Der Trinkwasserqualität auf der Spur. Bürgerwissenschaftler untersuchen Hausleitungen

Wer bei „CSI“ an kriminalistische Arbeit denkt, liegt bei diesem Projekt nicht ganz verkehrt: „CS:iDrop®“. Hinter dem sperrigen Akronym verbirgt sich ein bürgerwissenschaftliches Projekt von Partnern rund um die Uni Bochum. In dessen Fokus steht die Wasserqualität auf dem letzten Meter bis zum Wasserhahn und die Kommunikation darüber. Mit der dann erreichten Transparenz könnte die Akzeptanz des Leitungswassers gesteigert werden. Für eine Breitenwirkung über das Projekt hinaus, wäre der Gesetzgeber gefordert. Die Umsetzung der Trinkwasserrichtlinie böte einen idealen Anlass.

Licht in das Dunkel der Trinkwasserhausinstallation

Die Trinkwasserqualität in Deutschland muss strengen gesetzlichen Anforderungen genügen. Maßgeblich dafür ist die Trinkwasserverordnung. Sie regelt die zulässigen Inhaltsstoffe im Trinkwasser, das die Wasserversorger über ihr Leitungsnetz bis zum Hausanschluss – genauer: bis zum Wasserzähler – transportieren. Danach fließt das Trinkwasser durch die Leitungen im Haus, gelangt womöglich in zusätzlich verbaute Filter und kann bei Öffnung der Wasserhähne, den Armaturen, entnommen werden. Wie es in der aber Hausinstallation aussieht, lässt sich ableiten, wenn Wasserproben genommen und diese analysiert werden. Das findet aber nur selten statt. Mieter sind oft hilflos, denn Vermieter sehen sich nur selten in der Pflicht. Das könnte sich allenfalls ändern, wenn der deutsche Gesetzgeber im Zuge der Umsetzung der EU-Trinkwasserrichtlinie erkennt, dass das die darin verankerten Transparenzpflichten auch für „den letzten Meter“ gelten muss, der Vermieter somit – wie der Wasserversorger (schon heute) – in von der Auskunftspflicht erfasst werden muss.

Bürgerschaftliche Wissenschaft kann Vertrauen stärken

In Bochum findet jetzt ein womöglich beispielhaftes Projekt statt. Dort sind Bürger*innen im Rahmen eines sogenannten „Citizen Science Projektes zur Wasserqualität auf dem letzten Meter“ zur Mitarbeit aufgerufen. Das Projekt wird von Prof. Dr. Katrin Sommer, Inhaberin des Lehrstuhls für Didaktik der Chemie der Ruhr-Universität Bochum (RUB), und Prof. Dr. Joachim Wirth, Inhaber des Lehrstuhls für Lehr-Lernforschung der RUB, koordiniert. Mit dabei auch der Wasserversorger, die Stadtwerke Bochum. Das Projekt wird für vier Jahre vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit 600.000 Euro gefördert.

Um herauszufinden, welche Qualität das Trinkwasser hat, das aus den häuslichen Wasserhähnen kommt, und wie sich diese von seiner Qualität an der Übergabestelle ins Haus unterscheidet, stattet das Projektteam die mitmachenden Bürgerwissenschaftler*innen mit Analysekoffern aus. So können diese ihr Wasser direkt bei sich zu Hause ein erstes Mal untersuchen. Außerdem sind Messlokale zum gemeinsamen Messen dieser Wasserproben geplant. Der Fokus geht aber über die Erfassung und Analytik des Wassers hinaus. Unter dem Projekttitel „Citizen Science: Investigation of Drinking-Water of and by the Public” steht auch die Kommunikation über die Ergebnisse im Fokus. Zu diesem Zweck nutzt das Team eine für jedermann zugängliche Open-Access-Plattform zum Austausch der von den BürgerInnen ermittelten Daten zur Wasserqualität. Mit einer eigens konzipierten App können die Bürger*innen ihre Daten direkt in die Plattform einstellen. In gemeinsamen Veranstaltungen können BürgerInnen und die Expert*innen über die Wasserqualität ins Gespräch kommen.

Qualitätstransparenz auf dem letzten Meter. Die EU-Trinkwasserrichtlinie setzt hier Maßstäbe

In ähnlichen Projekten in den USA und in den Niederlanden hat sich gezeigt, dass durch die Einbeziehung der Verbraucher in die Untersuchung des Trinkwassers und die Kommunikation darüber das Vertrauen in die Trinkwasserqualität deutlich gesteigert haben. Dieser Aspekt gewinnt gerade bei der Umsetzung der EU-Trinkwasserrichtlinie in deutsches Recht besondere Bedeutung. Zwar richtig sich hierbei der Fokus in erster Linie auf die Transparenz- und Informationspflichten des Wasserversorgers, hierbei auch auf die Vermieter einzubeziehen, wäre ein Gedanke. Denn schliesslich sind sie Betreiber einer Trinkwasseranlage. Gemäß der EU-Trinkwasserrichtlinie, die gegenwärtig vom u.a. vom Bundesgesundheitsministerium in deutsches Recht übersetzt wird, demnach „müssen benutzerfreundliche Informationen – z.B. über Qualitätsaspekte und Preise – künftig für die Verbraucherinnen und Verbraucher online zur Verfügung stehen. Außerdem sollen Verbraucherinnen und Verbraucher noch besser über den richtigen Umgang mit Trinkwasser informiert werden, d.h. sowohl mit Blick auf ressourcensparenden Umgang als auch die Vermeidung des Konsums von abgestandenem und damit qualitativ schlechterem Wasser.

Viele Mieter fragen sich, wie die Qualität des vom Wasserversorger angelieferten Trinkwassers womöglich durch die Hausinstallation verändert wird. Gerade die Pandemie hat diese Unsicherheit verstärkt. Denn dort, wo in den Einkaufsstraßen die Restaurants, Kneipen oder Ladengeschäfte über viele Wochen ungenutzt sind, darüber aber Mietwohnungen liegen, fragen sich viele Mieter zurecht, wer darauf achtet, dass die leerstandsbedingte Stagnation in Trinkwasserleitungen im Erdgeschoss nicht auch ihr Wasser beeinträchtigt, sofern die Systeme miteinander verbunden sind. Die Anfragen zeigen, dass hier Informationsbedarf besteht – und wie die Reaktionen zeigen, offenkundig auch auf Seiten der Hauseigentümer bzw. Vermieter, denn diese sind für die Trinkwasserqualität in ihrem Gebäude verantwortlich. Wenn also die Politik will, dass das Vertrauen in die Trinkwasserqualität wächst und die Menschen zum Leitungswasser statt zum Flaschenwasser greifen, dann müssen sie auch zu mehr Transparenz beitragen. Die Wasserwende endet nicht an der Haustür.

Mehr als diese Presseinformation gibt es zu dem Projekt leider noch nicht.

Beitragsphoto: Canstockphoto (c) castaldostudio

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