Wasser ist lebenswichtig – und doch wissen viele nur wenig über ihren tatsächlichen Verbrauch

Ob auf kommunaler, nationaler oder europäischer Ebene: Die aktuellen Wasserstrategien setzen alle auf einen sorgsameren Umgang mit Wasser und wollen die NutzerInnen stärker für ihren Wasserverbrauch sensibilisieren. Doch gerade in Mehrfamilienhäusern bleibt der eigene Wasserverbrauch oft eine Blackbox. Warum? Weil die jährliche Betriebskostenabrechnung als „Wahrnehmungsbarriere“ wirkt – sie liefert zu spät und zu wenig Information, um das eigene Verhalten wirklich zu hinterfragen und das Verhalten zielführend zu verändern.

Im Bereich Heizung und Warmwasser gibt es bereits eine positive Entwicklung: Seit 2022 müssen Mieter monatlich über ihren Verbrauch informiert werden. Diese regelmäßige Rückmeldung sorgt für mehr Transparenz und kann helfen, den Verbrauch und die Sinnhaftigkeit weiterer Wassersparmaßnahmen besser einzuschätzen. Doch wie sieht es mit dem Kaltwasserverbrauch aus? Wäre es nicht sinnvoll, auch beim kalten Trinkwasser monatliche Verbrauchsinformationen einzuführen? In diesem Beitrag werfe ich einen Blick auf aktuelle Regelungen, ihre Auswirkungen und die Weiterentwicklungsmöglichkeiten, die für mehr Transparenz beim Wasserverbrauch sorgen könnten. (Lesezeit: 5 Minuten; Beitrag # 905)

  • Stellenwert des Wassersparens nimmt zu, allerdings fehlen die für Verhaltensänderungen erforderlichen Informationen
  • Jährliche Betriebskostenabrechnungen sind unzureichend und eher Wahrnehmungsbarrieren für den Kaltwasserverbrauch
  • Unwissenheit und Desinteresse bei Verbrauchseinschätzungen führen zu Fehlverhalten
  • Vergleichswerte mit ähnlichen Haushalten würden bessere Orientierung geben
  • Monatliche Verbrauchsinformationen wie bei Wärme und Warmwasser gemäß Heizkostenverordnung sollten auch Kaltwasser erfassen – besser wären freiwillige Leistungen der Vermieter

Die Betriebskostenabrechnung als „Wahrnehmungsbarriere“

Die latente Bereitschaft, sich ressourcenschonend zu verhalten, ist hoch – zumal, wenn die Berichterstattungen über Wasserknappheit zunehmen und sich das schlechte Gewissen meldet. Aber viele VerbraucherInnen unterschätzen ihren Wasserverbrauch oder sehen ihre Sparpotenziale als ausgeschöpft an, obwohl Vergleichswerte andere Schlussfolgerungen zuließen. Andere wiederum bewegen sich mit dem Sparverhalten an der Grenze zur Wasserhygiene, wenn sich Verbrauch zu Stagnationen in der häuslichen Installation führt. Mindestens aus Kostengründen ist dann angesichts der vergleichsweise geringen Wasserpreise und Abwassergebühren unangebracht. Daher wäre es hilfreich, wenn die Haushalte ihre Verbräuche kennen würden und Vergleichsmöglichkeiten hätten.

Unwissenheit über den persönlichen Wasserverbrauch ist weit verbreitet

Die Mehrzahl der Haushalte kennt weder ihre Wasserkosten, noch die eigenen Wasserverbräuche oder Einsparpotenziale, geschweige denn die zu zahlenden Wasserpreise. Das belegen regelmäßige Befragungen von Wasserverbrauchern im Auftrag der wasserwirtschaftlichen Fachverbände VKU und BDEW. So geben nur 25 Prozent der Befragten an, ihre Kosten für Wasser zu kennen. Nicht geringer die Unwissenheit bei den Verbräuchen. Laut einer unveröffentlichten Studie im Auftrag von Wasserversorgern haben über 80 Prozent der Befragten keine Vorstellung von der Höhe ihres Wasserverbrauchs.

Haushalte in Mehrfamilienhäusern sind auf die einmal jährlich erstellten Betriebskostenabrechnungen angewiesen, wenn sie etwas über ihren Kaltwasserverbrauch oder die damit verbundenen Kostenerfahren wollen. Nahezu 40 Prozent der Verbraucher, die das Marktforschungsinstitut IESK im Auftrag des VKU befragt hat, geben an, sich für die Betriebskostenrechnungen nicht zu interessieren. Ein Großteil bezeichnet die Abrechnungen als unverständlich. Dafür gibt es plausible Gründe. Da Betriebskostenabrechnungen nur einmal jährlich und dann auch erst nach einem langen Zeitraum zur Verfügung stehen, verlieren die Informationen ihre Aktualität und – falls keine gravierenden Kostensteigerungen verkündet werden – die Empfänger das Interesse. Das ist auch nicht weiter überraschen, bemängelt doch ein Drittel der Befragten, dass in den Abrechnungen häufig gar keine aussagekräftigen Verbrauchsinformationen zum Wasser enthalten sind. Die Betriebskostenabrechnung als „Wahrnehmungsbarriere“ verhindert daher, dass Haushalte in Mehrfamilienhäusern ihren Wasserverbrauch kritisch hinterfragen.

