Aufklärung statt Verbote fordert VEOLIA-Chefin beim Wasserverbrauch

Angeheizt durch die Medienberichte verschärfen sich in einige Regionen die Nutzungskonkurrenzen um das Wasser. Dabei werden vermehrt Erwartungen an die Wasserversorger herangetragen, regulierend mit höheren Wasserpreisen Sparanreize zu setzen. Zudem mehren sich die Verbote für bestimmte Nutzungszwecke. Auch sollen Versorger über die Priorisierung bestimmter Nutzungen eine „ordnende Hand“ haben. Dagegen wehrt sich in einem Gespräch mit dem SPIEGEL die Chefin des weltweit führenden Wasserkonzerns VEOLIA, Estelle Brachlianoff. „Ich denke, wir täten gut daran, uns nicht in Richtung einer strafenden Ökologie zu entwickeln, sondern hin zu einer erklärenden Ökologie, die Lösungen anbietet.“ Andernfalls, so die Managerin, würden wir nur Schuldige suchen, „heute sind es die Poolbesitzer, morgen die Privatjetkunden. Das führt nur dazu, dass alle anderen denken, sie müssten nicht sparen, weil ja die Poolbesitzer dran seien.“ 

Brachlianoff spricht sich auch am Beispiel ihrer eigenen Familie für mehr Aufklärung aus. Je mehr über die Wassersituation und die Ursachen gesprochen werde, desto wirksamer und nachhaltiger die Verhaltensänderung. Wer einmal sein Verhalten grundsätzlich geändert habe, der verfalle nicht in alte Muster zurück, wenn die Trockenheit mal einen Sommer ausbleibt. Das seien Erkenntnisse aus Befragungen, die der VEOLIA-Konzern weltweit durchgeführt hat.

Befragungen zeigen die Bereitschaft zum Handeln – unsicher ist das „wie“

Die Erwartungen der VEOLIA-Managerin decken sich auch mit den Befragungsergebnissen eines deutschen Marktforschungsunternehmens, dessen Ergebnisse mir vorliegen. Demnach ist in jedem zweiten Haushalt der Befragungsregion ein Duschsparkopf und eine Stopptaste bei der WC-Spülung eingebaut und in zwei von drei Haushalten stehen Geschirrspüler und/oder Waschmaschinen, die über Wassersparprogramme verfügen. Es ist kaum anzunehmen, dass sich das sogenannte „autonome Wassersparen“ ändern wird, wenn die Trockenheit nachlassen sollte. Allein der Blick auf die Entwicklung des Wasserverbrauchs von Waschmaschinen lässt langfristig reduzierte Verbräuche erwarten. So haben Waschmaschinen vor 30 Jahren mehr als das Dreifache an Wasser verbraucht – und mit ihm Energie.

Wasserverbrauch in Waschmaschinen
(Datenstand 2021; Recherchen, Gendries)

Jeden Tag fließen beim Händewaschen und bei der Toilettenspülung immense Trinkwassermengen in die häuslichen Schmutzwasserleitungen. Vielen Verbrauchern haben dabei ein schlechtes Gewissen. das zeigen Befragungen. Unsicher sind sie bei Umsetzung des Wassersparens. Vielen sind wahren Einsparpotenziale immer noch nicht vollends bewußt. Sie brauchen Hilfestellung. Allein die Wahrnehmung zu steigern und zu sensibilisieren wird nicht ausreichen.

From Awareness to Action – wie es Israel macht

Wie das gehen kann, stellte auf einem Fachwebinar des Landeszentrums für Umweltbildung des Landes Rheinland-Pfalz, das ich moderieren durfte, der Kommunikationsleiter der israelischen Wasserbehörde Uri Schor vor. Dabei unterstrich er aus den Erfahrungen Israels, wie die Bevölkerung für den Wert der dort sicher noch knapper verfügbaren Ressource Wasser nicht nur sensibilisiert und aufgeklärt, sondern mit konkreten Maßnahmen auch zum nachhaltig wirkenden Handeln bewegt wird. Zwar ist vieles von dem, was er unter dem Titel From Awareness to Actionerklärte, auch hierzulande mittlerweile bekannt. Aber „bekannt“ reicht nicht, es muss auch gehandelt werden. Der Instrumentenkasten in Deutschland, wenn es um Maßnahmen zum sorgsamen Umgang mit Wasser geht, könnte eigentlich gut gefüllt werden. Eine Best-Practice-Plattform, auf der sich Initiativen, Versorger und die Bürgerschaft informieren könnten, um geeignete Maßnahmen zu finden wäre ein erster Schritt.

Wasserversorger haben eine wichtige Rolle und die Verpflichtung zur Aufklärung

Die von den Bundesländern aufgelegten Landeswasserstrategien und auch die Nationale Wasserstrategie haben dafür zahlreiche Maßnahmen vorgesehen, die sich aber zumeist auf die Kommunikation beschränken. Dies wird aber möglicherweise nicht ausreichen. Es werden auch Beispiele benötigt, Best-Practices aus der Nachbarschaft oder den Freundeskreisen sowie möglichst auf die Kommunen angepasste Instrumente. Eine sehr wichtige Rolle kann auch der Wasserwirtschaft zuerkannt werden. Die Wasserversorger genießen nicht nur das höchste Vertrauen, sondern auch einen unangefochtenen Expertenstatus, wenn es um das Wasser und den sorgsamen Umgang damit geht. Sie sind zudem bei den Menschen vor Ort – quasi am Wasserhahn. Aber das ist nicht der einzige Grund. Die Wasserversorger sind auch gesetzlich verpflichtet, die Konsumenten beim sorgsamen Umgang mit Wasser zu unterstützen. Im Wasserhaushaltsgesetz heißt es, “Die Träger der öffentlichen Wasserversorgung wirken auf einen sorgsamen Umgang mit Wasser hin. Sie halten insbesondere die Wasserverluste in ihren Einrichtungen gering und informieren die Endverbraucher über Maßnahmen zur Einsparung von Wasser unter Beachtung der hygienischen Anforderungen“ – worunter die Vermeidung der Stagnation zu verstehen ist.“ (§ 50 Absatz 3 WHG)

Aber nicht nur das. Seit Mitte 2023 gilt die neue Trinkwasserverordnung. Als Umsetzung EU-Trinkwasser-Richtlinie beinhaltet sie zahlreiche Informationspflichten für die Betreiber von Wasserversorgungsanlagen gegenüber Anschlussnehmern und Verbrauchern (§§ 45 u. 46 TrinkwV). Dazu gehören beispielsweise Empfehlungen für die Verbraucher zur Verringerung der Menge des verbrauchten Wassers (§ 46 Abs. 1 Zi. 7 a). Auch Vergleichswerte, wie sie bei Strom und Gas auf den Rechnungen zu finden sind, sollen die Wasserversorger liefern. Vereinzelt finden sich konkrete Hilfestellungen von Wasserversorgern für Verbraucher beim sorgsamen Umgang mit Wasser (z.B. Giesscheck.de der Harzwasserwerke). Zahlreiche Wasserversorger stehen mit ihren Projekten in den Startlöchern. Einige von Ihnen berate ich gegenwärtig bei der kommunikativen und inhaltlichen Ausgestaltung ihrer Kampagnen.

Es muss also mehr sein, als nur eine gesteigerte Wertschätzung des Wassers. Wir brauchen Beispiele und konkreten Maßnahmen für die Bürger. So kann der sorgsame Umgang mit Wasser zu einer intrinsischen Motivation werden und tatsächlich nachhaltige Erfolge liefern.

Quellen Weiterführendes

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