Bayern mag in der Fussball-Bundesliga Spitzenklasse sein, beim Gewässerschutz offensichtlich nicht. Das offenbarte der gestrige Online-Erfahrungsaustausch der bayerischen GRÜNEN unter dem Titel „Trinkwasserschutz geht auch anders – Praxisbeispiel Baden-Württemberg“. Im Kern ging es um die Frage, wie Bayern seine Wasserressourcen besser schützen kann. Da sollte der Blick ins Nachbarland helfen, wie nämlich dort Wasserschutzgebiete ausgewiesen und behandelt werden.
Bernd Mettenleiter, für die baden-württembergischen GRÜNEN Mitglied im Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft und Experte für die Themen Wasser- und Bodenschutz erklärte seinen erstaunten bayerischen KollegInnen und den interessierten Zuschauern, dass das Ländle mit der Ausweisung von Wasserschutzgebieten keineswegs sparsam ist. Etwa ein Viertel der Landesfläche ist dem Gewässerschutz vorbehalten, das sind 2.300 Wasserschutzgebiete. Bayern schafft es nur auf 5 Prozent der Landesfläche, weil die Gebiete räumlich stark eingeschränkt werden und das, so berichteten die Bayern, nur mit langwierigen Verwaltungsgerichtsprozessen. Wasserschutz müsse auch in Bayern einen höheren Stellenwert erhalten, forderte MdL Rosi Steinberger. Das gelänge nur mit der Ausweitung und Ausweisung von Wasserschutzgebieten. Da müsse Bayern mehr tun.
Vor drei Jahren hielt ich auf der Wasserfachtagung des Bayerischen Gemeindetages in Erding einen Impuls-Vortrag über die erkennbaren Defizite der bayerischen Wasserwirtschaft. Dort war mit bereits aufgefallen, dass es im Ländervergleich erheblichen Nachholbedarf zu geben scheint, wenn ein hohes Sicherheitsniveau für das Grundwasser erreicht werden solle. Das war auch der heutige Tenor. In Baden-Württemberg fördert das Land über die so genannte “Schutzgebiets- und Ausgleichsverordnung“ (SchalVO) mit jährlich 12 Mio. Euro den vorsorgenden Gewässerschutz, in dem die Landwirte für die daraus resultierenden Nutzungseinschränkungen Ausgleichszahlungen erhalten. In Bayern, so war zu erfahren, sind diese Zahlungen vom Wasserversorger zu leisten – und der gibt die Kosten an die Wasserkunden über die Wassertarife weiter.
Die Resultate der Maßnahmen in Baden-Württemberg müsste die bayerische Landesregierung eigentlich überzeugen, denn seit 2001 konnten dort die Nitratbelastungsflächen um 16 Prozent reduziert werden. Nicht verhindert werden konnte trotz SchalVO der Eintrag von PFC in das Grundwasser in der Region Rastatt/Brühl, wie Mettenleiter einräumen musste. Dort waren bekanntlich Rückstände aus der Papierverarbeitung einem Kompost beigemischt und auf landwirtschaftliche Flächen ausgebracht worden. Das Beispiel und seine landespolitische Aufarbeitung zeigt, dass auch in Baden-Württemberg nicht alles rosig ist, auch wenn die GRÜNEN den Ministerpräsidenten stellen.
Dessen ungeachtet, könnte noch an einer anderen Stelle das “Ländle“ Entwicklungshilfe leisten: beim Wassercent oder Wasserentnahmeentgelt. In fast allen anderen Bundesländern müssen die Wassernutzer insbesondere Haushalte und Industrie, nur selten Landwirte, zwischen 5 und 31 Cent je 1.000 Liter für die Nutzung der Ressource Wasser zahlen. Damit werden in fast allen Bundesländern (ausser zum Beispiel in NRW) staatliche Leistungen des Gewässerschutzes finanziert. Zwar hat Bayern mit dem RZWas einen Topf für wasserwirtschaftliche Fördermittel, dieser greift aber nicht bei Wasserschutzgebietsausweisungen. Nach mehrmaliger Ablehnung der vorausgegangenen GRÜNEN-Anträge, kündigte am 21. Juni 2021 die Einführung des Bayerischen Wassercents an – der als „ein kleiner Beitrag, der einen Anreiz setzt, mit Wasser schonend und sparsam umzugehen” verstanden werden und zur Finanzierung von Wasserschutzmaßnahmen dienen soll. Jetzt sollten Taten folgen. Warum also nicht diese beiden Maßnahmen miteinander verbinden, also Wasserschutzgebiete ausweisen und erweitern und diese mit Einnahmen aus dem Wassercent finanzieren. Allerdings sollten alle Nutzer in den Topf einzahlen – nicht nur die Haushalte. Die fünf Cent je 1.000 Liter – wie in NRW – werden für die Mehrheit der Haushalte nicht spürbar sein, weniger noch für die Industrie.
Es wird helfen, aus den Erfahrungen anderer zu lernen. Genau so endete auch diese aufschlussreiche 90-minütige Veranstaltung. „Wegducken geht nicht“, warnte Mittenleiter die Politik. “Wir müssen mehr kooperieren, dann muss nicht jeder das Rad neu erfinden“. Beim Wassercent riefen abschliessend die Bayern-GRÜNEN die Expertenschaft auf, sie dabei zu unterstützen, der Landesregierung bei ihrer Ankündigung einen Wassercent einführen zu wollen mehr “Rückenwind“ zu geben.
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