Die Frage lautet also: Wie können sie unabhängig von der Betriebskostenabrechnung ihre Verbrauchsinformationen differenzierter und häufiger erhalten?

Umfassendere und häufigere Information = geringerer Verbrauch?

Bei den Warmwasserverbräuchen sorgt die Heizkostenverordnung (HKVO) für mehr Transparenz und Anreize. Mit Hilfe einer monatlichen Information über den Warmwasserverbrauch soll der sparsame Umgang mit Warmwasser (und Wärme) gefördert werden. Gebäudeeigentümer sind seit 2022 verpflichtet, ihren Mietern monatliche Verbrauchsinformationen bereitzustellen. Diese sind zuvor mit fernauslesbaren Zählersystemen erfasst worden. Bereitgestellt werden müssen auch Vergleichsdaten von „Durchschnittsnutzern derselben Nutzerkategorie“. Damit sollen die Haushalte im Rahmen eines Benchmarkings eine Selbsteinschätzung vornehmen können, um Optimierungspotenziale auszuloten

Zahlreichen Studien zufolge führen Frequenzsteigerungen von Verbrauchs- und Kosteninformationen zu Einsparungen beim Energieverbrauch. Inwieweit dies auch tatsächlich der Fall sein wird, hängt sicherlich nicht nur von den Verbrauchsinformationen ab, sondern auch von externen Einflüssen und Kontextinformationen. In Bezug auf Wasser gibt es zahlreiche Informations- und Sensibilisierungsinstrumente, die flexibel in Abhängigkeit von der jeweiligen lokalen und temporären Versorgungssituation eingesetzt werden. In Hessen sind seit einigen Jahren „Wasserampeln“ im Einsatz, mit denen die Kommunen auf etwaige Knappheitssituationen bei Wasser hinweisen. Diese öffentlichen Informationsinstrumente, gekoppelt mit Empfehlungen zum Verzicht bestimmter Wassernutzungen, wirken sich dämpfend auf den Wasserverbrauch aus, erklärten mir einige hessische Kommunen auf Anfrage. Wie lange das anhalten wird, wäre ein Untersuchungsgegenstand. Meines Wissens ist aber ein solches Projekt im Rahmen der Maßnahmen zu hessischen Zukunftskonzept Wasser nicht zum Zuge gekommen. Denn die Frage scheint berechtigt. Die Kommunikation auf den kommunalen Websites oder mit Hilfe von City-Apps erreicht die Adressaten immer seltener.

Hilfreich wären personalisierte und zielgerichtete Informationen über das eigene und das Verbrauchsverhalten von Vergleichshaushalten.

Evaluierung der Heizkostenverordnung eine gute Gelegenheit ?

Wäre die monatliche Verbrauchsinformation für Kaltwasser ein solche personalisiertes und zielgerichtetes Instrument?

Die Bundesregierung muss auf Beschluss des Bundesrates vom 5.11.2021 in diesem Jahr (spätestens 31. August 2025) einen Evaluationsbericht zur HKVO veröffentlichen. Darin wird insbesondere die Wirkung der monatlichen Verbrauchsinformation behandelt. So soll untersucht werden, inwieweit die gesetzten Ziele im Hinblick auf die häufige Bereitstellung von Verbrauchsinformationen erreicht worden sind. Das könnte ein guter Zeitpunkt sein, die Verbrauchsinformation auf Kaltwasserverbräuche auszudehnen.

Die technischen Voraussetzungen für die Erfassung der haushaltsnahen Verbrauchsdaten bei Kaltwasser dürften eigentlich gegeben sein. In fast allen Bundesländer gilt die gesetzliche Pflicht zur Abrechnung der Kaltwasserkosten nach Verbrauch. Egal ob eingebauter Wohnungswasserzähler oder Ablesung per Funkadapter, die Daten müsste für Kaltwasser zur Aufbereitung durch den Abrechnungsdienstleister vorliegen. Haushalte, die sich ohne diese Unterstützung für ihren Wasserverbrauch interessieren, müssten umständlich ihre Wohnungskaltwasserzähler ablesen und eigene Auswertungen vornehmen. Ob deren Aussagekraft, zumal ohne Vergleichsmöglichkeiten als Anreiz ausreichend sein wird, ist fragwürdig.

