Europäischer Rechnungshof kritisiert EU-Bewässerungspolitik in der Landwirtschaft

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Der Europäische Rechnungshof (EURH) hat in einem Sonderbericht „Nachhaltige Wassernutzung in der Landwirtschaft“ die unzureichende und teilweise fehlleitende Wasserpolitik in der Landwirtschaft der EU und der Mitgliedsstaaten kritisiert und Anpassungen angemahnt. Zu den untersuchten elf Mitgliedstaaten gehört auch Deutschland, dabei wurden für die Recherchen die Länder Berlin und Brandenburg herangezogen. Schlimmer noch: laut EURH fördern die GAP-Mittel eher eine höhere als eine effizientere Wassernutzung kommt als Kritik aus Brüssel.

Es fehlen ökonomische Anreizsysteme für einen effizienten Wassereinsatz

Die landwirtschaftliche Erzeugung sei auf die Verfügbarkeit von Wasser angewiesen. Die Bewässerung böte den Landwirten zahlreiche Vorteile, wie z. B. die Steigerung der Lebensfähigkeit, des Ertrags und der Qualität der Kulturen. Das Wasser für die Bewässerung stamme aus Bächen, Flüssen und Seen (Oberflächenwasserkörper), Brunnen (Grundwasserkörper), Regenwasserauffangsystemen und in einigen Regionen Europas aus aufbereitetem Abwasser. Etwa sechs Prozent der landwirtschaftlichen Flächen in der EU würden 2016 bewässert. Die Landwirtschaft, so der EURH, beeinflusse sowohl die Wasserqualität (z. B. durch diffuse Verschmutzung durch Düngemittel oder Pestizide) als auch die Wassermenge. Eine geringe Wasserführung verringere beispielsweise die Verdünnung von Schadstoffen und damit die Wasserqualität, und eine übermäßige Wasserentnahme in Küstengebieten könne zu Salzwasserintrusion in das Grundwasser führen.

Eklatant seien die mangelhaften ökonomischen Anreizsysteme in Form von Wasserentnahmeentgelten sowie die unzureichenden Kontrollen der Wasserentnahmen und die diesbezügliche Überwachung der Einhaltung der Vorgaben. Hier kritisiert der EURH die

  • weit verbreiteten Ausnahmen für die Landwirtschaft bei den Wasserentnahmeentgelten (so bekanntlich auch in NRW) und
  • die unzureichenden vorhandenen oder angewandten Kontrollinstrumente, um die Einhaltung der gewährten Entnahmerechte zu überwachen.

Der EURH stellt fest, dass zwar Bewässerungssysteme für die Landwirtschaft, die den Druck auf die Ressourcen erhöhen, gefördert würden, nicht aber flankierende Steuerungs- und Überwachungsinstrumente. Auf der Grundlage seiner Feststellungen empfiehlt der EURH der EU-Kommission daher,

  1. „die Mitgliedstaaten aufzufordern, die Höhe ihrer Wassergebühren sowie Ausnahmen von der Pflicht zur Einholung von Wasserentnahmegenehmigungen bei der Umsetzung der WRRL in der Landwirtschaft zu begründen;
  2. GAP-Zahlungen an Umweltstandards zur nachhaltigen Wassernutzung zu knüpfen;
  3. zu gewährleisten, dass EU-finanzierte Projekte zur Erreichung der WRRL-Ziele beitragen.“

Nachhaltiger Umgang müsse stärker gefördert und gefordert werden

Der Schwerpunkt der Prüfung des EURH liegt auf den Auswirkungen der Landwirtschaft auf den mengenmäßigen Zustand der Gewässer. Da die Landwirtschaft sowohl ein Hauptnutzer von Süßwasser ist als auch einer der ersten Sektoren, die bei Wasserknappheit betroffen sind, hat der EURH bewertet, inwieweit die Politiken der EU, insbesondere die GAP und die Wasserpolitik, die nachhaltige Nutzung von Wasser in der Landwirtschaft fördern.

Zwar verfügen alle geprüften Mitgliedstaaten/Regionen über ein System für die vorherige Genehmigung der Wasserentnahme (allerdings erst ab einer bestimmten Mindestmenge), auch würden bei der Erteilung der Entnahmegenehmigungen der Gewässerzustand berücksichtigt und die maximale jährliche (oder monatliche) Entnahmemenge festgelegt, aber die Mitgliedstaaten würden zahlreiche Ausnahmen anwenden. Diese könnten einen erheblichen Einfluss auf den mengenmäßigen Zustand der betroffenen Wasserkörper haben. Wo ferner keine Messpflicht besteht, könnten die Behörden nicht überwachen, ob die Entnahme unter einem signifikanten Niveau bleibt. Dies sei bei bestimmten Arten von Entnahmen auch in Deutschland (Berlin/Brandenburg) der Fall, so der EURH.

