Dritter Brief aus Kapstadt – Wasserknappheit und Landwirtschaft in Südafrika: Was wir lernen können und was auch nicht…

In meinen letzten Briefen habe ich die Bedrohungslage Kapstadts in Folge ausbleibender Niederschläge beschriebenund dargestellt, mit welchen Anreizen der zuständige Wasserversorger einen sehr viel sparsameren Umgang mit Wasser erwirkte. Um gut 55% konnte die Wassernachfrage zwischen 2016 und 2018 gesenkt werden – ein unglaublicher Wert!

Auch die Landwirtschaft muss ihren Beitrag zur Wassereinsparung leisten

Nun sind von Wasserknappheit aber nicht nur Wasserversorgung und Industrie betroffen. Auch die Landwirtschaft im Berg-Olifants-Gebiet, eines der neun südafrikanischen Flusseinzugsgebiete, muss ihren Beitrag leisten. Sie ist – je nach dem wie man zählt – für 30 bis 50% der Wasserentnahmen verantwortlich. In dieser Region liegen etwa die großen Weinanbaugebiete, die wir auch in Deutschland kennen. 

Wie kam es nun zu den Einsparvorgaben, die während der sich verschärfenden Wasserkrise im Western Cape bis zumFrühjahr 2018 immer weiter anwuchsen? Während der Hochzeit tagte eine entsprechende Arbeitsgruppe wöchentlich. Dieser gehörten neben dem National Department of Water and Sanitation auch dessen Regional Office sowie Städte und Water User Associations, in denen ganz wesentlich u.a. die Landwirte verpflichtend zusammengeschlossen sind, an. Auf Basis des Status quo und Prognosen gab diese Gruppe eine Empfehlung für die Nationalregierung ab, welche Einsparvorgaben welche Nutzer zu erreichen hatten. Dabei wurden den Landwirten mit im Schnitt 60% noch höhere Einsparziele abverlangt als dies bereits für die Wasserversorgung in Kapstadt der Fall war.

Wasserknappheit – kein neues Phänomen

Nun, Wasserknappheit ist hier kein neues Phänomen. Entsprechend verbreitet war es in der Vergangenheit, in Wassersparmaßnahmen zu investieren, die sich nun auszahlten. Wim Trust etwa, der Kellermeister des Weinguts Meerlust in der Nähe von Stellenbosch, berichtet in einem Gespräch, auf Tröpfchenbewässerung umgestellt zu haben. Er nimmt Blattproben, um den Bewässerungsbedarf zu ermitteln und so zunehmend auf bedarfsgerechte Bewässerung umzustellen. Seine Wasserlieferungen in den Wintermonaten, die er zur Bewässerung nicht benötigt, speichert er in einem eigens angelegten See. Zudem reichert er den Boden an den Weinstöcken mit u.a. Mulch an, um die Wasserspeicherfähigkeit des Bodens zu erhöhen. Last but not least hat er auf Nachtbewässerung umgestellt. 

Und wenn dies nicht reichte, hatte Truter für sein Weingut Meerlust die Möglichkeit temporär Wasser hinzuzukaufen. Diese Möglichkeit des Transfers von Wasser lässt der WaterAct 1998 zu. Gem. Art. 25 ist ein temporärer Wassertransfer zwischen zwei Nutzern einer Water User Association (WUA)immer dann möglich, wenn das Management Committee der WUA zustimmt. Angabegemäß wurde von dieser Möglichkeit vielfältig Gebrauch gemacht und die Zustimmung erfolgte nahezu immer. Am Rande sei bemerkt, dass zuvor gem. des Water Acts 1956 auch ein permanenter Transfer von Wasserrechten möglich war.

Wer kaufte und wer verkaufte Wasser?

Gab es denn Verkäufer von Wasser in dieser Zeit? Nun, es ist festzustellen, dass Landwirte in Abhängigkeit ihrer angebauten Pflanzen sehr unterschiedliche Zahlungsbereitschaften für Wasser haben. Der größte Einflussfaktor ist hier der Grad des gebundenen Kapitals. Ein Wein- oder Obstbauer hat kräftig investiert. Es dauert, bis Reben oder Bäume nutzbare Früchte bringen. Nach einer gewissen Zeit sinken die Erträge pro Rebe/Pflanze und Ersatzinvestitionen müssen getätigt werden. 

Für so einen Landwirt ist es eine Katastrophe, wenn er Gefahr läuft, aufgrund einer Dürre seine Investitionen vorzeitig abschreiben zu müssen. Entsprechend hat er erheblich höhere Zahlungsbereitschaften für Bewässerungswasser als dies einLandwirt hat, der einjährige Pflanzen wie Getreide, Mais oder Futtermittel anbaut. Insofern war es wie im australischen Murray-Darling-Basin, dem bekanntesten Gebiet, in dem Wasserhandel seit Jahren im Einsatz ist: Wird Wasser zu einem knappen Gut, wird es zunehmend für höherwertige Verwendungszwecke eingesetzt. Obst- oder Weinbauern waren folglich mit zunehmender Wasserknappheit eher auf der Käufer-, Anbauende einjähriger Pflanzen auf der Verkäuferseite. Letztere unterließen es schlicht, in einem sehr wasserknappen Jahr anzubauen. Auf diese Weise musste nicht jeder selber vorsorgen, die Risikoabsicherung erfolgte implizit durch die Möglichkeit, Wasser zuzukaufen.

