Wasser für 10 Euro je 100 Liter?

Eine skurrile Diskussion um die Höhe des Wasserpreises bei öffentlichen Wohnmobil-Stellplätzen offenbart, welche Wirkung den Wasserpreisen aus Sicht einiger Kommunalpolitiker beigemessen werden.

Doch der Reihe nach. Immer mehr Menschen reisen mit dem Wohnmobil durch die Welt und geniessen ihre Freiheit. Die Kommunen mit mal mehr, mal weniger reizvollen touristischen Highlights machen sich deren Zahlungsbereitschaft zunutze und laden sie mit Wohnmobil-Stellplätzen zum Übernachten – und zum Geld ausgeben – ein. So weit so gut. Wer einen solchen Übernachtungsplatz sucht, der weiß, dass dieser nur in Ausnahmefällen noch wirklich kostenlos ist. Nicht selten werden für derartige Plätze schon bis zu 40 Euro verlangt – für eine Nacht. Je nach Grundpreis kommen Entgelte für Leistungen wie Strom, Abwasser und Trinkwasser noch dazu.

In Grafing im Landkreis Ebersberg unweit der Landeshauptstadt München kostet der Stellplatz 15 Euro pro Tag – zuzüglich der Entgelte für Zusatzleistungen. Und da setzt das Problem an. Der dortige Stadtrat hat nämlich jüngst eine sprudelnde Einnahmequelle entdeckt, wie der Merkur berichtete: den Wasserpreis für Wohnmobilisten. Ein Vertreter der Grünen-Fraktion im Grafinger Stadtrat vertrat die Meinung, dass 100 Liter Trinkwasser an der örtlichen Stellplatz-Versorgungsstation doch 10 Euro kosten dürften. Aber nicht, weil das Trinkwasser diesen Preis wert wäre – was im Vergleich zum Flaschenwasser-Preis genau genommen ja sogar ist – , sondern weil es sich die Wohnmobilisten wohl auch leisten können. Sein Argument: Wer sich ein Wohnmobil für 50.000 bis 100.000 Euro leisten könne, der könne auch zehn Euro für 100 Liter Wasser bezahlen. 

Übertragen wir diese Denkweise auf andere Wassernutzer und Gegebenheiten, dann entsteht daraus eine interessante Dynamik. Ein Camper, der sich ein Wohnmobil leisten kann (da fiel der wenig schmeichelhafte Begriff der „Kapitalistenschweine“), müsse so die Logik auch einen hohen Wasserpreis zahlen. Mhm. Ich erinnere mich an eine Diskussion in Österreich, wo Poolbesitzern höhere Wasserpreise abverlangt werden soll(t)en. Zu meiner Frage in einem Poolbesitzer-Forum bei Facebook, ob dies das Wassernutzungsverhalten der Freunde des Schwimmbades im privaten Garten verändern würde, erhielt ich die Antwort: „Wer sich ein Pool für mehrere Zehntausend-Euro leisten kann, den kümmert doch kein hoher Wasserpreis“ Den Grafinger Stadtrat käme dieses Statement sicher recht.

Liebe Grafinger Poolbesitzer, bereitet Euch auf die nächste Stadtratssitzung vor. Seit Oktober 2020 kosten in Grafing 100 Liter Trinkwasser aus der Leitung 0,16 Euro. Das dürfte sich für die Poolbesitzer bald ändern. Einen Trost gibt es: die Stadt Grafing bezuschusst den Erwerb von Stoffwindeln mit 50 € pro Kind.

PS: Ein Tipp vom Camper: ich stehe mit meinem Wohnwagen nur auf Campinglätzen, da ist der Wasserpreis inklusive … ups! Wie lange noch?

Ein schönes Feiertags-Wochenende wünsche ich nicht nur den Wohnmobilisten.


— Weiterlesen www.merkur.de/lokales/ebersberg/grafing-ort28746/teures-wasser-fuer-kapitalistenschweine-grafing-stadtrat-wohnmobil-92279107.html

Foto: Siegfried Gendries

1 Kommentar

  1. Der Markt bestimmt dem Preis.

    Unter Seglern ist das keine Neuerung und wird international sehr ähnlich gehandhabt.
    Wobei zehn Euro für 100 Liter schon eher dem Preisniveau von Südseeinseln entsprechen, da diese Ihr Wasser aufwendig aus Meerwasser aufbereiten müssen.

    Interessant wäre in diesem Zusammenhang zu beobachten, ob sich dann ein Wassertankwagenservice in Grafing etabliert, der das Wasser aus Nachbargemeinden verkauft.

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