Mit diesen Verboten sollen in Hessen mögliche Wassernotstände bekämpft werden

Hessen ist eines der Bundesländer, in denen Trockenheit und Dürre auf einen steigenden Wasserbedarf stossen. Das Land bereitet sich bereits seit einigen Jahren intensiv auf die Auswirkungen der Klimakrise vor. Mit dem Klimaplan Hessen und dem Zukunftsplan Wasser fühlt sich die Landesregierung für die Herausforderungen gut aufgestellt. Mit dem Maßnahmenplan „Trockenheit und Dürre“, den die Umweltministerin Patricia Hinz unlängst vorstellte, wird das Umweltministerium jetzt konkreter. Dabei wurde auch ein Muster für eine Gefahrenabwehrverordnung vorgestellt, die im Falle eines Wassernotstandes zu Zuge kommen soll. In diesem Beitrag möchte ich die Liste der Verbote vorstellen, die im Falle eine Wassernotstandes bei der Verwendung von Trinkwasser aus dem öffentlichen Leitungsnetz greifen werden. So mancher Pool könnte künftig leer bleiben und so manche Rasenfläche trocken.

Mustersatzung soll Verbotsregelungen vereinheitlichen

Bundesweit explodieren in diesem Sommer die Gefahrenabwehrverordnungen zur Einschränkung der Trinkwassernutzung und die Allgemeinverfügungen mit Untersagungen der Wasserentnahmen aus Bächen, Seen und Flüssen. Erster stammen von den Kommunen, letztere von den Landkreisen und kreisfreien Städten. Um die Bürger im Vorfeld zu informieren und sensibilisieren haben zahlreiche Kommunen lokale Wasserampeln vorgeschaltet. Mit ihnen wird an die Bevölkerung in mehreren Stufen appelliert, freiwillig die Nutzung des Trinkwassers aus der öffentlichen Wasserversorgung einzuschränken. Nach der „roten Ampel“ kommt dann die Gefahrenabwehrverordnung. Das Land will diese Vorgehensweise stärker standardisieren und überregional steuern lassen.

Das Land hat den Kommunen daher jetzt eine Muster-Gefahrenabwehrverordnung für den Trinkwassernotstand zur Verfügung gestellt. Mit diesem Muster definiert das Land stellvertretend für die Kommunen jene Wassernutzungen, die im Fall eines Notstandes verboten sind, und regelt, welche Ausnahmen zum Beispiel als Anwendungsfälle oder zeitlich ggf. zulässig sind. Ungeachtet dessen, können die Bürgermeister bzw. Räte auch Ausnahmen zulassen. Ein Trinkwassernotstand liegt vor, wenn die Versorgung mit Trinkwasser gefährdet ist. Dies ist insbesondere der Fall, wenn das in den Versorgungsanlagen zur Verfügung gestellte Wasser zur Wasserversorgung des Gemeinde-oder Stadtgebietes oder eines Teilgebietes nicht ausreicht. Die Ursachen dafür sind nahezu überall dieselben. Die Wassernutzer

Übrigens: anders als beim Trinkwasser, für das die Kommunen zuständig sind, kann der Lebensraum Wasser, das sind Flüsse, Bäche und Seen, in langen Trockenphasen durch die Wasserbehörden geschützt werden. Bei sehr niedrigen Wasserständen und anhaltender Trockenheit würden sie den sogenannten Gemein- und Anliegergebrauch (genehmigungsfreie Entnahmen) durch Allgemeinverfügungen untersagen. Davon sind mittlerweile weite Teile Hessens insbesondere Osthessen und der Großraum Rhein-Main sowie der Taunus betroffen.

Künftig wird es eine lange Verbotsliste geben

Auf welche Einschränkungen müssen sich die Hessen im Falle eines Wassernotstandes bei der Verwendung von Trinkwasser und der darauf basierenden Gefahrenabwehrverordnung nach dem Muster der Landesregierung einstellen? Die Antwort kurz gefasst: Viele Anwendungsfälle im Aussenbereich werden nicht mehr zulässig oder zumindest zeitlich eingeschränkt sein. Gartenbesitzer, Poolbetreiber, Autofahrer und Landwirte werden genau hinausschauen müssen, was sie noch dürfen und insbesondere auch wann und aus welchen Gründen. Die „Abwehrbewässerung“ dürfte eine besondere Bedeutung bekommen. Dabei geht es um die Abwehr von Schäden durch die Inanspruchnahme einer Ausnahme vom Bewässerungsverbot.

