NRW-Benchmarking Wasserversorgung dokumentiert, wie sich die Versorger für die Zukunft rüsten

In 2020 ist alles anders. Das gilt auch für die Abschlussveranstaltung des NRW Benchmarking Wasserversorgung. Statt Kranhaus im Kölner Rheinufer, fand sie heute im Home Office oder im Büro statt – via Webinar. Insoweit nicht überraschend, dass die Diskussion sich auf lediglich eine Teilnehmer-Frage reduzierte, was ganz sicher nicht an Tim Silberberger von Rödl&Partner lag, der sich bemühte, aus der Not eine Tugend zu machen. Ein Erfolg war das Benchmarking in seiner mittlerweile 12. Runden allemal. So nahmen wieder 111 Versorger aus NRW teil, 57 davon seit Beginn des Leistungsvergleichs. Auf drei Punkte geht der folgende Beitrag ein. Damit dürften die Fragen, ob die Wasserversorger – zumindest jene, die teilnehmen – in technisch-kapazitativer und ökonomischer Hinsicht in der Lage sind die Versorgungssicherheit auch unter erschwerten Bedingungen wie der Hitzeperiode 2018 zu bewältigen.

Im Hitzesommer 2018 keine Kapazitätsengpässe

„Die Versorgungssicherheit war auch im klimatischen Rekordjahr 2018 gesichert. So bestätigen die Auswertungen zur Ressourcenauslastung, dass auch für das durch hohe Temperaturen und eine langanhaltende Trockenphase geprägte Jahr 2018 keine gravierenden Kapazitätsengpässe zu verzeichnen waren. So wird die Schwelle einer 90-prozentigen Ressourcenauslastung bei 87 Prozent der Versorger noch nicht einmal am Spitzentag überschritten. Ein, wie ich meine aufschlussreiches Datum, dass sich womöglich durch den Stundenspitzenwert relativieren. Zudem, so führt der Abschlussbericht weiter aus, dürften die nordrhein-westfälischen Wasserversorger angesichts zunehmender Extremwetterereignisse zukünftig weiteren Herausforderungen gegenüberstehen. Das wird sich in den 2019er Daten, die in dem jetzt gestarteten Folgeprojekt 2020/21 erfasst werden, wahrscheinlich bewahrheiten.“

Kostendeckungsgrad auf hohem Niveau

„Anhand der Gruppe der 57 Mehrfachwiederholer lässt sich schlussfolgern, dass die Versorger in Nordrhein-Westfalen überwiegend nachhaltige Wasserentgelte vereinnahmen. Nach der ansteigenden Entwicklung des mittleren handelsrechtlichen Kostendeckungsgrads in den Vorjahren ist für das aktuelle Berichtsjahr ein leichter Rückgang zu verzeichnen. Über den gesamten Zeitraum zwischen 2008 und 2018 rangiert der Mittelwert zwischen 112 und 115 Prozent, sodass der Zeitreihenverlauf keine größeren Auffälligkeiten zeigt. Neben auskömmlichen Gesamterlösen ist für eine solide Finanzierung der Wasserversorgung auch die Erlösstruktur von elementarer Bedeutung. So wird die traditionell durch variable Bestandteile geprägte Erlösstruktur im Sinne eines ökonomisch nachhaltigen Wirtschaftens in den letzten Jahren vielerorts sukzessive an die Kostenstruktur angepasst, die bei Wasserversorgern überwiegend von fixen Kostenbestandteilen dominiert wird. Von einer entsprechenden Anpassung der Erlösstruktur profitieren einerseits die Versorger in Form einer größeren Erlösstabilität, andererseits führt dies durch eine stärkere Berücksichtigung der Vorhalteleistung in den Entgelten aber auch zu einer höheren Gerechtigkeit aufseiten der Kundinnen und Kunden.“ Genau diese Aspekte führen wir in den Preisumstellungsprojekten bei Stadtwerken regelmäßig an. Sie werden, plausibel und nachvollziehbar argumentiert, auch von den Stakeholdern und Kunden akzeptiert und gut geheißen. Das Benchmarkingprojekt liefert die Rechtfertigung für das Vorgehen.

„Den Mehrfachwiederholern gelingt es, die durchschnittliche Kostensteigerung über den inzwischen elfjährigen Betrachtungszeitraum bei unter einem Prozent zu halten. Die allgemeine Preissteigerungsrate wird somit deutlich unterschritten. Besonders bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass für 23 Prozent der Mehrfachwiederholer zwischen 2008 und 2018 sogar ein Rückgang der Gesamtkosten zu verzeichnen ist.“

Diese Erkenntnisse könnten als Beleg für die Kostendisziplin der Wasserversorger in NRW angesehen werden.

Fixe Erlösbestandteile steigen auf nachhaltiges Niveau

„Wie Abbildung 14 für die Gruppe der Mehrfachwiederholer zeigt, sind die fixen Erlösanteile über den Betrachtungszeitraum kontinuierlich gestiegen. Zwischen 2008 und 2018 verzeichnen sie in NRW einen Anstieg von im Mittel 16,7 Prozent auf 23,3 Prozent. (Zur Information: auf Bundesebene sind sie 2019 auf gerade mal 16,3% angestiegen) Insofern deuten die Ergebnisse auf eine hohe Sensibilität der Versorger für eine nachhaltige Entgeltgestaltung hin. Inwieweit ein ggfs. fortschreitender Klimawandel dazu beiträgt, dass künftig variable Preisbestandteile wieder eine größere Rolle in Tarifmodellen der Wasserversorgung spielen, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt zwar noch nicht beurteilen, einzelne Versorger haben jedoch mindestens erste diesbezügliche Diskussionen – etwa im Hinblick auf eine mögliche Lenkungswirkung verbrauchsabhängiger Preisbestandteile – angestoßen“, erklärt der NRW-Abschlussbericht.

Dieser Erwartung muss ich mit meiner Erfahrung mit dem Wasserspar-Verhalten und aus Kundenbefragungen widersprechen. Die Ergebnisse von Analysen der Preiselastizität der Nachfrage belegen eindeutig, dass die Verbraucher auf Wassersparimpulse durch die Wasserpreise nicht reagieren (können). Ist auch plausibel, denn ein Mieterhaushalt mit pauschaler Betriebskostenabrechnung kann einen Preisimpuls nicht wahrnehmen. Zudem, und das zeigen alle Befragungen, kennen Verbraucher ihre Wasserpreise gar nicht. Wie sollen sie dann auf die Impulse reagieren? Sollten die Versorger dagegen angesichts der klimabedingt hohen Verbräuche der Jahre 2018 und 2019 auf steigende Erlöse spekulieren, dann könnte dies eine Wette auf die Zukunft sein.

Alles weitere können Interessierte dem Abschlussbericht entnehmen, der heute veröffentlicht worden ist.

Quellen

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