Wie sich der Ausgang der US-Präsidentschaftswahlen auf den Wassersektor in den USA auswirken könnte

Dem Ausgang der anstehenden US-Präsidentschaftswahl wird je nach erwartetem Ausgang mit Hoffnung oder Sorge entgegengeblickt. Es dürfte wohl wenig überraschen, dass von der demokratischen Kandidatin Kamala Harris eine andere Umwelt- und Wasserpolitik zu erwarten sein wird, als vom republikanischen Ex-Präsidenten Donald Trump. Noch ist es sicher verfrüht, konkrete Ziele und Maßnahmen zu erwarten, zumal andere Themen drängender sind, aber ein erster Blick scheint lohnend. Das Marktfoschungsunternehmen Bluefield Research hat sich die zu erwartenden Folgen der US-Wahl am 5. November genauer angeschaut und in einem Bericht zusammengefasst. Das Ergebnis und der Rückblick auf die Amtszeit von Donald Trump vermitteln einen Eindruck davon, wie sich der Ausgang der US-Präsidentschaftswahlen für die Wasserindustrie und Wasserwirtschaft des Landes auswirken könnte.

Warum das Rennen um das Weiße Haus für die US-Wasserwirtschaft wichtig sein wird

Die im November stattfindenden US-Präsidentschafts- und Kongresswahlen könnten je nach Ausgang gravierende Auswirkungen auf den US-Wassersektor nach sich ziehen. Würde Donald Trump wieder ins Weiße Haus einziehen, dürften mit großer Wahrscheinlichkeit die Exekutivinstitutionen und die Regulierungsmodalitäten auf den Prüfstand gestellt werden. Mit dem Versuch eines Revirements verabschiedete er sich aus seiner ersten Amtszeit, würde er erneut gewählt werden, wird er vermutlich an der Stelle weiter machen. Je nach Ausgang werden auch die vom amtierenden Präsident Joe Biden angestoßenen Milliarden-Investitionsprogramme und die damit bereits gestarteten und die zukünftigen öffentlichen Programme der US-Wasserwirtschaft betroffen sein. Nicht unversehrt bleiben dürften je nach Wahlausgang auch die Dynamik des privaten Sektors und vor allem die grundlegenden Grundsätze der Autorität der Bundesbehörden. Einen derartigen Ausblick auf die Wahlfolgen für den US-Wassersektor wagt auch die Unternehmensberatung Bluefield Research. Dazu haben die Experten die möglichen Auswirkungen der kommenden Regierungsszenarien, also Demokraten oder Republikaner, auf die kommunalen Versorgungsdienstleister und auf die industriellen Wasser- und Abwasserbranchen der USA untersucht.

Den aktuellen Umfragen zufolge wird womöglich keine der beiden Parteien in der Lage sein, die einheitliche Kontrolle über beide Institutionen, das Repräsentantenhaus und den US-Senat, zu erlangen. Mit dieser weiterhin geteilten Regierung dürften durchgreifende Reformen aus Sicht von Bluefield Research eher nicht anstehen. Zu erwarten seien eher exekutive Maßnahmen und gerichtliche Substitute politischer Entscheidungen, weniger die dringend benötigten umfassenderen und nachhaltig wirkenden Reformen der Gesetzgebung, so die US-Experten.

Unabhängig davon, wer in das Weiße Haus einziehen wird, bei der Wasserinfrastruktur der USA werden sich die Prioritäten nicht verschieben lassen. Auch wird der Bund weiter Finanzmittel bereits stellen müssen. Die American Society of Civil Engineers hatte der US-Trinkwasserinfrastruktur in ihrem Bericht zur Lage der Infrastruktur vor drei Jahren schlechte Note gegeben. Die Versorger und Entsorger schieben einen massiven Investitionsstau vor sich her. Schätzungen zufolge werden sich die Investitionen in die Trink- und Abwassersysteme in den USA in den kommenden 25 Jahren auf 1 Billion US-$ summieren. Mit Folgen für die Wasser- und Abwasserentgelte. Die an niedrige Ressourcenkosten gewöhnten US-Amerikaner könnten mit einer Verdreifachung der Haushaltsausgaben für Wasser konfrontiert werden. Zwischen 2001 und 2020 stiegen die Wasserpreise der 50 größten US-Städte jährlich um über 5 Prozent – Tendenz weiter steigend. Viele Haushalte werden sich derartige Preisentwicklungen nicht mehr leisten können. Steigende Wasserpreise bedrohen den erschwinglichen Zugang zu einer grundlegenden Wasserversorgung in den USA, insbesondere in einkommensschwachen Gemeinden. Studien zufolge beklagt jeder zehnte Haushalt in den Probleme mit der Erschwinglichkeit der Wasserversorgung zu haben, was heißt, dass die Ausgaben für wesentliche Wasser- und Abwasserdienstleistungen mehr als 4,5 Prozent des jährlichen Haushaltseinkommens betragen. Haushalte im untersten Einkommensdezil zahlen im Durchschnitt bis zu annähernd 7 Prozent ihres Jahreseinkommens.

