Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und der Naturschutzbund Deutschland (NABU) haben Beschwerde bei der Europäischen Kommission eingelegt, weil Deutschland die Europäische Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) missachte. Die Umweltverbände fordern die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen Deutschland, da die Planungen und gesetzlichen Vorgaben zum Gewässerschutz nicht ausreichten, um die EU-Vorgaben zu erfüllen. Grundlage der 36 Seiten langen Beschwerde ist eine bundesweite Analyse der Umweltverbände der sogenannten WRRL-Bewirtschaftungspläne und Maßnahmenprogramme.
Laut einer aktuellen Analyse des Umweltbundesamts erreichen lediglich 8,2 % der Oberflächengewässerkörper in Deutschland einen sehr guten oder guten ökologischen Zustand. Daher attestiert der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger der deutschen Umsetzungspraxis nach ein Armutszeugnis. Hier läge Deutschland mit Platz 21 von 26 im europäischen Vergleich weit hinten. Nach Einschätzung der Anwältin Franziska Heß von der beauftragten Kanzlei Baumann Rechtsanwälte (Würzburg) sind die bisher erstellten Bewirtschaftungspläne mit groben Mängeln behaftet. So seien beispielsweise Kleingewässer aus der verpflichtenden Einhaltung der Umweltziele ausgenommen, weniger strenger Umweltziele in vielen Fällen nicht begründet und konkrete Maßnahmen zur Erreichung der Umweltziele nur unzureichend geplant und durchgeführt worden. Defizite seien in praktisch allen Bundesländern festgestellt worden.
„Das Kompetenzgewirr von Bund und Ländern führt dazu, dass an unseren großen Flüssen wie Rhein, Weser oder Elbe keine Maßnahmen zur Gewässerentwicklung durchgeführt werden“, kritisierte NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller. Ein Kritikpunkt ist der Zuständigkeitskonflikt zwischen Bund und Ländern an Bundeswasserstraßen. Aus den nationalen Rechtsvorschriften ist derzeit nicht eindeutig ersichtlich, wer Maßnahmen zur Verbesserung des Gewässerzustands umsetzen muss. Ein Lichtblick sei das „Bundesprogramm Blaues Band“ mit den Rechtsänderungen einhergehen sollen, allerdings erst in einigen Jahren. „Wenn die EU jetzt nicht eingreift, wird Deutschland die europäischen Gewässerschutzziele verfehlen. Nicht nur die Natur, auch die Gesellschaft bezahlt, wenn Flüsse und Auen ihre Funktion zur Nähr- und Schadstofffilterung, zum Hochwasserschutz sowie für Freizeit und Erholung nicht mehr erfüllen können“, warnte Miller.
Die EU schreibt vor, dass für jedes Gewässer genau beschrieben wird, welche Probleme vorliegen und was geplant ist, um diese zu beheben. Die bundesweite Analyse der Umweltverbände ergab jedoch, dass diese Informationen in den deutschen Bewirtschaftungsplänen und Maßnahmenprogrammen oft unvollständig sind. Problematisch sei zudem, dass Gewässerschutzmaßnahmen auf freiwilliger Basis umgesetzt werden. Sogar die Länder selbst zweifelten diese Umsetzungsstrategie mittlerweile an, erklären die Verbände.
Laut der europäischen Wasserrahmenrichtlinie sollen Flüsse, Seen, Übergangsgewässer, Küstengewässer und Grundwasser spätestens bis zum Jahr 2027 in einem „guten Zustand“ sein. Für den Weg dahin hat die Europäische Union den Mitgliedstaaten einen klaren Zeitplan und drei sechsjährige Bewirtschaftungszyklen vorgegeben. Das bisher Erreichte bleibt nach Auffassung der Umweltverbände deutlich unter den gesetzten Zielen.
Die Frage, warum nicht zunächst in der Bundesrepublik geklagt worden ist, wird im Beschwerdevordruck wie folgt beantwortet: „Weitere rechtliche Schritte haben die Beschwerdeführer in der Bundesrepublik Deutschland nicht unternommen, da gegen die Bewirtschaftungspläne in Deutschland nach derzeit geltendem Recht kein Rechtsbehelf vorgesehen ist.“ Also muss sich die EU-Kommission damit befassen.
Weiterführende Informationen
- Beschwerde bei der EU-Kommission
- Pressemitteilung des BUND
- Analyse des Umweltbundesamtes zur Wasserrahmenrichtlinie
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