der National Threat Assessment, einem jährlichen Bericht der US-Geheimdienste, wird immer wieder betont, dass der Klimawandel zu Nahrungsmittel- und Wasserknappheit führt, die das Risiko lokaler und regionaler Konflikte und grenzüberschreitender Migration erhöht, insbesondere im Nahen Osten, in Mittelamerika und in der Sahelzone. Diese Entwicklungen, so der Report, könne sich auch auf die Sicherheit der Vereinigten Staaten auswirken. Das hat die Trump-Administration nicht vom Stopp der Hilfeleistungen abbringen können. Welche Folgen sind zu befürchten?
Ohne USAID wäre es um die Wassersicherheit noch schlechter bestellt
Die US-Hilfsorganisation ist die bedeutendste Organisation für die globalen Wasserprogramme. 43 Länder haben allein 2023 nach Angaben von USAID von dem WASH-Hilfsprogrammen profitiert. Weltweit konnte für über 6 Millionen Menschen einen Zugang zu sicherem Trinkwasser verschafft und fast 4 Millionen Menschen den Zugang zu sanitären Einrichtungen ermöglicht werden. Die Hilfe für Wasseraktivitäten betrugen allein 2023 rund 1,2 Milliarden Dollar des Gesamtbudgets in Höhe von 40-Milliarden-Dollar. Für 2025 sind die Aktivitäten abgebrochen worden. Nur einem Urteil eines US-Richters ist es zu verdanken, dass beauftragte Leistungen der vielen Vor-Ort-Kräfte noch vergütet werden. Wie es weiter geht, ist offen.
Die WASH-Arbeit wurde auf der Grundlage des über den Water for the World Act von 2014 finanziert und zielt auf Länder mit hoher Priorität in Afrika südlich der Sahara, Asien und Lateinamerika ab. Eines der wichtigsten dieser unterstützen Länder – auch für die USA – dürfte Jordanien sein.

Flüchtlings-Hotspot Jordanien wird durch Wasserknappheit immer stärker bedroht
Jordanien leidet unter extremer Wasserknappheit. Gleichzeitig haben sich die Flüchtlingsströme infolge des Nah-Ost-Konflikts, den Bürgerkriegen und den ethnisch-religiösen Konflikten seit Jahrzehnten nach Jordanien bewegt. Daher ist das Königreich auf die Hilfe bei medizinischen, humanitären und wasserbezogenden Aktivitäten dringend angewiesen. Gleichzeitig gehört es weltweit zu den Ländern, die am meisten Geflüchtete im Verhältnis zur Bevölkerung aufnehmen. Nahezu die Hälfte der Bevölkerung Jordaniens hat einen Fluchthintergrund. Rund 2,3 Millionen palästinensische und 1,3 Millionen syrische Flüchtlinge haben in Jordanien Zuflucht gefunden. Die Bevölkerung ist innerhalb von zehn Jahren um fast 50 Prozent auf 11,1 Millionen Menschen im Jahr 2022 angestiegen. Hauptsächlich wegen des Zuzugs von Flüchtlingen. Bis 2040 soll die Bevölkerungszahl auf 16,8 Millionen wachsen. Gleichzeitig leidet das Land unter extremer Wasserknappheit, die durch die Auswirkungen des Klimawandels noch verstärkt wird. Jordanien ist ein Land, das über die geringsten Wasserressourcen pro Einwohner verfügt.
Ohne Unterstützung wird Jordanien die Wasserprobleme nicht lösen können
In den Sommermonaten ist das Land oft nicht mehr in der Lage, den Wasserbedarf zu decken und ist auf Wasserimporte aus Israel angewiesen. Der Jordan ist in manchen Bereichen nur ein Rinnsal. Der Yarmuk, im Norden aus Syrien kommend, wurde – entgegen bilateraler Verträge – vom Assad-Regime mehrfach aufgestaut. Seit dem Machtwechsel in Syrien hat Israel sich mit militärischen Mittel den Zugriff auf die Wasserresourcen im nördlichen Bürgerkriegsland gesichert.