Diese Entwicklung war mit ausschlaggebend für den von Präsident Biden aufgesetzten „Rettungsplan für die US-Wasserwirtschaft“ im Rahmen des Infrastructure Investment & Jobs Act und des Inflation Reduction Act. Damit sollten Investitionen ermöglicht werden, die sich nicht auf die Preise niederschlagen müssen. Da die US-Wasserversorger in den nächsten Jahren ohne diese Bundesmittel nicht auskommen werden, wenn sie die Preise nicht erhöhen wollen, sollte es womöglich aus dem White House auch nach der Wahl daran keine Kürzungen geben. Die Wassernot in vielen Regionen der USA läßt eine Abschwächung der Finanzierung von Maßnahmen zur Sicherung der Wasserverfügbarkeit und -versorgung nicht zu.

Die umfangreichen wasserpolitischen Maßnahmen der Biden-Regierung in den Vereinigten Staaten wurden bereits durch den weitreichenden Infrastructure Investment & Jobs Act umgesetzt. Darin enthalten waren unter anderem Bundesmittel von 63 Milliarden US-Dollar für Initiativen für Wasser. Im einzelnen zählen dazu das Programm zur Elimination von PFAS-Substanzen aus dem Wasser, der Rückbau von Bleileitungen, der Clean Water State Revolving Funds zur Finanzierungshilfe für Kommunen zur Sicherung der Wasserqualität, Water Infrastructure Finance and Innovation Act mit zinsgünstigen Darlehn für den Aufbau der Wasserinfratsruktur, Water Infrastructure Improvements for the Nation mit Zuschüssen für die Wasserinfrastruktur. Angesichts der Tatsache, dass Wasser alles berührt, sollte die Rolle dieser Gesetze bei der Wasser- und Abwasserbewirtschaftung sowie bei den Marktchancen nicht unterschätzt werden. Daher ist die Wahrscheinlichkeit bedeutender politischer Änderungen durch ein demokratisches Weißes Haus sicherlich geringer als die einer Trump-Regierung.

Wird die Präsidentschaft von Kamala Harris die Wasserpolitik von Joe Biden fortsetzen?

Kamala Harris agierte als Vize-Präsidentin auch bei wasserpolitischen Themen eher im Hintergrund. Nur selten trat sie damit in Erscheinung. Im Juni 2022 stellte Harris den Action Plan on Global Water Security vor. Allerdings zielte diese mit Mitteln des Initiative nicht auf die USA ab, sondern hatte die internationale Wassersicherheit im Fokus. „Viele unserer grundlegendsten nationalen Sicherheitsinteressen hängen von der Wassersicherheit ab„, sagte Harris „Der Aktionsplan erhöhe die Wassersicherheit als ein wesentliches Element der internationalen Bemühungen der Vereinigten Staaten, nationale Sicherheitsziele zu erreichen, zu denen die Erhöhung der Gerechtigkeit und des Wirtschaftswachstums gehören (…)„, beschreibt den Plan ein Factsheet aus dem Weißen Haus. Setzt eine Präsidentin Kamala Harris diesen eingeschlagenen Weg fort, dürfte die USA in der weltweiten Initiative um den Schutz der Wasserressourcen und den Zugang zur Wasser und Sanitäreinrichtungen eine bedeutendere Rollen spielen.

