Leitet Kartellbehörde neue Preiskontroll-Runde in Baden-Württemberg ein?

Die Wasserpreisdiskussion in Baden-Württemberg bekommt möglicherweise neue Impulse. Auslöser ist die aktuelle Übersicht der Trinkwasserpreise, die von der Energie- und Wasserkartellbehörde Baden-Württemberg herausgegeben worden ist und 80 Trinkwasserversorger umfasst. Ausgenommen sind jene Versorger, die Gebühren statt privatrechtlicher Entgelte verlangen. Sie unterliegen nicht der Kontrolle der Kartellbehörde.

Seit der letzten Preisübersicht zum 1. Januar 2014 haben rund die Hälfte der 80 Wasserversorger in Baden-Württemberg ihre Preise erhöht beziehungsweise ihr Preissystem angepasst. Dabei gibt es große prozentuale Schwankungen von über 22 Prozent Preiserhöhung bis zu Erhöhungen von nur knapp über ein Prozent. Insgesamt 37 Wasserversorger haben ihre Preise stabil gehalten. Bei denjenigen Unternehmen, die Preiserhöhungen vorgenommen haben, ergibt sich eine durchschnittliche Erhöhung um 5,5 Prozent. Sechs Unternehmen haben um mehr als 10 Prozent erhöht. Im Gesamtdurchschnitt sind die Trinkwasserpreise damit im Vergleich zum Vorjahr um knapp drei Prozent gestiegen. Die Übersicht bezieht sich auf einen Vier-Personen-Haushalt mit einem angenommen Jahresverbrauch von 150 Kubikmeter Wasser.

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Wasserpreisübersicht der Landeskartellbehörde Badens-Württemberg (2015)

Im Durchschnitt verlangen die privatrechtlich tätigen Wasserversorger in Baden-Württemberg für den Jahresverbrauch eines repräsentativen Vier-Personen-Haushalts (150 Kubikmeter) somit 374 Euro, das entspricht circa 2,50 Euro je Kubikmeter. Auch dabei geht die Spanne zum Teil weit auseinander. Der „teuerste“ Versorger verlangt mehr als 500 Euro, der „günstigste“ dagegen nur knapp 240 Euro.

Ein Sonderfall in diesem Jahr, so die Feststellung der Kartellbehörde, ist die Albstadtwerke GmbH, die eine markante Neu-Strukturierung in der Systematik ihrer Trinkwasserpreise vorgenommen hat. Einerseits wurde der Kubikmeterpreis um über 40 Prozent gesenkt, auf der anderen Seite wurde der verbrauchsunabhängige Grundpreis deutlich erhöht (um über 300 Prozent). Daraus ergibt sich eine Erhöhung der Preise für geringere jährliche Abnahmemengen (weniger als 136 Kubikmeter) und eine Preissenkung für größere Abnahmemengen. Für den repräsentativen Vier-Personen-Haushalt bedeutet das eine Preissenkung von rund 2,5 Prozent im Jahr. Die Kartellbehörde prüft derzeit, ob diese Preisstruktur den gesetzlichen Anforderungen entspricht. „Es ist zu erwarten, dass sich – wie schon bei Strom- und Gasnetzbetreibern – auch andere Wasserversorger vorbehalten, über kurz oder lang ähnliche Preisstrukturreformen umzusetzen“, erklärt die Behörde in ihrer Pressemitteilung.

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Demografie-feste und Nachfrage-robuste Preisstruktur

Diese Feststellung der Landeskartellbehörde deckt sich mit den Erhebungen des BDEW. Der Branchenverband der Energie- und Wasserversorger hatte Anfang 2014 seine Mitgliedsunternehmen befragt. Demnach sahen 70 Prozent der Teilnehmer an der Befragung die Notwendigkeit, ihr Preissystem umzustellen. Daran hatten sich auch baden-württembergische Wasserversorger beteiligt. Demnach werden in nächster Zukunft Wasserversorger bundesweit ihre Preissysteme anpassen.

LebensraumWasser hatte schon vor einem Jahr über das Thema „Neue Preisstrukturen in Baden-Württemberg“ geschrieben (siehe Beitrag hier!). Denn auch im Süden Deutschlands besteht wegen Nachfrage- und Bevölkerungsrückgang Handlungsdruck bei den Wasserversorgern. Es bleibt nur zu hoffen, dass die Kartellbehörde diese Entwicklungen bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit und Notwendigkeit von Preisumstellungen würdigt. Im Osten Deutschlands ist das jedenfalls bereits der Fall, wie die fortschrittliche Änderung des Kommunalabgabengesetzes in Sachsen-Anhalt zeigt.

Wie eine demografie- und nachfragerobuste Trinkwasserpreis-Struktur aussehen kann, zeigt das Beispiel rechts. Dabei wird es in erster Linie darauf ankommen, die Umstellung so zu gestalten, dass Be- und Entlastungssprünge vermieden werden. Dies kann nur mit einem sehr individuellen Strukturmodell gelingen. Wenn Versorger einfach den Grundpreis-Anteil auf 50% anheben (und ggf. den Mengenpreis senken), sind erhebliche Mehr-Belastungen für einige Kundengruppen unvermeidbar. Insoweit kann nur empfohlen werden, diesen Schritt sehr sorgfältig vorzubereiten und die Be- und Entlastungseffekte auszutarieren.  Leider gibt es bereits einige Umstellungen, bei denen dies versäumt worden war, und wo es erhebliche Proteste der Kunden gegeben hat. In einem Folgebeitrag wird LebensraumWasser daher die Positivbeispiele vorstellen, die sich zur Nachahmung empfehlen.

Die Wasserpreisübersicht aus Baden-Württemberg ist hier zu finden.

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