EU zeigt Gelbe Karte wegen deutscher Untätigkeit bei Nitraten

Die deutschen Verbraucher ängstigen sich vor Nitraten. Das zeigen auch die vielen Presseberichte der vergangenen Wochen. Doch weil die deutsche Politik nicht reagiert oder sich, wie Nordrhein-Westfalen mit der Großen Anfrage im Landtag noch auf die Ursachenforschung beschränkt, hat die Europäische Kommission am 10. Juli Deutschland erneut ermahnt, stärker gegen die Verunreinigung von Wasser durch Nitrate vorzugehen. Damit hat sie die zweite Stufe im laufenden Vertragsverletzungsverfahren gezündet. Wenn sich jetzt binnen zwei Monaten nichts tut, wird der Musterschüler Deutschland sogar vor dem Europäischen Gerichtshof stehen – das wäre eine Rote Karte!

Trotz einer zunehmenden Nitratbelastung des deutschen Grundwassers und der Oberflächengewässer hat Deutschland nicht genug für die Verringerung der Nitratbelastung oder dem Schutz vor den Eintragsquellen getan. Genau das schreibt das geltende EU-Umweltrecht aber vor.

Entwicklung der Anzahl an Biogasanlagen in Deutschland
Entwicklung der Anzahl an Biogasanlagen in Deutschland

Nitrate sind für das Wachstum von Pflanzen erforderlich und haben ihren Wert als Düngemittel. Aber dies ist wie immer in der Natur eine Frage der ausgewogenen Dosierung. Überhöhte Mengen können nämlich in der Gewässerwelt bleibende Schäden verursachen. Dort wo das Wasser zu Trinkwasser aufbereitet werden soll, müssen die Wasserwerke immer aufwendigere Maßnahmen ergreifen, um die vorgeschriebenen Grenzwerte einzuhalten. Somit verursacht die Entfernung von Nitraten aus dem Wasser hohe Kosten. Diese werden zwangsläufig auch zu höheren Wasserpreisen führen müssen. Daher appelliert auch die deutsche Wasserwirtschaft an Politik und Landwirtschaft, umgehend Maßnahmen gegen zu hohe Nitratwerte im Grundwasser zu ergreifen.

Die Landwirtschaft mit ihren wachsenden Viehbeständen steuert seit jeher Gülle zur Düngung bei. Problematisch wird dies nur in solchen Regionen, wo mehr Gülle anfällt, als die Felder vertragen. Ein weiteres Problem wird aber deutlich gravierender als der „Fleischhunger“ und der damit wachsende Viehbestand: die Energiewende und die wachsende Anzahl an Biogas-Anlagen. Denn bei der Biogas-Erzeugung entstehen nährstoffreiche Gärreste, die mit der Gülle um die knappen Ausbringungsflächen konkurrieren. Innerhalb von nur zehn Jahren hat sich die Anzahl der Biogas-Anlagen in Deutschland mehr als vervierfacht. Waren es im Jahre 2003 noch 1.750 Anlagen, ist ihre Zahl auf mittlerweile über 7.700 Anlagen angestiegen. Dabei entstehen unweigerlich immer mehr Rückstände, die auf die Felder verbracht werden müssen. Wenn nichts geschieht, wird dort die Konzentration der Nitrate weiter steigen.

Daher sind Sofortmaßnahmen zu ergreifen, um gegen die Nitratbelastung im Wasser vorzugehen, wie es die EU-Nitratrichtlinie vorsieht. Dazu könnten eine stärkere Begrenzung der Aufbringung von Düngemitteln auf landwirtschaftlichen Flächen oder ein Verbot für das Ausbringen bestimmter Düngemittel während bestimmter Zeiträume beitragen. Die Verbraucher sollten zum Schutz der Gewässer und des Trinkwassers die Umweltschützer und Wasserwerke unterstützen und sich an ihre Politiker vor Ort wenden und diese zum sofortigen Handeln auffordern. Am Ende zahlen wir alle die Zeche – Natur und Verbraucher gleichermaßen!

Weitere Informationen:
Nitratrichtlinie: http://ec.europa.eu/environment/water/water-nitrates/index_en.html
Vertragsverletzungsverfahren: http://ec.europa.eu/eu_law/infringements/infringements_de.htm
Nitrate: http://www.vis.bayern.de/ernaehrung/lebensmittelsicherheit/unerwuenschte_stoffe/nitrat.htm

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