Mitte Juli unterstützte eine Gruppe prominenter Umweltgruppen, darunter der Sierra Club und die politische Interessenvertretung League of Conservation Voters (LCV) sowie der Natural Resources Defense Council, Harris‘ Kampagne. „Ich denke, dass diese Themen wirklich zu ihrem Wesen gehören und ihr sehr am Herzen liegen“, sagte Tiernan Sittenfeld, Senior Vice President für Regierungsangelegenheiten bei der LCV gegenüber der Washington Post. „Ich denke, sie wäre felsenfest entschlossen, die Fortschritte dieser Regierung weiterzuführen und auszubauen.“

Würde ein Präsident Donald Trump den Rückwärtsgang bei der US-Wasserpolitik einlegen?

Noch läßt sich aus den Wahlkampf-Äußerungen von Donald Trump nur wenig ableiten, was Rückschlüsse auf seine künftige Wasserpolitik zuläßt, sollte er am Ende die Nase vorn haben. Beobachter vermuten aber, dass er von Dekreten Gebrauch machen wird und je nach Ausgang der Kongress-Wahlen ermächtigt werden könnte, bereits eingeleiteten wasserpolitischen Maßnahmen seines Vorgängers Biden auf administrativem Wege und gegebenenfalls mit Unterstützung des Supreme Courts zurückzufahren. Während seiner ersten Amtszeit sei bei Präsident Trump keinerlei Affinität zur Politikgestaltung sichtbar gewesen, wird ihm von Bluefield attestiert. Trump hatte während seiner Amtszeit ein, gelinde gesagt, gespaltenes Verhältnis zu den Bundesbehörden. Im vorausgegangenen Wahlkampf hatte Donald Trump mehrfach angekündigt, die EPA abzuschaffen, vor allem weil sie zu teuer sei. Am Ende hatte er einen andere Lösung gefunden. Leiter der EPA wurde sein Wunschkandidat Scott Pruitt einem erklärten Klimawandel-Leugner und Gegner der Klimaschutzpolitik vom US-Präsident Barack Obama. Das ist nur ein Beispiel dafür, wie die Besetzung von Schlüsselpositionen in US-Behörden Trump dabei unterstützen kann, ungewollte Zielsetzungen und Programme zu unterminieren und die eigenen politischen Ziele über die Exekutive zu realisieren.

Der Schwerpunkt seiner Maßnahmen wird wahrscheinlich auf Mitteln zur Beschleunigung der Genehmigungsverfahren (d. h. Abschwächung des National Environmental Policy Act), zur Verlangsamung der Einführung klimabezogener Maßnahmen im Rahmen des Inflation Reduction Act und anderen Programmen, die den vorsorgenden Umweltschutz zum Ziel haben oder von der Biden-Administration stammen. Im weiteren Sinne drängte Trump unbeirrt auf einen allgemeinen Kompetenzabbau, Budgetkürzungen und Deregulierungsmaßnahmen in der gesamten EPA durch Ernennungen, Durchführungsverordnungen und rechtliche Anfechtungen wie die Regel für bezahlbare saubere Energie. Diese Faktoren könnten als Mittel dienen, die PFAS-Regulierung durch administrative Mittel und rechtliche Hindernisse seitens der Chemiehersteller und verbundener Industriegruppen zu stören und zu verzögern. Nicht überraschen würde es allerdings, wenn Donald Trump seinem MAGA-Motto folgend, jene Programmen seines Vorgänger Biden fortsetzt, die die Rolle der USA auf den Weltmärkten stärken und durch Ansiedlung ausländischer Unternehmen des Umweltsektors neue Arbeitsplätze schaffen.

Am 13. Oktober 2020, kurz vor den Präsidentschaftswahlen im November erlies der damalige Präsident Donald Trump die „Executive Order (EO) 13956“ mit dem Titel “Modernizing America’s Water Resource Management and Water Infrastructure.” Mit diesem Erlass wurde ein behördenübergreifendes Unterkabinett für Wasserfragen eingerichtet, das das aus Sicht des Präsidenten ineffiziente behördliche Management der Wasserressourcen straffen und für die Verbesserung der US-Wasserinfrastruktur, den Schutz der öffentlichen Gesundheit und die Schaffung von Arbeitsplätzen bewirken sollte. Das Ergebnis war Stillstand. Denn Trump forderte zunächst einen umfassenden innerhalb von 90 Tagen vorzulegenden Bericht über die Koordinierung und Konsolidierung der behördlichen Aktivitäten. In dem er das neue Interagency Water Subcabinet schuf, etablierte er nicht nur einen „realen Zwilling“ des behördenübergreifenden Water Resource Councils, es wurden auch die bestehenden Strukturen aufgebrochen und die laufenden Prozesse in Teilen gestoppt.

