EU will Wasserverbrauch von Toiletten und Urinalen reduzieren

Wer bisher davon ausgegangen war, dass sich die EU-Bürokratie auf die Vereinheitlichung der Form von Gemüse konzentriert, der wird jetzt eines besseren belehrt. Im Rahmen der EU-Programme „Eco-Label“ und „Green Public Procurement“ (Grünes Öffentliches Beschaffungswesen) sollen jetzt Toiletten und Urinale in Europa „grüner“ werden. Dies hat die EU-Kommission am 7. November verabschiedet. Die in einer 60-seitigen Studie (siehe dort) enthaltenen Analysen und Empfehlungen des der Entscheidung zugrunde liegenden SUSPROC-Projekts stammen vom Joint Research Centre Institute for Prospective Technological Studies, einem Thinktank der EU Kommission. Das Expertenteam, an dem auch externe Experten als sog. Stakeholder mitwirken (können), kommt zu dem Ergebnis, dass unter der Vielzahl einzeln abgeprüfter Kriterien die Wasserverbräuche bei Toiletten und Urinalen die größten Umweltauswirkungen haben. Neben dem jeweiligen Wasserverbrauch wurde auch die Langlebigkeit der Produkte, der Herstellungsprozess der Keramik usw. untersucht.

Für die Toiletten, die künftig in Europas Bäder und WCs Einzug halten sollen, bedeutet dies, dass die Höchstgrenze für das Volumen der Vollspülung sechs Liter nicht überschreiten darf. Bei Urinalen ist nach einem Liter Schluss. Zwar gibt es noch einige Details, die sind aber eher etwas für die Experten. Wen es dennoch interessiert, der findet diese hier.Beschluss der EU-Kommission

Angesichts der Lehren aus dem Vorstoß und den medialen Rückstößen bei den „Duschköpfen“ setzt der zuständige EU-Kommissar mittlerweile auf Freiwilligkeit. Denn schliesslich würde sich ein geringerer Wasserverbrauch von Toiletten in öffentlichen Einrichtungen ja finanziell lohnen, deshalb sollen Empfehlungen reichen. Fragt sich der Zweifler, warum es denn dann der EU-Initiative überhaupt bedarf, wenn doch der ökonomische Anreiz ausreichend sein soll. Vermutlich wird es darauf hinauslaufen, dass Preisvorteile eines weniger sparsamen Produkts durch ein zertifiziertes „grünes“ Wettbewerbsprodukt wettgemacht werden können. Übrigens lernt man als Leser der Studie und der dazugehörigen Analyseergebnisse, dass die Nachbarn aus den Niederlanden schon einen Schritt weiter sind: Toiletten-Wasserverbräuche sind dort mit 6 Litern limitiert, übrigens auch in England und Frankreich. Und da sich diese dort bewährt zu haben scheinen, werden sie jetzt Standard. Ich weiß mich noch gut zu erinnern, wie mir deutsche Sanitärhersteller erklärten, dass sie ab sechs Litern oder weniger nicht garantieren könnten, dass der Toiletteninhalt auch ordnungsgemäß transportiert werde. Aber man kann ja zweimal auf die Taste drücken… Dessen ungeachtet werden sich vermutlich die Rohrreinigungsunternehmen freuen.

Übrigens: Kein Expertenergebnis ohne mathematische Formel: weil sich ein eindeutiger Durchschnittswasserverbrauch in der EU nicht feststellen läßt, kann man diesen mit der Formel Va = (Vf + (3 x Vr)) / 4 berechnen. Wer sich neben der Formel für weitere Details interessiert, dem sei die Website von SUSPROC empfohlen.

Vielleicht gefällt den Brüsseler Urinal-Experten aber auch die Entwicklung des lettischen Designers Kaspars Jursons: ein Urinal mit darüber liegendem Waschbecken, zwecks Mehrfachnutzung des Wassers – in der richtigen Reihenfolge wohlgemerkt.

Interessierte an diesen EU-Themen müssen nicht lange auf eine Fortsetzung warten. Schon wird an einer Regel für Wasserhähne und Duschen gearbeitet….

20131113-205745.jpg Foto: npr.org

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