Wie mit “Whistleblowern“ und “Wasserpolizisten“ die Wasserverschwendung bekämpft wird

Trockenheit in einigen Regionen Deutschlands. Aufrufe zum Verzicht auf die Gartenbewässerung und, wenn diese nicht befolgt werden, gibt es Verbote. Stellen Sie sich vor, städtische Ordnungshüter überwachen deren Einhaltung. Nachbarn können Verstöße auf einer Website melden. Kaum zu glauben und dennoch Realität. In Los Angeles, das seit Jahren gegen Wasserknappheit, Dürre und übermäßigen Wasserverbrauch zu kämpfen hat, sind Wasserpolizisten auf den Straßen unterwegs und überwachen die Einhaltung der Wasser-Regeln mit Unterstützung durch nachbarschaftliche Whistleblower. Der Beitrag stellt diese Regeln vor und versucht eine Überleitung nach Deutschland.

Eine lange Liste mit Regeln und „Wasser-Ruhetagen“

Da sich Stauseen und Flüsse auf historischen Tiefständen befinden, hat die Wasser- und Energiebehörde von Los Angeles, die LADWP, Wasserbeschränkungen für Bürger und Betriebe eingeführt. Angesichts der Wasserstände in den Reservoirs gilt aktuell die Phase 3 von insgesamt 6 Eskalationsstufen.

  • Demzufolge dürfen Rasen auf privaten Flächen nur noch 8 Minuten lang bewässert werden.
  • Die Rationierung wird gelockert, wenn ein wasserschonender Düsensprinkler verwendet wird. Die Bewässerung kann dann auf nur zwei 15-Minuten-Zyklen pro Tag ausgedehnt werden.
  • Von Hand bewässern schafft ebenfalls Freiräume, sofern der Schlauch mit einer Absperrdüse ausgestattet ist. Dann ist die Bewässerung des Gartens zulässig, wenn dies vor 9 Uhr oder nach 16 Uhr stattfindet.
  • Verboten ist das Bewässern, während Regen fällt und für 48 Stunden, nachdem es geregnet hat.
  • Wer seinen Gemüsegarten mit Wasser versorgen will, muss sich lediglich an die tageszeitlichen Beschränkungen halten und muss wassersparend bewässern, entweder mit Tröpfchenbewässerung oder von Hand.
  • Autowaschen geht gar nicht.
  • Pools sollten abgedeckt werden, um die Verdunstung zu verringern.
  • Täglich Rasen bewässern ist nicht erlaubt.
  • Um die Versorgungssysteme nicht mit Abnahmespitzen zu belasten, werden die Bewässerungszeiten in der Woche zugeteilt.
  • An drei Tagen in der Woche ist “Wasser-Ruhetag“.
  • Die LADWP-Kunden sind zudem auf die Bewässerung zweimal pro Woche beschränkt, mit unterschiedlichen Bewässerungstagen für ungerade und gerade nummerierte Adressen.
  • Ungerade Hausnummern können montags und freitags gießen, während gerade Hausnummern donnerstags und sonntags gießen können.
Man sollte wissen, an welchen Wochentagen die Bewässerung erlaubt ist (Q: LADWP)

Whistleblower aus der Nachbarschaft können Verstöße anonym melden

Die Regeln sind hart, Verstöße werden sanktioniert. Zunächst beginnt es mit Verwarnungen. Wiederholungstäter müssen danach zwischen 200 und 1.200 US-Dollar Strafe je nach Eskalationsphase bezahlen. Nach dem fünften Verstoß wird ein Gerät installiert, das die Versorgung eines Haushalts physisch einschränkt. Wer trotzdem mehr bewässern will und dies unerkannt halten möchte, sollte sich mit seinen Nachbarn gut stellen, denn die meisten Hinweise bekommen die Behörden von Bürgern. Den Hinweisen gehen “Water Patrols“ nach, nennen wir sie “Wasserpolizisten“. Wer seinen eigenen Rasen vertrocknen sieht, es in der Nachbarschaft aber grünt, der wird womöglich zum Hörer greifen und seinen Nachbarn bei den Behörden melden. Dafür hat die LADWP eine eigene Website für “Whistleblower“ eingerichtet. Geschützt durch die Anonymität, womöglich auch um offenen Nachbarschaftsstreit zu vermeiden, können Angaben zum Verstoß, zum Übeltäter oder zur Täterin sowie Uhrzeit und Ort der Tat gemacht werden. Für Beweisfotos wird noch eine Upload-Funkion angeboten. Einen Anspruch auf eine Information über den Fortgang des Verfahrens und ein etwaige Ahndung gibt es aus Datenschutzgründen, wie es heißt, allerdings nicht. (Übrigens konnte ich es nicht lassen, die Seite mit einem imaginären Verstoß zu nutzen. Sie funktioniert tatsächlich)

