Wasserversorgungskonzepte für mehr Sicherheit – Novelle des NRW-Landeswassergesetzes

NRW steht vor der Einführung eines neuen Landeswassergesetzes. In der am 27. Januar 2016 dem Landesparlament zur Beratung vorgelegten Novelle soll der Gewässerschutz als einer der politischen Schwerpunkte des grünen Ministers Johannes Remmel einen höheren Stellenwert erhalten. Die Versorgungssicherheit soll durch kommunale Wasserversorgungskonzepte sicher gestellt werden. Der Gesetzgeber will damit die wesentlichen Entscheidungen bei der Trinkwasserversorgung einer staatlichen Prüfung unterziehen und auf ihre Erforderlichkeit hin prüfen. Weitere Neuerungen betreffen die Löschwasserversorgung, die Abwasserbeseitigung und die Umweltbildung. 

Mit der Novelle des Landeswassergesetzes will die Landesregierung laut Pressemitteilung „die heimische Wasserwirtschaft zukunftsfähig machen, den Weg zu lebendigen Gewässern ebnen und die Qualität unseres Grundwassers entscheidend verbessern“. Im Juni 2015 hatte das Kabinett Eckpunkte des neuen Landeswassergesetzes beschlossen und eine umfangreiche Verbändeanhörung durchgeführt.

In diesem und den folgenden Beiträgen auf LebensraumWasser werde ich jeweils ein Kapitel aufgreifen und vorstellen. Anfangen möchte ich hier mit der Verpflichtung der Kommunen zur Erstellung von Wasserversorgungskonzepten, wie es der § 38 des LWG vorsieht.

Kommunen müssen Wasserversorgungskonzepte erstellen und diese genehmigen lassen

Ein Novum stellt die Verpflichtung der Gemeinden dar, zukünftig alle sechs Jahre Wasserversorgungskonzepte aufzustellen und zur Genehmigung vorzulegen. Damit will die Landesregierung einen qualitativ hochwertigen und sicheren Stand der Wasserversorgung in den 396 NRW-Kommunen erreichen. Nicht nur die derzeitige Versorgungssituation, sondern auch ihre Entwicklung soll in dem Konzept aufgezeigt werden. Die Kommunen sollen damit auch Einflussfaktoren wie Klimawandel und demografischer Wandel in der Wasserversorgung berücksichtigen. Dabei soll es aber nicht bei der Beschreibung der Versorgung bleiben. Auch die Entscheidungen zur Anpassungen an die sich ändernden Rahmenbedingungen wären darzulegen. Berücksichtigt werden sollen im Einzelnen:

  • die Wassergewinnungsgebiete mit dem zugehörigen Wasserdargebot,
  • die Wassergewinnungs- und -aufbereitungsanlagen,
  • die Beschaffenheit des Trinkwassers,
  • die Verteilungsanlagen sowie
  • die Wasserversorgungsgebiete und
  • deren Zuordnung zu den Wassergewinnungsanlagen.

Wer sich diese Aufgabenstellungen und die Möglichkeiten insbesondere der kleineren jener 396 NRW-Kommunen betrachtet, wird eine gewisse Überforderung befürchten. Das hat natürlich auch der Gesetzgeber erkannt und sieht deshalb die Einbeziehung des jeweiligen örtlichen Wasserversorgers vor. Dieser, so unterstellt das Gesetz, wird das Konzept schon erstellen können. Ob jeder der nicht selten auch kleinen Versorger in der Lage sein wird, den Anforderungen nachzukommen, wird sich vermutlich erst noch beweisen müssen. Selbst bei Stadtwerken, die im Rahmen einer Konzession mit der Trinkwasserversorgung beauftragt sind, dürfte die Erwartungshaltung eher zur Unzeit kommen. Dort rüstet man sich dem hart umkämpften Energiemarkt. Zwar werden auch die Wasserversorger über Konzepte verfügen, ob aber wirklich alle Zukunftspläne gerade vor dem Hintergrund der Dynamik in den Rahmenbedingungen angepasst werden, ist nicht sicher. Einen bedeutenden Stellenwert sollte auch die Wassernachfrage und ihre Entwicklung erhalten. Spätestens an dieser Stelle werden aufwändige Statistiken und Prognose erforderlich werden.

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Viel Zeit für die Vorbereitung wird nicht bleiben, denn das Konzept ist bei der zuständigen Behörde erstmalig zum 1. Januar 2018 einzureichen. Einfacher wird es lediglich, weil es alle sechs Jahre fortzuschreiben und erneut vorzulegen ist.

Für all das hat der Gesetzgeber eine Lösung: „Die Daten liegen beim Wasserversorger vor, sollte die Gemeinde die Wasserversorgung nicht selbst durchführen. Hinzu kommt also nur noch die Zusammenfassung der vorliegenden Informationen für die Vorlage. Der dadurch verursachte Aufwand wird für die erste Vorlage für alle Gemeinden mit ungefähr ca. 880 000 Euro abgeschätzt. Daraus ergibt sich bei einer Vorlage in einem Zeitraum von 6 Jahren eine jährliche Mehrbelastung der Gemeinden von ungefähr 147 000 Euro“.