Die Grundwasserreservoirs in Jordanien werden auf Dauer nicht mehr ausreichen. Die einheimische Bevölkerung und Flüchtlinge können nur dann auf Dauer versorgt werden, wenn neue Wasserquellen erschlossen werden, die Effizienz der Wassernutzung beträchtlich erhöht wird beispielsweise durch Tröpfenbewässerung und die Wasserverluste infolge maroder Leitungen massiv reduziert werden können. Große Hoffnung setzt das Land auf eine Transportleitung vom Roten Meer zum Toten Meer und eine Meerwasserentsalzungsanlage. Ohne die Unterstützung von ausländischen Geldgebern, die nicht nur die humanitäre Situation verbessern wollen, sondern sich im Gegenzug auch mehr Sicherheit versprechen, wird es nicht gehen. Ganz Ober auf der Geberliste standen bisher die USA mit USAID – und Deutschland.

Die USAID hatte bisher in Jordanien gemeinsam mit anderen Staaten und Hilfsorganisationen mit rd. 750 Millionen Dollar einen hohen Anteil an dem Erfolg bei der Verbesserung der Wasser- und Sanitärinfrastruktur. Aber bis zur Wassersicherheit in Jordanien ist noch ein langer Weg. Jetzt müssen andere Staaten die Lücke füllen, die die USA hinterlassen haben.
Verstärkte deutsche Hilfe für Jordanien? Ministerium prüft
Deutschland ist für Jordanien mittlerweile ein wichtiger Partner. Unlängst unterzeichneten beide Staaten Darlehensverträge in Höhe von 125 Millionen Euro für die nachhaltige Aufstellung des jordanischen Wassersektors. Mit den Geldern wird der Austausch maroder Leitungen finanziert werden, um Wasserverluste zu reduzieren. Darüber hinaus wird eine Reform zur nachhaltigen Finanzierung des Sektors gefördert. Auch beteiligt sich Deutschland finanziell und mit Beratungsleistungen am geplanten Bau einer der größten Meerwasserentsalzungsanlagen der Welt am Roten Meer. Im Oktober 2024 hatten Entwicklungsministerin Svenja Schulze und die jordanische Ministerin für Planung und Internationale Zusammenarbeit, Zeina Toukan, in Berlin den Finanzierungsvertrag über Zuschussmittel in Höhe von 65 Millionen Euro dafür unterzeichnet.

Ich habe beim Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), wie dort die Entwicklung eingeschätzt wird. Eine Sprecherin des BMZ bestätigte meine Einschätzung. „In der Tat stellt die Versorgung mit Trinkwasser in Jordanien eine enorme Herausforderung dar, gerade auch für die vielen Flüchtlinge, die das Land aufgenommen hat. Deshalb unterstützt das BMZ zusammen mit weiteren Partnern einschließlich der USA ein großes Meerwasserentsalzungsprojekt der jordanischen Regierung, um ganz Jordanien – Flüchtlinge und Aufnahmegemeinden – mit Wasser zu versorgen. Die USA waren dabei bislang der wichtigste Partner bei diesem Projekt. Nach unseren Informationen lief die US-Unterstützung für die Wasserversorgung in den Flüchtlingscamps bislang weiter, da „lifesaving services“ – also lebensrettende Dienstleistungen – von der US-Auszahlungssperre ausgeklammert wurden. Ob das Projekt aber zu den rund 1.000 (von zuvor rund 6.200) Projekten der US-Entwicklungszusammenarbeit gehört, die auch künftig weitergeführt werden sollen, haben die USA noch nicht kommuniziert.