Hier können Verstöße gemeldet werden (Q: LADWP – Screenshot 2.8.22)

Bei 423 Litern Wasser pro Tag wird noch viel gespart werden müssen

Die Angelinos, wie die Bewohner von Los Angelos genannt werden, gehen nicht wirklich sparsam mit Wasser um. Umgerechnet 423 Liter Wasser verbrauchte im April 2022 umgerechnet jede Person pro Tag. In Deutschland sind es 127 Liter. Wegen der großen Grünflächen und der Trockenheit landen in der kalifornischen Metropole rund 50 Prozent des Wassers in Gärten und Swimmingpools. Aber es war schon deutlich mehr. Seit Beginn des Sparprogramms konnte der Verbrauch um fast 24 Prozent reduziert werden. Bis zum Erreichen der politischen Zielsetzungen in Höhe von umgerechnet 400 Litern ist noch ein langer Weg. Aber auch das dürfte nicht das Ende des Sparprogramms in Kalifornien sein. Übrigens sollen es Deutschland offiziiellen Statistiken zufolge nur 6 Prozent Wassernutzung in Gärten und Pools sein. Ich prognostiziere, dass diese Zahl demnächst angehoben wird.

Was können wir in Deutschland daraus lernen?

Der Umgang der von Wasserknappheit und übermäßigen Wasserverbrauch betroffenen Metropole Los Angeles mit den “Wasserverschwendern“ ist sicher kein zwangsläufiges Beispiel für Deutschland. Trotzdem sind auch manche Kommunen hierzulande nicht mehr weit davon entfernt, strengere Regeln zu erlassen. Schon heute fürchten viele Wasserexperten einen niederschlagsarmen Winter und einen erneut trocknen Sommer 2023. Dann dürfte es einige Neuerung bei den Wassernutzungsregeln geben. Aber auch schon heute ist zu hören, dass einige betroffene Kommunen in Hessen auf die Nachbarschaften setzen, wenn es um die Einhaltung von Regeln geht. Selbst bei den so genannten “Wasserampeln“, die auf gelb oder rot geschaltet sind, wird mir auf Nachfragen erklärt, dass die “soziale Kontrolle“ bei der Sensibilisierung von Wassernutzern beim sorgsameren Umgang mit Wasser eine wichtige Rollen spielen. Es wird also in der Wasserkommunikation darauf ankommen, möglichst präventiv das Thema Wassernutzung aufzugreifen. Ein “sklavisches Wassersparen“ dürfte die Wasserversorger unter wirtschaftlichen Druck setzen, denn bei hohen Mengenpreisanteilen würden Umsätze weg brechen. Auch in den USA diskutieren die Verantwortlichen neue Tarifstrukturen, um die Umsatzerlöse der Versorger trotz Wassersparens robuster und nachhaltiger zu gestalten. Auch hierzulande gibt es bereits derartige Preissysteme wie das „Systempreismodell“ der RWW. Auch werden smarte Tarife und digitale Wasserzähler benötigt werden, um neben den kommunikativen Anreizen auch ökonomische Anreize, zum Beispiel bei Verbrauchsspitzen zu setzen. Es wird also meines Erachtens nicht möglich sein, nur an einer Stelle anzusetzen. Die Wasserproblematik muss ganzheitlich angegangen werden. Noch ist in Deutschland Zeit dafür, die Vorbereitungen zu treffen.

Quellen / Weiterführendes

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