Der „Wasserverteilungskampf“ um den Colorado River und die US-Wahlen

Von besonderer Bedeutung für die USA könnten die in den nächsten zwei Jahren anstehenden Entscheidungen über Wasserrechte und Wasserzuteilungen im Colorado River Basin sein. Die Verhandlungen für das Colorado River Basin sind in volllem Gange und sollen bis 2026 abgeschlossen sein. Über 40 Millionen Menschen in sieben US-Bundessaaten, zahlreiche Wasserkraftwerke, die Landwirtschaft und die indigenen Völker sowie der Norden Mexikos beziehen ihr Wasser aus dem Colorado River. Vor über hundert Jahren, im Jahr 1922, war den sieben US-Bundesstaaten die Entnahme des Wassers von Seiten der US-Regierung vertraglich zugesichert worden. Dürrefolgen und Übernutzung der Ressourcen haben neue Bedingungen geschaffen und den amerikanischen Traum von der Unendlichkeit der Ressourcen ein jähes Ende bereitet. Um die erforderlichen Maßnahmen tragfähig zu gestalten, hat Präsident Biden mit seiner Agenda „Investing in America“ und Milliardensubventionen aus dem Inflation Reduction Act für den Colorado River ein Programm zum Schutz der Wasserressourcen und zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit gegen den Klimawandel angestossen. Im Gegenzug sollen bis Ende 2026 zwei Milliarden Kubikmeter Wasser eingespart werden.

Die Neuverteilung der Wasserrechte am Colorado betrifft nicht nur die USA, sondern auch zwei Staaten in Mexiko. Für alle Beteiligten werden zweifelsohne erhebliche Zugeständnisse bei den Entnahmemengen einhergehen. Hier drohen Rechtsstreitigkeiten mit der US-Regierung und unter den Bundesstaaten, die bis zum Supreme Court gehen könnten. Es wird erwartet, dass die Bundesregierung bis Dezember 2024 einen Verordnungsentwurf vorlegt, der die verschiedenen Pläne berücksichtigt und einen Vorschlag für das weitere Vorgehen enthält. Bis dahin werden die Verhandlungspartner versuchen, eine Einigung zu erzielen. Die Wahlen dürften nicht nur den Ausgang der Verhandlungen, sondern auch den Zeitplan beeinflussen. Denn mit Blick auf einen „durchgreifenden“ Präsidenten Trump dürfte der Chef der Southern Nevada Water Authority recht behalten, wenn er die sieben Vertreter der US-Bundesstaaten bei den aktuellen Verhandlungen warnt: “These decisions will be made, if not by these seven humans, then by humans in black robes or humans sitting in Congress” – „or by the President elected Donald Trump“ könnte man ergänzen. Aber auch das Verhältnis zu Mexiko könnte sich eine weitere konfliktbehaftete neue Flanke neben dem Thema Migration erhalten. Trump könnte das Wasser in seinen angestrebten Deal mit Mexiko einbeziehen wollen.

Ausblick noch verfrüht

Da die demokratische Kandidatin Kamala Harris bei ihrem Programm bisher noch sehr unkonkret geblieben ist und von ihrem Konkurrenten Donald Trump zuverlässige und glaubwürdige Aussagen diesbezüglich noch nicht zu vernehmen waren, ist es für den Ausblick in die Zukunft sicher noch zu früh. Aber Donald Trump wird mit seiner ersten Amtszeit ein Regierungsmuster gesetzt haben, an dem er vermutlich festhalten wird. Das verheißt wenig Gutes. Setzt Kamala Harris das fort, was Joe Biden in Gang gesetzt hat, dürfte sie wasserpolitisch den richtigen Weg einschlagen. Allerdings muss noch einiges mehr getan werden, um mit der Dynamik des Klimawandels und Verschlechterung der Infrastruktur Schritt halten zu können. Wasser könnte auch in den USA, dem Land der vermeintlich unendlichen Ressourcen, ein Thema mit politischer Sprengkraft werden.

Quellen und Weiterführendes

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