  1. Das Bewässern von Rasenflächen ist grundsätzlich verboten, auch wenn bleibende Schäden an den Rasenflächen entstehen könnten. Damit ist die sogenannte „Abwehrbewässerung“ unzulässig.
  2. Das Bewässern öffentlicher oder betrieblicher Grünanlagen (ausgenommen Rasenflächen) ist grundsätzlich verboten. Allerdings ist hierbei die Abwehrbewässerung zulässig, wenn sie vor 10.00 Uhr morgens und nach 20:00 Uhr abends stattfindet. Allerdings darf sie nur maximal 2 Mal je Woche erfolgen.
  3. Das Bewässern von nicht erwerbsmäßig genutzten Gärten und Kleingärten sowie privater Grünanlagen (ausgenommen Rasenflächen), einschließlich Bewässern von Bäumen und Sträuchern ist grundsätzlich verboten. Es sei denn, die Erleichterungen zur Abwehr bleibender Schäden an den Grünanlagen, d.h. die Abwehrbewässerung ist können in Anspruch genommen werden. Dann muss sie ebenfalls vor 10.00 Uhr morgens und nach 20:00 Uhr abends stattfinden und nur maximal 2 Mal je Woche erfolgen.
  4. Be- und Nachfüllen von Zisternen ist grundsätzlich verboten. Es sei denn, das gesammelte Wasser dient der Abwehrbewässerung für Grünanlagen (Nr. 2) oder Gärten (Nr. 3) oder das in Zisternen gesammelte Wasser soll anschließend im Haushalt verwendet werden.
  5. Springbrunnen, Laufbrunnen und Wasserspielanlagen dürften künftig trocken bleiben, wenn sie nicht über einen Wasserkreislauf verfügen. Allerdings sind hierbei auch hygienische Belange zu beachten. Was das bedeutet, wird zwar nicht erläutert, es dürfte aber darum gehen, das Kreislaufwasser durch den Frischwasserzufluss hygienisch einwandfrei zu halten. Gerade bei Wasserspielen für Kinder werden hier andere Maßstäbe gesetzt werden, wenn die Wasserspiele nicht vorsorglich abgestellt werden.
  6. Poolbesitzer werden umdenken müssen, denn das erstmalige Befüllen sowie das Nachfüllen von Wasserbecken, privaten und betrieblichen Schwimmbecken sowie künstlichen Teichen und ähnlichen Einrichtungen wird im Falle eines Trinkwassernotstandes verboten sein. Ausnahmen gibt es für Teiche, wenn „ein Nachfüllen zur Abwehr von Gefahren für das tierische oder pflanzliche Leben im Teich notwendig ist„. Nicht betroffen sind Öffentliche Schwimmbäder, die sind von dem Verbot ausgenommen.
  7. Die Sportvereine werden auf das Bewässern und Befeuchten ihrer Sportanlagen zumindest in der Zeit von 10:00 Uhr bis 20:00 Uhr verzichten müssen. Allerdings gibt es Ausnahmen für Sand- und Kunstrasenplätzen (auch Tennissandplätzen), diese dürfen auch tagsüber höchstens 5 Minuten pro Stunde eine Oberflächenbewässerung erhalten.
  8. Das Abspritzen von Terrassen, Wänden, Hof- und Wegflächen sowie von Anlagen (z.B. bauliche Anlagen, Maschinen) ist verboten, soweit das Abspritzen nicht zur Aufrechterhaltung des Betriebes (z.B. Vorbereitung von Reparaturarbeiten, Beachtung hygienischer Belange) zwingend erforderlich ist. Das Verbot gilt nicht für die gewerbliche Verwendung von Dampfstrahlgeräten sowie Hochdruckreinigern.
  9. Die AutofahrerInnen werden sich auf strengere Regeln einstellen müssen. So ist das Betreiben von Fahrzeugwaschanlagen verboten, sofern nicht durch Kreislaufführung oder sonstige Sparmaßnahmen weniger als 25 Liter pro Fahrzeug verbraucht werden. Das Verbot gilt nicht für die Verwendung von Dampfstrahlgeräten und Hochdruckreinigern. Das Waschen von privaten und betrieblichen PKW „vor der Haustür“ bzw. außerhalb von Fahrzeugwaschanlagen ist verboten (Hinweis: das sollte eigentlich ehedem bei PKW nicht stattfinden, denn so gelangen Schmierstoffe und Reinigungsmittel in die Böden oder Gewässer). Es sei denn das Reinigen ist betrieblichen Gründen (z.B. Beachtung hygienischer Belange, Aufrechterhaltung der Verkehrstüchtigkeit) zwingend geboten.
  10. Verboten ist auch die Beregnung von landwirtschaftlich oder forstwirtschaftlich genutzten Flächen sowie für die Beregnung im Erwerbsgartenbau in der Zeit von 10:00 Uhr bis 20:00 Uhr. Ausgenommen ist die Beregnung von landwirtschaftlichen oder forstwirtschaftlichen Versuchsflächen, wenn eine Beregnung zur Verwirklichung des Versuchszweckes zwingend erforderlich ist.
  11. Verboten ist auch das Kühlen von Anlagen und Anlagenteilen am fließenden Wasserstrahl, durch Berieseln oder mittels Durchlaufkühlung. Dies gilt nicht für gewerblich/industrielle Betriebe, wenn die Wasserentnahme und -verwendung zur unmittelbaren Aufrechterhaltung des Betriebes aus existentiellen Gründen dringend erforderlich ist, oder zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zwingend erforderlich ist.