Neue Wärme- und Warmwasserverbrauchszähler müssen bereits seit Dezember 2021 fernablesbar sein. Bis 2026 müssen alle bestehenden Zähler entsprechend nachgerüstet oder ausgetauscht werden, um eine automatische und fehlerfreie Datenübermittlung ohne persönliche Ablesung zu gewährleisten. das Problem aber ist die Aufbereitung und Interpretation der Daten. Was fehlt sind Benchmark-Informationen, also Vergleiche mit Verbrauchswerten ähnlicher Haushalte, diese machen die eigenen Verbräuche noch aussagekräftig für eine Selbsteinschätzung.

Schauen wir zunächst ins Internet und suchen nach Online-Tools mit regionalen Daten. Meinen Recherchen zufolge gibt es abgesehen von Hamburg (siehe Abbildung) für private Haushalte aktuell keine Online-Wasserverbrauchs-Rechner, die den eigenen Verbrauch gezielt mit regionalen Durchschnittswerten vergleichen. Die meisten Tools nutzen nationale oder internationale Vergleichswerte. Immer wieder tauchen 123 oder 126 Liter als täglicher Durchschnittswert auf. Viele Online-Wasserverbrauchsrechner ziehen als Referenziert diesen Durchschnittsverbrauch gemäß Statistischem Bundesamt heran. Das ist viel zu allgemein. Die Aussagekraft von statistischen Durchschnittswerten wie diesen könnte nicht geringer sein. Aber was hilft ein abstrakter Wert ohne Vergleichsmöglichkeit. Was ist viel und was wenig?

Es bräuchte Vergleichswerte identischer Wohnsituationen und Haushaltsgrößen, um zu erkennen, ob man wirklich zu viel verbraucht und besser sparen sollte. Die in den monatlichen Verbrauchsinformationen gemäß Heizkostenverordnung für Wärme und Warmwasser verwendeten Daten der „Durchschnittsnutzer derselben Nutzerkategorie“ bräuchten nur durch Kaltwasserdaten ergänzt werden und schon hätten die Verbraucher eine Selbsteinschätzung, wo sie mit ihrem Verbrauch stehen. Es wäre dann auch vollständig, denn Warmwasser ist darin ja schon enthalten.

Digitalisierung der haushaltsbezogenen Verbrauchsabrechnung für Wasser

Eine Lösung die „Wahrnehmungsbarriere“ bei Verbrauchsinformationen für Kaltwasser auf Haushaltsebene zu überwinden, könnten also fernauslesbare digitale Kaltwasserzähler und entsprechende monatliche Verbrauchsinformationen sein. Auch wenn das Vorgehen plausibel scheint, verweisen von mir angefragte Immobiliendienstleister auf die fehlende gesetzliche Grundlage für die Einbeziehung von Kaltwasser. Rechtssystematisch sei es gar nicht möglich, Kaltwasser in die Heizkostenverordnung einzubeziehen, war zu hören. Aber vielleicht brauchen die Immobiliendienstleister gar keinen Gesetzgeber. Es könnte ja auch Teil ihres Geschäftsmodells sein. Dafür gibt es Beispiele. Der Immobiliendienstleister Minol bietet mit dem neuen eMonitoring Vermietern und Verwaltern ein Analysetool, mit dem sie monatliche Verbrauchsinformationen nicht nur jederzeit online abrufen, sondern auch Mietern digital zur Verfügung stellen können – Kaltwasser inklusive. Natürlich sind diese Mehrleistungen nicht kostenlos, aber da die Daten schon vorliegen, die Systeme existieren, dürften die Mehrkosten minimal sein.

Bestimmt ist noch nicht alles gesagt

Die Nationale Wasserstrategie, die Landeswasserstrategien, viele kommunale Wasserversorgungskonzepte und neuerdings auch die Wasserstrategie widmen sich dem Thema Wassersparen. Erstaunlich dabei ist aus meiner Sicht, wie wenig die VerbraucherInnen, die Politik und die allgemeine Öffentlichkeit wirklich darüber wissen. Die Wasserverbräuche sind in vielerlei Hinsicht eine Blackbox. Viele Wassernutzer sind verunsichert. Transparenz und Aufklärung sollten wichtiger als Verbote sein.

Das Thema ist tatsächlich um einiges komplexer als in diesem Beitrag darstellbar, zumal wenn die Wasserspreise und ökonomische Anreize ins Spiel kommen. Es gibt zudem noch viel Untersuchungsbedarf beim wasserbezogenen Verbrauchsverhalten sowie der Informationswahrnehmung und der Veränderungstreiber für den Wasserverbrauch. Bin gespannt auf den Diskurs. 

Demnächst stelle ich hier ein innovatives Startup vor, dass sich mit wachsendem Erfolg der Verbrauchstransparenz bei Kaltwasser angenommen hat. Dabei gehen die Entrepeneure noch einen Schritt weiter ….

Diese Meinung hatte ich in kürzerer Form im Januar 2025 in meinem Beitrag für die Fachpublikation des bved— Bundesverband für Energie- und Wasserdatenmanagement e.V., „Die Heizkostenabrechnung“ (HKA) publiziert.

Beitragsfoto:  JuraKovr via Pixbay

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Was meinen Sie dazu?

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..