Löschwasserversorgung und Wasserpreise! Alles klar?

Darauf hatten viele Wasserversorger und Kommunen in NRW gewartet: Die Löschwasservorhaltung als gemeindliche  Pflichtaufgabe kann von einem Wasserversorger übernommen werden. Was bisher gängige Praxis war, erhielt mit der Novelle des Landeswassergesetzes NRW (LWG NRW) im vergangenen Jahr seinen gesetzlichen Segen. Die Erwartungen an die Umsetzung sind groß. Aber gilt die Klarheit auch für den Umgang mit den Kosten? Dürfen die Wassergebühren und die Wasserpreise diese Kosten enthalten?

Die Kommunen haben sich daran gewöhnt, dass der örtliche Wasserversorger nicht nur das Trinkwasser stellt, sondern auch im Rahmen des – hoffentlich vertraglich vereinbarten – Grundschutzes die Löschwasserversorgung garantiert. Natürlich nur, soweit es die Anlagen zur maßgeblichen Trinkwasserversorgung zulassen. Neben Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg ist NRW nunmehr das dritte Bundesland, das über eine gesetzliche Regelung der Löschwasserversorgung durch die Wasserversorger verfügt. Die Gesetzesbegründung macht deutlich, warum es dieser Regelung bedurfte: „(…) es wird klargestellt, dass gemeindlichen Wasserversorgungseinrichtungen auch die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen zuzurechnen sind, die eine nach den örtlichen Verhältnissen angemessene Löschwasserversorgung sicherstellen. (…) Dementsprechend stellen die zur Gewährleistung einer den örtlichen Verhältnissen angemessenen Löschwasserversorgung erforderlichen Anlagen (z.B. Anzahl und Lage von Entnahmestellen) einen integralen Bestandteil der gemeindlichen Wasserversorgungseinrichtungen dar.“ Beate Kramer, Rechtsanwältin bei der Berliner Kanzlei Becker Büttner Held, hat sich in einem soeben im Fachmagazin GWF Wasser/Abwasser erschienenen Beitrag mit den Folgen der Löschwasser-Regelungen des Landeswassergessetztes NRW auseinander gesetzt. Darin schränkt sie einleitend zunächst den Umfang der Bereitstellung der Anlagen für den Brandschutz ein, im dem sie darauf hinweist, dass die Trinkwasseranlagen aus hygienisch-technischen Gründen nicht den vollständigen Brandschutz sicherstellen können. „Eine Bemessung der Trinkwasseranlagen für den vollen Löschwasserbedarf würde sonst zu einer Überdimensionierung führen; in diesen Fällen würde die Gefahr von Verkeimungen bestehen, was zu vermeiden ist“, so Kramer unter Bezugnahme auf das technische Regelwerk der Versorger (W 405).

Wie soll mit den Löschwasserkosten umgegangen werden?

CC0 Public Domain (blickpixel)

Während die Zuständigkeit geklärt und die technische Dimensionierung unstrittig sein dürfte, sorgt eine andere Regelung des LWG NRW bereits für Unruhe bei Versorgern und Kommunen: der Umgang mit den Kosten. In § 39 LWG NRW heißt es zu den Kostenumlagen für die Wasserversorgung, dass die Erhebung von Benutzungsgebühren durch die Gemeinden auf der Grundlage des Kommunalabgabengesetzes mit der Maßgabe erfolgt, dass zu den ansatzfähigen Kosten alle Aufwendungen gehören, die den Gemeinden durch die Wahrnehmung ihrer Pflichten entstehen. Zu den ansatzfähigen Kosten gehören die Kosten für Anlagen, die eine nach den örtlichen Verhältnissen angemessene Löschwasserversorgung nach dem Gesetz über den Brandschutz, die Hilfeleistung und den Katastrophenschutz (BHKG) sicherstellen (übrigens gehört dazu nicht das Löschwasser selbst). Daher schlussfolgert der Städte- und Gemeindebund seinem Schnellbrief 201/2016: „Die vorstehenden Klarstellungen sind erforderlich, damit diejenigen Kosten der Löschwasserversorgung, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem öffentlichen Wasserversorgungsnetz stehen, gebührenfähig sind. Auch die Länder Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg haben dieses in den Landeswassergesetzen ausdrücklich in dieser Art und Weise geregelt.“ Erhebt also der Versorger Gebühren, dann – so Kramer in ihrem Beitrag – „stellt § 38 i. V. m. § 39 LWG klar, dass durch die gesetzliche Zuordnung zur öffentlichen Wasserversorgung die aus der Vorhaltung dieser Anlagen resultierenden Kosten ansatzfähige Aufwendungen im Rahmen der Gebührenkalkulation darstellen.“