Auch überregionale Regelungen sind möglich

Wird übrigens ein überregionaler Notstand erkannt, können die Regierungspräsidien Kassel, Gießen oder Darmstadt einen überregionalen Wassernotstand erklären. Dadurch werdendie davon betroffenen kommunalen Gefahrenabwehrverordnungen der Städte und Gemeinden automatisch außer Kraft gesetzt. Die Regierungspräsidien werden dann eine eigene übergreifende Gefahrenabwehrverordnung erlassen, wenn die kommunalen bei einem drohenden Trinkwassernotstand nicht wirken. Voraussetzung dafür ist ein drohender Trinkwassernotstand im gesamten Regierungsbezirk oder in Teilen eines Regierungsbezirks. Damit wären dann alle möglicherweise erlassene lokalen Ausnahmen mit einem Schlag hinfällig. Bei Abwehr einer überregionalen Gefahr könnte als ultima ratio auch eine Gefahrenabwehrverordnung für das ganze Land oder Teile davon erlassen werden. Dieses würde dann die Landesregierung erlassen.

Fördertöpfe sollen Landwirte beim Wassersparen unterstützen

Das Land fördert die Landwirtschaft bei der Investition in Bewässerungsanlagen, durch die eine Wassereinsparung mit dabei festgelegten Mindestwerten erreicht wird, mit bis zu 30 Prozent der zuschussfähigen Investitionskosten. Für bestimmte geschlossene, rezirkulierende Bewässerungssysteme für Sonderkulturen ist auch eine 40 Prozent-Förderung möglich. Voraussetzung ist, dass für das Gebiet, in dem die Investition getätigt werden soll, eine weitere Genehmigung zur Wasserentnahme erteilt werden kann. Die Einschränkung im Hinblick auf die Genehmigungsfähigkeit der Entnahmen scheint noch klärungsbedürftig sein.

Aufruf zum Wassersparen, mit Folgen für die Wasserpreise und Gefahren für die Hygiene

Es bleibt zu hoffen, dass es nicht so weit kommen wird. Die meisten Wasserversorger sehen das Problem ehedem nicht in der Gesamtmenge, sondern in den Spitzenverbräuchen zu bestimmten Tageszeiten. Da ist es schon richtig, dass Bewässerungsverbote in den Mittagsstunden verboten sein werden. Eigentlich ist es schon jetzt eine unsinnige Verschwendung, wenn die Sprenger in der Mittagshitze laufen. Zu viel Wasser geht als Verdunstung verloren. Auch ist es richtig, dass die hessische Landesregierung im Zuge dieser Maßnahmen auch so genannten Zisterensatzungen vorschlagen wird. Damit soll die Nutzung von Niederschlagswasser für die Gartenbewässerung aber auch zur Toilettenspülung zur Schonung des Wasserhaushaltes und zur Entlastung der Kanalisation bei Starkregen gefördert werden. Das Maßnahmenpaket Regen- und Brauchwassernutzung findet sich auch im Zukunftsplan Wasser des Landes Hessen. Dabei soll Betriebswasser oder Brauchwasser zur Substitution von Trinkwasser auch in den Wohngebäuden zum Einsatz kommen.

