ParKli-Klimaforschung in Gewässern. Forscher entwickeln Wassersensoren für Bürgerforscher

Warmes Wasser mag bei Hygiene oder in der Wärmflasche etwas Gutes bewirken. In der Natur droht die Erwärmung der Gewässer die Lebensbedingungen für aquatische Arten zu verschlechtern und die Gewässerökosysteme zu beeinträchtigen. Aber wie soll die Erwärmung natürlicher Gewässer festgestellt werden? Informatik-Forscher aus Baden-Württemberg haben nun Sensor-Bojen als Frühwarnsystem für die Überwachung von Gewässertemperaturen entwickelt und stellen sie Umweltinitiativen zur Verfügung. Um mehr darüber zu erfahren, sprach ich mit dem Initiator Reiner Braun von der Hochschule Reutlingen. 

Die Erwärmung der Atmosphäre hat vielfältige Folgen. Davon bleiben auch die natürlichen Gewässer nicht unberührt. Wir Menschen erleben die Auswirkungen auf den Wasserkreislauf als Starkregenereignisse, erhöhte Verdunstung und einer allgemeinen Intensivierung von Wetterextremen. Die Folge sind häufigere und intensivere Hochwasser sowie verlängerte Dürreperioden. Letztere können das Wasserdargebot, aber auch die Wasserqualität beeinträchtigen. Wichtig ist es daher, Frühwarnsysteme einzurichten. So können dank Überwachung und Monitoring der Gewässer, einsetzende Veränderungen frühzeitig erkannt und geeignete Gegenmaßnahmen eingeleitet werden. Diese Systeme können zur langfristigen Sicherung der Ökosystemdienstleistungen beitragen und die Anpassung an veränderte klimatische Bedingungen unterstützen.

Frühwarnsysteme für Bürgerwissenschaft sollen helfen

Helfen ein Wassersensor, den ein Team aus Forschenden des Herman Hollerith Zentrum (HHZ) Böblingen der Hochschule Reutlingen und der open science for open societies gGmbH im Rahmen des Forschungsprojekts „ParKli – Partizipative Frühwarnsysteme zur Bekämpfung lokaler Folgen des Klimawandels durch Citizen Science Aktivitäten in der Umweltinformatik“ entwickelt haben. Reiner Braun forscht an der Hochschule Reutlingen eigentlich zum Food-Water-Nexus, damit sei er der einzige in dem Team, das ansonsten nur aus Informatik-Experten bestünde, der sich mit Wasser befasst. Wie der Name Parkli schon erkennen lässt, geht es den Internet of Things (IoT)-Spezialisten im Kern um die Bewältigung lokaler Klimafolgen unter Einbindung von Bürgerwissenschaftler*innen. Um die Veränderung der Gewässer sichtbar zu machen, haben sie daher spezielle Sensoren entwickelt, die neben der Temperatur der Gewässer auch deren pH-Wert und die Leitwerte erfassen. So soll ein Langzeitmonitoring möglich gemacht werden.

Handarbeit: Zusammenbau der Boje (Foto: ParKli-Team)

Gewässerüberwachung kann sich auf hochwertige Daten beziehen

Zurzeit testet das Team ein Online-Dashboard, wo die per LoraWAN von den mit Solarenergie betriebenen Sensor-Systemen eingespeist und visualisiert und öffentlich zugänglich gemacht werden sollen. „Öffentlich“ ist den Akteuren wichtig. Sie wollen lokale Initiativen einbeziehen. Diese sollen als Bürgerwissenschaftler*innen i.S.d. Citizen Science die Daten erheben und auswerten können, um bei Beeinträchtigungen frühzeitig Abhilfe gegen die Gewässererwärmung zum Beispiel durch Einleitungen oder Niedrigwasserstände veranlassen zu können. „Mit Hilfe von Messdaten“, so zeigt sich Braun überzeugt, „lassen sich die Behörden eher zum Handeln bewegen.“ Der ParKli-Wassersensor zur Überprüfung der Wasserqualität schaut aber nicht nur auf die Temperatur, er erfasst zusätzlich noch hochwertige Messreihen der Parameter pH-Wert und Leitwert in unterschiedlichen Wasserschichten. Bis zu 20 Meter Tiefe können die Sensoren Temperaturen erfassen. Eingesetzt werden kann er in Fließgewässern sowie in Seen und Teichen. Bei der schwierigen und umfassenden Aufgabe der Gewässerüberwachung kann der Sensor eine sinnvolle Unterstützung, z.B. für Angelvereine bieten, die oft für die Gewässerüberwachung zuständig sind. 