Das Landeswassergesetz hat aber eine für viele Versorger schmerzliche Lücke. Es fehlt nämlich eine Regelung für die Kostentragung bei der Aufgabendurchführung durch einen privaten Wasserversorger, der Preise erhebt. Diese gibt es im Landeswassergesetz nicht. Auch diesen Punkt greift Kramer auf – und jetzt wird es spannend: „Nichts anderes (als bei Gebühren – Anm. d. Verf.) kann im Übrigen für Wasserversorgungsunternehmen gelten, die keine Gebühren, sondern Preise erheben.“ Soll heißen, Wasserversorger die Preise erheben, könnten die Kosten der Vorhaltung von Anlagen zur Löschwasserversorgung, in ihre Preise einkalkulieren – genauso wie es die Gebühren erhebenden Versorger können. Es wird ein Aufatmen durch die nordrhein-westfälische Wasserversorgungswirtschaft gehen, denn viele sind sich unsicher, wie sie mit den Kosten umgehen sollen und dürfen. Kramer liefert auch die Begründung für die Unsicherheit „Eine entsprechende gesetzliche Regelung für privatrechtliche Preise war dem Landesgesetzgeber – selbst wenn er gewollt hätte – schlicht mangels Gesetzgebungskompetenz verwehrt.“

Dürfen Löschwasserkosten bei Wasserpreisen genauso behandelt werden wie bei Gebühren?

Ist damit alles klar? Kramer liefert eine Begründung: „Kalkuliert das privatrechtlich organisierte Wasserversorgungsunternehmen – genauso wie der Gebühren erhebende Wasser-Eigenbetrieb – Kosten für die Vorhaltung von Anlagen zur Sicherstellung einer den örtlichen Verhältnissen angemessenen Löschwasserversorgung nach dem BHKG ein, handelt es innerhalb der zulässigen Grenzen des (nicht einschlägigen) Kommunalabgabenrechts und damit erst recht auch innerhalb des zivilrechtlich Zulässigen. Eine Schlechterstellung dadurch, dass derartige Löschwasserkosten nicht in Wasserpreisen berücksichtigt werden dürften, wäre weder begründbar noch gerechtfertigt.“ Genauso sieht es der Städte- und Gemeindebund, der von einer Anfrage der Stadt Rhede an das Umweltministerium, in dem diese um Klarstellung bittet, wie folgt zitiert wird: „So orientiert sich auch die zivilrechtliche Rechtsprechung zur Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB stark an gebührenrechtlichen Regelungen/Grundsätzen, da andere gleichgewichtige Maßstäbe fehlen. Daher ist es unserer Auffassung nach gut vertretbar, auch bei der Erhebung von privatrechtlichen Entgelten die Kosten für die Vorhaltung von Anlagen zur Löschwasserversorgung in die privatrechtlichen Entgelte bzw. Entgeltkalkulation einzubeziehen.“

…. dieser Artikel gilt nicht als Brandmeldung. (Foto: Gendries)
…. dieser Artikel gilt nicht als Brandmeldung. (Foto: Gendries)

Zwei Autoren, eine Meinung. Was will man mehr? Klingt doch gut und klar: Private Wasserversorger, die ihre Preise genauso kalkulieren wie öffentlich-rechtliche ihre Gebühren, dürften nach dieser Rechtsauffassung genauso verfahren und die Kosten der Vorhaltung in die Wasserpreise einkalkulieren. Aber wird das auch von der Kartellbehörde so gesehen? Immerhin hat gerade die Berücksichtigung der Löschwasserkosten in den Trinkwasserpreisen in Kartellverfahren in Baden-Württemberg und Hessen für viel Ärger gesorgt. Kramer gibt Entwarnung: „In kartellrechtlicher Hinsicht gilt das eben Gesagte entsprechend.“ Während sie den Missbrauch nach dem GWB abgrenzt, zieht sie das Fazit: “Damit sind sämtliche Kosten der öffentlichen Wasserversorgung bei der Wasserpreiskalkulation berücksichtigungsfähig, also auch die kraft Gesetzes der öffentlichen Wasserversorgung zugeordneten Kosten der Vorhaltung von Anlagen für eine nach den örtlichen Verhältnissen angemessene Löschwasserversorgung nach dem BHKG.“ Die Betonung in der Aussage liegt auf „Preise“.

Die Branche wird sich an dieser Einschätzung gerne orientieren wollen, um die Kosten der Vorhaltung von Löschwasseranlagen rechtskonform weiter berechnen zu können. Für den Fall, dass dies ein Irrweg sein sollte, hoffen Branchenvertreter, dass nicht erst ein Kartellverfahren Klarheit bringt, sondern es frühzeitig ein Signal gibt.

Es gibt natürlich noch die in diesem Beitrag nicht angesprochene Frage wie die Preise kalkuliert werden sollten. Pauschal oder spitz? Auch dürfte das Thema der atypischen Systemnutzung durch Objektschutznehmer noch auf Antworten warten. Beide Punkte werden in nachfolgenden Beiträgen aufgegriffen.

Wer mehr erfahren möchte:

Website von BBH Becker Büttner Held http://www.beckerbuettnerheld.de/de/experten/
Website der GWF Wasser/Abwasser klick hier 
Landeswassergesetz NRW klick hier
Gesetzentwurf des Landeswassergessetztes NRW mit Erläuterungen und Begründungen klick hier


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