Die Kontaktreduzierung hat sich als wichtige Maßnahme zur Eindämmung der Corona-Pandemie bewährt. Dem waren viele Wasserversorger schon im Frühjahr 2020 gefolgt und hatten die turnusmäßigen Zählerwechsel vollständig eingestellt. Diese Vorsorgemaßnahme wäre ein Rechtsverstoß gewesen, denn die Fristen sind mit sechs Jahren gesetzlich klar geregelt. Um diese Unsicherheit zu beseitigen, hatte die Arbeitsgemeinschaft der Eichbehörden (AGME) im April 2020 eine Übergangsregelung geschaffen und dies in einem Informationsblatt festgehalten. Diese Regelung der Behörden war zunächst bis Juni 2021 befristet. Wie die Zugriffe auf meinen Blogbeitrag „Wasserzähler-Wechsel können wegen Corona aufgeschoben werden“ vom 14.4.2020 zeigen, war und ist das Thema von großem Interesse. Daher habe ich bei der Geschäftsstelle der AGME nachgefragt, wie es nach dem 30.6.Juni 2021 weiter gehen wird. Im Folgenden die Rückmeldung aus der Geschäftsstelle.
Ausschlaggebend ist das Eichrecht
Die Nutzungsdauer von Messgeräten im Anwendungsbereich des Mess- und Eichgesetzes, dazu gehören die Kaltwasserzähler der Wasserversorger, ist durch den Zeitraum bestimmt, innerhalb dessen sie nach technisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen zuverlässige Ergebnisse liefern. Dieser Zeitrahmen ist vom Alterungsverhalten der Messgerätebauteile und von äußeren Einflüssen (z.B. Wasserqualität) abhängig. Daher hat der Gesetzgeber entschieden, die Kaltwasserzähler durch die Wasserversorger im Grundsatz nach sechs Jahren austauschen zu lassen. Daran, so ist aus dem Wirtschaftsministerium zu vernehmen, wird sich zumindest für die Gebäude-Kaltwasserzähler auch bei der aktuellen Novellierung des Eichrechts nichts ändern. Dazu später.
Eichbehörden setzen Bußgeldforderungen und ordnungsrechtliche Maßnahmen bis zum 30. Juni 2021 aus
Der gesetzliche Regelfall war aber nicht auf eine Virus-Pandemie vorbereitet. Denn nach während der ersten Welle der Corona-Pandemie im vergangenen Frühjahr waren die Wasserversorger bemüht, die Kontakte mit Kunden auf das notwendigste Maß zu reduzieren. So wurden persönliche Kontakte in Beratungsstellen reduziert und soweit es möglich war, das Home-Office für die Mitarbeiter zum Regelarbeitsplatz. Da lag es nahe, auch die Zählerwechselprozesse einzubeziehen und diese möglichst auszusetzen. Damit hätten sich die Versorger aber in eine Grauzone begeben, denn formal hätten sie gegen das geltende Recht verstoßen. Deshalb und wegen der vielen Rückfragen hatte sich die Arbeitsgemeinschaft Mess- und Eichwesen auf bundesweit einheitliche Regelungen zur Behandlung von turnusmäßigem Zählerwechsel und Stichprobenverfahren zur Verlängerung der Eichfrist von Versorgungsmessgeräten verständigt. Das wurde von der Branche begrüßt; auch wenn nicht alle Versorger davon Gebrauch gemacht hatten.
Um über diese Regelung zu informieren, wurde von der AGME das Informationsblatt „Turnusmäßiger Zählerwechsel und Stichprobenverfahren zur Verlängerung der Eichfrist von Versorgungsmessgeräten im Rahmen der COVID-19-Pandemie im Jahr 2020“ herausgegeben. Dessen aktuellster Stand ist vom 24.02.2021. Wie die Anpassung an die Corona-Bedingungen bei den Zählerwechselbedingungen durch die Eichbehörden einheitlich gehandhabt werden, beantwortete mir auf meine Anfrage, die Geschäftsstelle der AGME: „Diese Regelung durch die Eichbehörden stellt keine Verlängerung von Eichfristen dar. Auch wenn eine Kontaktreduzierung gewünscht und auch sicherlich sinnvoll ist, können sich die Eichbehörden nicht über die gesetzlich vorgeschriebenen Regelungen hinwegsetzen. Wäre eine Verlängerung von Eichfristen aufgrund der Pandemie nötig, müsste man sich hierzu an den Gesetzgeber wenden. Insofern besteht (oder bestand) die Verpflichtung der Unternehmen zum rechtzeitigen Zählertausch oder Abschluss des Stichprobenverfahrens weiterhin“, erklärt die AGME und fährt fort“, das Informationsblatt stellt lediglich klar, dass, wenn es Pandemie bedingt zu Verzögerungen beim Zählerwechsel oder im Stichprobenverfahren kommt, die Eichbehörden den Vollzug des Eichrechts (bußgeld- und ordnungsrechtliche Maßnahmen) bis zum 30. Juni 2021 aussetzen.
Eine Fristverlängerung über 30. Juni 2021 hinaus ist in begründeten Fällen möglich
Die Pandemie ist bekanntlich weiter im Gange. Die Kontaktbeschränkungen sind weiterhin unverzichtbar, inwieweit hat sich an den Bedingungen für die Wasserversorger nichts geändert. Daher ist es sicher hilfreich, dass die AGME in der Beantwortung einräumt, „für den Fall, dass abzusehen ist, dass einigen Unternehmen aufgrund der Pandemie dennoch über die Jahresmitte 2021 hinaus in Verzug geraten werden, haben die Eichbehörden das Informationsblatt um folgenden Hinweis ergänzt:
Kann ein Unternehmen die oben genannte Frist nicht einhalten, so ist der zuständigen Behörde plausibel darzulegen, dass sich die Fristüberschreitung aus den anhaltenden Einschränkungen der Pandemie ergibt. Die Behörde kann dann im Einzelfall mit einer weiteren Aussetzung des Vollzugs der bußgeld- und ordnungsrechtlichen Maßnahmen reagieren. Das Aussetzen des Vollzugs darf nicht dazu genutzt werden, sich der Verpflichtung des fristgerechten Zählertauschs bewusst zu entziehen.„
Antwort der AGME-Geschäftsstelle vom 9.4.2021
Offensichtlich ist dies nur eine vorsorgliche Regelung, denn, so schließt die Stellungnahme, „den Rückmeldungen der Unternehmen nach zu urteilen, wird dies voraussichtlich aber nicht notwendig sein.“
Ich danke der Geschäftsstelle der AGME c/o Deutsche Akademie für Metrologie beim Bayerischen Landesamt für Maß und Gewicht für die freundliche und prompte Beantwortung meiner Anfrage.
Quellen / Weiterführendes
- Informationsblatt AGME Turnusmäßiger Zählerwechsel und Stichprobenverfahren zur Verlängerung der Eichfrist von Versorgungsmessgeräten im Rahmen der COVID-19-Pandemie im Jahr 2020 (Stand: 24.02.2021)
- Eichfristen für Messgeräte nach der Mess- und Eichverordnung (Stand 04.2021)
- Wasserzähler-Wechsel können wegen Corona aufgeschoben werden, LebensraumWasser, 04.2020
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