Wassertransfers und was wir uns für Wasserkrisen noch anschauen sollten….

Sowohl Wim Truter als auch André Roux, Jahrzehnte über tätig beim südafrikanischen Department of Agriculture, sind der Ansicht, Wassertransfers seien ein ganz zentraler Grund gewesen, weswegen die Landwirte vergleichsweise gut durch die Wasserkrise kamen. Sollte die Wasserdargebotssituation in Deutschland sich verschärfen, können wir vom bisherigen Vorgehen Südafrikas lernen: Anreizkompatible Vergabe von Wassernutzungsrechten, Monitoring der Wasserentnahmen aus den unterschiedlichen Quellen, Organisation in Wassernutzergruppen, Ermöglichen des Transfers von Wasser unter Vermeidung negativer externer Effekte. Erste Erfahrungen beginnen wir in Deutschland aufzubauen. Zu denken ist etwa, wie sich Landwirte in Beregnungsfragen über etwa Wasser- und Bodenverbände zusammenschließen (Hessisches Ried oder auch in Uelzen). 

… und was auch nicht

So gut der institutionelle Rahmen für den Umgang mit der Wasserkrise 2018 war, so groß sind nun Bauchschmerzen nun. 

Am 29.5.2024 wird in Südafrika gewählt. Im aktuellen Wahlkampf treten Parteien wie die EFF derzeit mit der Forderung auf, weiße Landwirte zu enteignen. Zur Not auch mit Gewalt. Dies treibt die seit 1994 regierende ANC-Regierung noch mehr als bereits zuvor dazu, den Zugang zu Land für kleinere schwarze Landwirte zu fördern. Unter anderem hat das auch Auswirkungen auf die Allokation von Wasser für Bewässerung.

Ein Wasserrecht ist in Südafrika in der Regel für 20 Jahre gültig und wird alle 5 Jahre daraufhin überprüft, ob etwa die bewirtschaftete Fläche nicht zurückgegangen ist. Um nun aberWasserrechte weniger wassereffizient arbeitenden schwarzen Kleinbauern zusätzlich zuteilen zu können, sollen zukünftig erzielte Wassereinsparungen den Umfang des Wasserrechts vermindern. Dies konterkariert die gewünschte Umsetzung weiterer Wassereffizienzmaßnahmen. Landwirte werden sich über insbesondere kapitalintensive Maßnahmen zur verminderten Wassernutzung vielleicht Gedanken machen, umsetzen werden sie diese bei diesen institutionellen Anreizen nicht. 

Daneben soll gem. eines Entwurfs zur Novellierung des Waters Act 1998 auch der temporäre Transfer von Wasser untersagt werden. Habe ein Landwirt Wasser übrig, benötige dieser es ja nicht, so die Denkweise. Verschiedene Nutzer innerhalb einer Water User Association sind damit keine Risikoabsicherung mehr füreinander; vielmehr muss jeder Landwirt dann also individuell Vorkehrungen für nächste Wasserkrisen treffen, da die Option, in großer Not Wasser zukaufen zu können, ausscheidet. 

Auch auf diese sich verändernden institutionellen Rahmenbedingungen reagiert Wim Truter vom Weingut Meerlust. Da wie beschrieben der Anbau von Weintrauben aufgrund der Investitionen in Weinstöcke sehr kapitalintensiv ist, hat er sicherzustellen, dass er hier keine vorzeitigen Abschreibungen aufgrund einer nächsten Dürre vornehmen muss. Entsprechend geht er zunehmend dazu über, Weinstöcke, die er aufgrund des Alters und dem damit einhergehenden Produktivitätsverlust austauschen müsste, nicht durch Neuanpflanzungen zu ersetzen. Dieser erneuten Kapitalbindung entgeht er durch den Anbau einjähriger Pflanzen wie Heu für Futtermittel. Der Gedanke ist, deren Bewässerung einzustellen, wenn erneute Bewässerungsrestriktionen greifen. 

Doch was, wenn eine nächste Dürre noch weitere Ausmaße annimmt? Hier setzt Wim Truter auf Daten. Er misst die Produktion der Weinstöcke in Abhängigkeit der eingesetzten Wassermenge. So weiß er zum einen, wieviel Wasser die Weinstöcke mindestens benötigen, bevor sie kaputt gehen. Zum zweiten bekommt er ein Gefühl, welche Areale auf seinem Gebiet die relativ unproduktivsten und wasserineffizientesten sind, um im Fall der Fälle zu entscheiden, welche Gebiete auf seinem Estate er weniger oder dann gar nicht mehr bewässert. Genauso wie er vollzieht diese Risikoabsicherung nun jeder Landwirt für sich alleine. 

Zusammen mit den sehr viel geringeren Anreizen, weitere Wassereffizienzmaßnahmen umzusetzen, ist es sicher, dass eine ähnliche Wasserkrise wie 2018 die Landwirtschaft hier im Western Cape sehr viel härter treffen wird und die volkswirtschaftlichen Kosten höher ausfallen werden. 

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Prof. Dr. Mark Oelmann

Prof. für Wasser- und Energieökonomik an der Hochschule Ruhr West, Mülheim/Ruhr,
(Mit-) Geschäftsführer der MOcons GmbH & Co.KG
linkedin.com/in/prof-dr-mark-oelmann-b99994230/

Beitragsfoto: Kanalsystem in Prince Albert, März 2024 (Oelmann)


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