Umwelt- und Ressourcenkosten werden als verdeckte Kostenbelastung von der Gesellschaft getragen

Der EURH stellt fest, dass „eine mengenabhängige Preisgestaltung auf einem angemessenen Niveau Anreize für die Umstellung auf wassersparende Bewässerungstechnologien und -methoden oder auf Kulturen mit geringerem Wasserbedarf schaffen kann“. Allerdings gaben die Behörden in Berlin/Brandenburg laut EURH in ihrer Stellungnahme an, „dass es noch keine gemeinsamen Regeln für die Methodik zur Berechnung der umwelt- und ressourcenbezogenen Kosten gebe.“ Auch wurde mehrheitlich angemerkt, „dass die Kostendeckung für Wasserdienstleistungen in der Landwirtschaft unvollständig ist.“ Ein Aspekt dabei sei, dass sich die umwelt- und ressourcenbezogenen Kosten (noch) nicht in der Wasserpreisfestlegung widerspiegeln. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sowohl das Land Berlin ein WEE für Grundwasserentnahmen iHv. von 0,31 Euro/cbm für die Landwirtschaft erhebt, wie auch das Land Brandenburg (wenngleich nur 0,10 Euro/cbm). In NRW wird bekanntlich kein WEE in der Landwirtschaft erhoben.

Die EU-Kommission wies in ihrer WRRL-Eignungsprüfung („Fitnessscheck“) vor zwei Jahren darauf hin, dass die Freistellung der Landwirtschaft eine „versteckte Kostenbelastung für die Gesellschaft“ darstelle und eine potenzielle Einnahmequelle für die Finanzierung von Maßnahmen zur Umsetzung der WRRL beeinträchtige.

Der EURH kritisiert zudem, dass es bei der EU-Finanzierung für Bewässerungsprojekte nur schwache Schutzmaßnahmen gegen eine nicht nachhaltige Wassernutzung gibt. Die dürrebedingte Ausweitung der Bewässerungsinfrastruktur dürfte den Druck auf die Süßwasserressourcen erhöhen. Es sei denn, das System verwendet Regenwasser oder aufbereitetes Wasser – das ist aber bekanntlich eher selten der Fall. Auch die EU-Kommission bestätigt die Feststellung in ihrer Studie zur „Unterstützung der Evaluierung der Auswirkungen der GAP auf den Wasserhaushalt“ und erklärt, dass es bislang schwierig sei sicherzustellen, dass Investitionen in Bewässerung den Wasserkörpern zugutekommen, insbesondere, wenn die bewässerte Fläche dort zunimmt, wo Wasserkörper unter Stress stehen. Dieser Rebound-Effekt mache die Effizienzgewinne zunichte, kritisiert der EURH. Bemängelt wird zudem auch hier die unzureichende Ex-Ante-Steuerung durch Anreizsysteme.

Armutszeugnis für die landwirtschaftsbezogene Bewässerungspolitik

Zusammenfassend offenbart der Bericht des Europäischen Rechnungshofes ein Armutszeugnis für die landwirtschaftsbezogene Wasser- und Bewässerungspolitik der EU und der Mitgliedsstaaten einschließlich Deutschlands. Wasserpreise und -entnahmeentgelte, angesichts des Kostendeckungsgebots der Wasserrahmenrichtlinie ein obligatorisches Instrument, scheinen für die Politik immer noch nicht als Anreizsystem verstanden worden zu sein. Es ist nachvollziehbar, dass Landwirte bei zunehmender Trockenheit auf Bewässerung angewiesen sind, schließlich brauchen wir Nahrung. Aber wenn sie schon um die knapper verfügbaren Ressourcen konkurrieren, dann sollte verhindert werden, dass das Wasser angesichts ineffizienter Beregnungsanlagen zu 60 Prozent und mehr verdunsten kann. Jene Landwirte, die sich bereits auf den Klimawandel eingestellt und in effizientere Bewässerungssysteme investiert haben, geraten wirtschaftlich ins Hintertreffen, wenn jene die das nicht tun, von der Vergesellschaftung der Umweltkosten profitieren. Die Tatsache, dass die Bewässerung in der Landwirtschaft drastisch zunehmen wird, wird den Handlungsbedarf deutlich verschärfen.

Quelle

Nachhaltige Wassernutzung in der Landwirtschaft: GAP-Mittel fördern eher eine stärkere als eine effizientere Wassernutzung, Sonderbericht, 28.9.2021 https://www.eca.europa.eu/Lists/ECADocuments/SR21_20/SR_CAP-and-water_DE.pdf

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