Rechnen wir doch mal nach: bei 880 000 € Gesamtkosten für alle Kommunen stehen jeder Gemeinde durchschnittlich 2.300 Euro für das Gesamtkonzept zur Verfügung. Mutige Kalkulation, wenn externe Berater einbezogen werden müssen. Ein Experte für Wasserversorgungskonzepte erklärte mir heute auf Anfrage, dass für ein fundiertes und umfassendes Konzept die Kosten bei mindestens 20.000 Euro liegen müssten, bei größeren Städten läge Betrag um ein Vielfaches darüber. Egal, welcher Betrag es sein wird, die Kosten dürfen gemäß § 39 des Landeswassergesetzes als Gebühren umgelegt werden.  Konkret würde das bedeuten, dass die Beratungskosten sich auf die Wassergebühren bzw. auf die Wasserpreise niederschlagen werden. Damit würden die Versorger eine kommunale Verpflichtung übernehmen und die Kosten dafür in den Wasserentgelten weiter berechnen. Eigentlich konsequent, denn schliesslich profitieren ja auch alle Wassernutzer davon. Übrigens passiert gleiches auch bei Löschwasser aber dazu später.

Wenn das Wasserversorgungskonzept dann von der zuständigen Bezirksregierung sechs Monate nach dessen Einreichung nicht beanstandet wird, kann die Kommune davon ausgehen, dass mit der Umsetzung der dargestellten Maßnahmen in dem dafür von der Kommune vorgesehenen zeitlichen Rahmen die Aufgaben ordnungsgemäß erfüllt werden. Ob die Bezirksregierung allerdings über die Kapazitäten verfügen werden, die Konzepte zu bearbeiten, konnte dem Gesetz natürlich nicht entnommen werden.

Wo bleiben die Kooperationen mit anderen Kommunen? Ein Plädoyer für regionale Verbundsysteme

Nicht deutlich wird in dem Gesetz, inwieweit die Konzepte auch Verbundsysteme mit Nachbarkommunen beinhalten sollen. Denn gerade bei der Anpassung an die anstehenden Veränderungen werden Kommunen bzw. Wasserversorger im stärkeren Maße miteinander kooperieren müssen. Auch diese Aspekte müssen in den Konzepten berücksichtigt werden. Dem müsste aber eine Lockerung der kommunalen Eigenständigkeit bei der Wasserversorgung und des Örtlichkeitsprinzips vorweggehen. Ehe dies von den Politikern für die Aufnahme einem zu genehmigenden regionalen Wasserversorgungskonzept freigegeben wird, werden sicherlich eingehende politische Diskussionen und Abstimmungen notwendig sein. Ob dies im gesetzten Zeitrahmen möglich sein wird, darf bezweifelt werden. Somit dürften die Wasserversorgungskonzepte eine isolierte Betrachtung darstellen.

Wie ein Prozess zur Aufstellung eines großräumigen Wasserversorgungskonzeptes aussehen kann, kann man am Beispiel der Metropol-Region Rhein-Main sehen. Die Strategie unter dem Titel „Ballungsraum Rhein-Main 2015 bis 2045: Initiative für eine sichere und nachhaltige Wasserversorgung“ haben am 28. Januar 2016 Vertreter der Landesregierung, der Städte Frankfurt, Wiesbaden und Darmstadt sowie des Wasserverbandes Hessisches Ried unterzeichnet. Dem heute auf einer Informationsveranstaltung des LDEW/DVGW Hessen/Rheinl.-Pfalz im hessischen Bensheim Branchenexperten vorgestellte Papier sind sehr eingehende Analysen der Situation, Abschätzungen der Entwicklungen und insbesondere vertrauensvolle Gespräche zwischen den Kommunen und Versorgern der Region vorausgegangen. Auch hier waren die Unwägbarkeiten

Leitungsverbund Wasserversorgung im Ballungsraum Rhein-Main (Eugen Roth)
Leitungsverbund Wasserversorgung im Ballungsraum Rhein-Main (Eugen Roth)

Demographie und Klimawandel zu berücksichtigen. Die Lösung liegt in der Kooperation. Auch wenn die Bedingungen zwischen den Metropolregionen „Rhein-Main“ und „Ruhrgebiet“ nicht miteinander vergleichbar sein werden, so sollte auch in NRW nicht die Chance vertan werden, zeitig eine großräumige Kooperation zur Absicherung der Versorgung in Zeiten des Klimawandels zu planen. Die Verbraucher werden dadurch nicht nur eine höhere Versorgungssicherheit erwarten dürfen, sondern auch günstigere Wasserentgelte. Denn angesichts der in Folge des Nachfragerückgangs geringeren Auslastung mancher Wasserwerke, wird sich die Frage gestellt werden müssen, ob wirklich jeder Versorger ein eigenes Werk benötigt, mindestens aber ob jeder Neubau vertretbar ist, wenn der Nachbar freie Kapazitäten hat. Der Gesetzgeber ist aufgerufen, diesen Schritt in seinen Anforderungen nicht zu vergessen und Kooperationen in den Konzepten nicht nur zu ermöglichen, sondern sogar zu fordern.

Hier geht es zum Entwurf des Landeswassergesetzes klick hier und hier zum Gesetz

1 Kommentar

  1. Lieber Herr Gendries, vielen Dank für die interessante Zusammenfassung. Da scheint ja (wieder einmal) einiges auf die Wasserversorgung zuzukommen. Wenn man sich den Entwurf ansieht, verbergen sich da ja noch einige dicke Eier (ist ja auch bald Ostern) – ich sag nur: Löschwasser. Das kann ja heiter werden… Viele Grüße aus Berlin, Beate Kramer

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