Grundsätzlich beobachtet das BMZ die Auswirkungen des US-Rückzugs in der Entwicklungszusammenarbeit auf gemeinsame Projekte eng und ist mit seinen Partnern – insbesondere auch mit den unterstützten Partnerländern, in diesem Fall also Jordanien – dazu im Austausch. Optionen, ob bzw. wie auf den Wegfall von US-Mitteln reagiert werden kann, werden anlassbezogen geprüft. Klar ist aber: Weder Deutschland noch die EU werden die finanziellen und personellen Lücken füllen können, die die USA bei einem Rückzug als weltweit größter bilateraler Geber hinterlassen.“
Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) warnt in einem am heutigen Tage veröffentlichten Interview mit dem Handelsblatt, dass durch den Rückzug der USA aus der Entwicklungspolitik neue Flüchtlingsbewegungen entstehen können. „Wenn wir nicht wollen, dass andere darüber entscheiden, ob es Flüchtlingsströme aus dem Sahel gibt, dann sollten wir uns dort engagieren. Bei USAID sprechen wir von mehr als 40 Milliarden US-Dollar. Weder Deutschland noch die EU können die Lücken füllen. Zur Antwort muss darum gehören, neue Geber zu gewinnen, private Investitionen zu stärken und auf mehr Anstrengungen der Partnerländer zu setzen.
Weitere Flüchtlingsströme sind zu befürchten
Wir erinnern uns, US-Präsident Donald Trump hatte die wahnwitzige Idee, damit im Gaza-Streifen an der Mittelmeerküste eine „Riviera“ als Tourismusregion entwickeln werden kann, sollte Jordanien weitere Palästinenser als Flüchtlinge aufnehmen. Gleichzeitig aber sollte das Land ohne Hilfe der USAID auskommen. Was wären die Folge, wenn Jordanien ohne Hilfe mit mehr Flüchtlingen angesichts der katastrophalen Wasserbedingungen kollabiert und die Flüchtlingscamps nicht versorgt werden können? Könnte sich eine neue Migrationswelle in Gang setzen? Wäre die fragile „Stabilität“ im Nahen Osten gefährdet? Vieles spricht dafür, dass es in der Jordan-Region zu neuen Auseinandersetzungen kommen wird. Trump scheint das egal zu sein. Ausländische Hilfe, so Trump in der Durchführungsverordnung vom 20. Januar, sei „nicht mit den amerikanischen Interessen vereinbar und in vielen Fällen gegen die amerikanischen Werte gerichtet“. Wenn er sich da mal nicht irrt….
Ich werde Mitte April zu einer „Wasserreise“ nach Jordanien starten. Deren Ziel ist es, mir einen persönlichen Einblick von der Situation und der möglichen Entwicklung in dem Land zu verschaffen.
Quellen
- GLOBAL WATER STRATEGY 2024 ANNUAL REPORT, USAID auf der Website von Circle of Blue
- Nachtrag 19.3.: Exclusive: The United States Restores Most Grants to Jordan, AmmanNET
- The U.S. Global Food Security and Global Water Strategies: Increasing Coherence and Navigating Challenges, David Michel, Center for Strategic and International Studies (CSIS), 30.5.2024
- Resolving long-standing water dispute with Syria now ‚highly urgent‘, given northern neighbour’s new power shift– experts, JORDAN TIMES, 2.2.2025
- Deutschland unterstützt Jordanien bei der Versorgung von Flüchtlingen, Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) 5.11.2023
- Wasseraktivitäten der USAID: Globalwater.org (die Seite ist nicht mehr verfügbar)
- Jordaniens Ausweg aus der Wasserkrise, LebensraumWasser, April 2021
- Wie kann das Sterben des Toten Meeres verhindert und der „Wasserfrieden“ gesichert werden?, LebensraumWasser, Mai 2021
- Arabische Staaten wollen eine gemeinsame Wasserstrategie, LebensraumWasser, Februar 2025
- Jordan Is Running Out of Water, a Grim Glimpse of the Future, New York Times, 9.11.2022
Beitragsfoto Image by Dimitris Vetsikas from Pixabay
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