Call-to-action: Forschende bieten ParkLi-Wassersensor Interessierten kostenlos an

Auf die Frage, woher die Bürgerwissenschaftler die Wassersensor bekommen können, gibt es eine erfreuliche Antwort. „Der Sensor mit Boje könnte theoretisch nachgebaut werden, da alle Anleitungen und Spezifikationen als Open Source zur Verfügung gestellt werden sollen,“ erklärt mit Reiner Braun, „aber dann müssten sie Gruppen mit Sensorik und dem Bau von Sensoren bereits auskennen“. Hinzu kommt, dass der Weg auch viel Zeit kosten würde. Das Forscherteam möchte aber schnell starten. Gerne auch bundesweit. Dafür machte mir Reiner Braun einen tollen Vorschlag, quasi ein „win-win“: Da das Forschungsprojekt ParKli durch die Baden-Württemberg Stiftung im Rahmen des Programms “Innovationen zur Anpassung an den Klimawandel” gefördert wird, kann eine bestimmte Anzahl an Sensoren kostenlos zur Verfügung gestellt und in das Forschungsprojekt ParKli integriert werden. „Machen wir doch aus dem Blogbeitrag einen „Call-to-action“, in dem wir Interessierte einladen, sich bei uns zu melden. Wir bauen dann die Sensoren und begleiten die Einbindung in das Portal.

Open-Data, um möglichst viele Akteure einzubinden und Lösungen zu ermöglichen

Getestet wurde das Portal mit Dateneinbindung schon im Rahmen eines so genannten Hackathons. Studierende des Studienganges Human-Centered-Computing der Hochschule konnten darin die ersten Daten des Wassersensors bereits analysieren und im Portal, das auch eine FIWARE Schnittstelle bietet, veranschaulichen. So konnte der Umgang mit der Plattform einem ersten Praxistest unterzogen werden. Die Ergebnisse werden als Open Data zur Verfügung gestellt. So sollen Bürger, Behörden, aber auch Start-ups, die zum Beispiel weitergehende Anwendungen oder Geschäftsmodelle zur Lösung der Problematik entwickeln wollen, und dafür Daten benötigen, darauf zurückgreifen. „Viel zu häufig“, so erklärt mit Reiner Braun in unserem Gespräch, „werden Daten unter Verschluss gehalten.“ Die Daten werden via LoraWAN übermittelt. Die Funktechnologie ermöglicht ein energieeffizientes Senden von Daten über lange Strecken.  Alle sechs Minuten senden die Sensor-Bojen. Da sie mit Solarmodulen ausgerüstet sind, arbeiten sie bis zu zwei Jahre auf Seen oder Fließgewässern. 

Weitere Information bei Abschlussveranstaltung des Projektes am 21.6. in Böblingen

Wer mehr erfahren möchten und den Weg nach Böblingen nicht scheut, kann der Einladung zur Projektabschlussveranstaltung am 21. Juni 2024 folgen. Dort können Interessierte mehr über die Projektergebnisse und Erfolge des Projektes erfahren. Angekündigt sind inspirierende Beiträge, Anwendungsbeispiele und Diskussionen. Wer sich beteiligen will, kann sich dort auch schon auf den „Call-to-action“ in diesem Blogbeitrag beziehen und Reiner Braun ansprechen, der auch über folgende Emailadresse zu erreichen ist reiner.braun@reutlingen-university.de. 

Weitere Aktivitäten und Forschungsfelder von ParKli sind auf der Seite www.parkli.de  zu finden.

Hinweis zur Teilnahme an der Projektabschlussveranstaltung am 21. Juni 2024 :
Datum und Uhrzeit: 21. Juni 2024, 09:00 bis 15:00 Uhr
Ort: Herman-Hollerith-Zentrum, Danziger Str. 6, 71034 Böblingen.
Für Ihr leibliches Wohl wird gesorgt sein. Die Veranstaltung ist kostenlos.
Wir bitten um Ihre Anmeldung über den folgenden Link: https://forms.office.com/pages/responsepage.aspx?id=ZpRioBVYukuhdNr4zK874VG6q5gR…

Beitragsfoto: Wassersensor-Boje im Einsatz

Fotos: ParKli Creative Commons Attribution Share-Alike

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