Auch wenn man die Bürgerferne der EU zuweilen beklagen mag, manchmal werden wir eingeladen, unsere Meinung zu sagen. Dann sollten wir es auch tun. „Öffentliche Konsultation“ nennt sich dieser Prozess, in dem die Europäische Kommission nicht nur die vielen Experten- und Lobbygruppen, sondern auch ihre 340 Millionen EU-Bürger um ihre Meinung fragt. In diesem Fall geht es um Wasser, ein Themenfeld bei dem die Brüsseler Institutionen nicht erst seit right2water gelernt haben, dass die Bürger ihre Mitspracherecht einfordern.
Worum geht es bei der Befragung ?
Konkret geht es um die Wiederverwendung von Wasser. Wegen der Wasserknappheit in manchen Regionen Europas und des Klimawandels will die EU auch das Wasser in die Kreislaufwirtschaft einbeziehen. Zwar weiß jedes Kind, dass der natürliche Wasserhaushalt ein Kreislauf ist, aber meistens wird das kostbare Naß nur einmal genutzt, bevor es wieder in die Natur geht. Es sind aber Mehrfachnutzungen nicht nur denkbar, sondern in manchen Ländern schon üblich. So gibt es im ressourcenarmen Singapur Trinkwasser, das vor seiner Aufbereitung Schmutzwasser gewesen ist. Auch wenn derart extreme und teure Aufbereitungen hier nicht erforderlich sein werden – schon gar nicht in Deutschland -, gereinigtes Wasser kann aber in der Landwirtschaft oder in manchen Bereichen der Industrie gut gebraucht werden. Viele Industrieunternehmen betreiben bereits eigene Kreislaufsysteme in ihren Werken. Bei Autowaschanlagen ist dies seit 2005 sogar gesetzlich vorgeschrieben. Jede zweite Anlage in Deutschland führt das Wasser – aufbereitet – im Kreislauf. Aber es gibt auch Vorbehalte, nämlich dann, wenn das Wasser mit Lebensmitteln in Berührung kommt. Beim Gedanken, dass gebrauchtes Wasser – auch wenn es gereinigt worden ist – im Gemüse steckt, erzeugt bei vielen ein diffuses Unbehagen.
Genau darum geht es jetzt der EU Kommission. Sie will, so die offizielle Lesart, „die Standpunkte von Interessenträgern und Bürgern zu den politischen Optionen für die Festlegung von Mindestqualitätsanforderungen für wiederverwendetes Wasser in der Europäischen Union einholen.“ Einfach gesprochen, fragt sie nach den Ansichten zum Nutzen der Wiederverwendung von Wasser und zu den Hindernissen, die ihr entgegenstehen. Auch wird nach den Befürchtungen gefragt. Insbesondere in der Landwirtschaft. Dabei dürfte der Einsatz zur Grundwasserneubildung, in dem das Wasser vor Ort versickert und damit Grundwasser bildet, weniger problematisch sein, als der Einsatz zur direkten Bewässerung. Zudem spielen wirtschaftliche Fragen eine Rolle. Schliesslich ist aufbereitetes Wasser meistens teurer als das Leitungswasser oder erst recht teurer als das von den Landwirten eingesetzte Grundwasser. Aber vielleicht gibt es auch dafür Lösungen. In Deutschland entwickeln jedenfalls junge, genauso wie etablierte Unternehmen innovative Aufbereitungsanlagen für Wasserkreislaufsysteme. Wie viele neue Technologien verdient diese Entwicklung noch schlagkräftige Impulse und mehr Akzeptanz. Zwar verfügen wir über eine ausgezeichnete, zumeist zentrale Infrastruktur, dennoch gibt es noch Lücken und neue Gebiete, auch im urbanen Raum, in denen dezentrale Kreislaufsysteme getestet werden könnten. Egal wie wir uns hier entscheiden, in Europa steigt der Handlungsbedarf und da sollten wir mitreden.
Wer kann, wer sollte mitmachen?
Alle Bürgerinnen und Bürger sowie Organisationen können an der Konsultation teilnehmen. Mitmachen sollte eigentlich jeder, der sich für das Wasser einsetzt. Wer sich um die Wasserqualität sorgt, sollte sich diese Gelegenheit zur Mitsprache nicht entgehen lassen- auch wenn manche Fragen setzen Vorkenntnisse voraussetzen; aber die kann man ja auch auslassen.
Wie geht es weiter?
Die als Online-Befragung gestaltete Konsultation ist in deutscher Sprache bis zum 27.1.2017 unter hier erreichbar.
Eine erste Konsultation zur umfassenderen Förderung der Wiederverwendung von Wasser wurde 2014 durchgeführt; die Ergebnisse flossen 2015 in den Aktionsplan der EU für die Kreislaufwirtschaft ein. Bei dieser zweiten Konsultation liegt der Schwerpunkt auf den detaillierteren politischen Optionen für die Festlegung von Mindestanforderungen an Wasser. Die Ergebnisse werden als Grundlage für die Folgenabschätzung dienen und nach der Auswertung veröffentlicht.
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