Neben diesen restriktiven Regelungen im Falle eines Trinkwassernotstandes ruft die hessische Umweltministerin zum landesweiten Wassersparen auf. „Alle können einen Beitrag zum Wassersparen leisten und insbesondere in langen Trockenphasen dafür sorgen, dass der Wasserverbrauch nicht noch durch zusätzliche Nutzung, wie das Befüllen privater Pools oder das intensive Bewässern von Gärten steigt. Das Hessische Umweltministerium gibt daher in einer Social Media-Kampagne Tipps zum Wassersparen und klärt über das Thema Wasser auf“, heißt es in der Pressemitteilung.

Die Wassersparappelle scheinen in einigen Regionen schon zu fruchten, denn von immer mehr Wasserversorgern ist zu hören, dass die spezifischen Wasserverbräuche, also die pro Kopf der Bevölkerung rückläufig sind. Jüngst waren es die Metropolen Leipzig und Berlin, die den Rückgang verkündet haben. Das Statistische Bundesamt hat erst kürzlich mit Zahlen für 2022 gezeigt, dass der Wasserverbrauch auch bundesweit auf dem Rückzug ist. Die Spitzenwerte von 2018 werden dank des sorgsameren Umgangs mit Wasser womöglich der Vergangenheit angehören. Ungeachtet dessen scheint es vor dem Hintergrund der angespannten Wasserversorgungssituation gerade in Hessen alternativlos, das weiter Wassersparen zu intensivieren. Dabei müssen die Qualität des Wassers und die Kostenverteilung stets im Blick gehalten werden.

Für die Reinigung der Trinkwassernetze ist es aus hygienischen Gründen erforderlich, nur Trinkwasser zu verwenden. Jeder zusätzliche Reinigungsvorgang bedeutet eine Verringerung der Wasserressourcen und verursacht Kosten. Für Wasserversorger und Abwasserentsorgungsunternehmen ist dies jedoch kostengünstiger als der Abbau des überdimensionierten Wasserversorgungssystems. Extreme Wasserersparnis ist also nicht sinnvoll, weil das zu Problemen im Wasserversorgungssystem führen kann. Trotzdem ist es wichtig, sparsam mit Wasser umzugehen. Wenn man anstatt viermal jetzt nur zweimal in der Woche duscht, schadet man damit nicht der Trinkwasser- und Abwasserinfrastruktur. Im Gegenteil: Man tut damit dem Klima, der Umwelt und dem eigenen Geldbeutel etwas Gutes.

Denn auch das gehört zur Wahrheit dazu: Wenn die Mengenpreise sehr hoch sind oder es gar keinen mengenunabhängigen Jahresgrundpreis gibt, wird die Wasserversorgung über Einnahmen finanziert, die starken Schwankungen unterworfen oder in Folge des Wassersparens dauerhaft rückläufig sind. Unter Druck geraten dann auch die Wasserversorger. Das wiederum könnte zu Lasten der Infrastruktur gehen. So kurios das auch klingen mag, aber wenn die Verbraucher beim Wasser sparen, dann müssen die Wasserpreise unter Umständen steigen.

Die Preise für Leitungswasser sind niedrig. Dabei muss nicht der ewige Vergleich mit dem Mineralwasser bemüht werden. Das Wassersparen des Geldes wegen, werden viele als ernüchternd feststellen. Da sind zwar noch die zumeist viel höheren Abwassergebühren und die Energiekosten für die Erwärmung des Wassers, aber mit dem Blick in den Warenkorb gibt es sicher wirksamere Sparhebel in deutschen Haushalten. Aber aus Umweltgründen werden die Verbraucher sparsamer mit dem Wasser umgehen. Wir Experten diskutieren bereits über flexible bzw. dynamische Wasserpreise. In der Zukunft könnte es auch Quoten mit preiswerterer Grundversorgung geben. Wer mitten im Sommer seinen Pool füllen möchte, könnte mit saftigen Gebühren konfrontiert werden, wenn die .

Der Preis als Regulativ für den Wasserverbrauch ist ein Weg. Besser wäre allerdings, wenn Kommunen Konzepte entwickeln, die die Bildung von Grundwasser vor Ort fördern und so die Selbstversorgung sichern. Die Konzepte für Schwammstädte liegen längst auf dem Tisch: Begrünung von Gebäuden, Versickerungsflächen, mehr Bäume und auch die Schaffung von Auen gehört dazu. Durchgesetzt wurde so etwas bislang kaum, weil das weniger Parkplätze, weniger Straßen und Restriktionen für die Immobilienbranche bedeutet. Höchste Zeit, dass Kommunalpolitiker nicht mehr länger wegsehen und endlich Rückgrat beim Thema Stadtplanung entwickeln.

Quelle


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