Verlorenes Wasser, verlorenes Geld: Warum die USA jeden fünften Liter Trinkwasser verschwenden

Fast 20 Prozent des aufbereiteten Trinkwassers in den USA erreicht nie die Verbraucher. Stattdessen versickert es in der Erde, strömen durch undichte Rohre oder werden nicht korrekt abgerechnet. Dieses sogenannte „Non-Revenue Water“ (NRW) ist nicht nur ein technisches Problem – es kostet die Versorgungsunternehmen jährlich mehr als 6,4 Milliarden US-Dollar und stellt eine massive Herausforderung für die Wassersicherheit dar. Diese Kosten reichen die Versorger an die Kunden weiter. Damit steigen die Wasserpreise – unnötigerweise. (Lesezeit 3 Minuten / Beitrag # 902)

Ein aktueller Bericht des US-Marktforschungsunternehmens Bluefield Research bringt Licht in ein Thema, das in der öffentlichen Debatte oft übersehen wird, aber dringend mehr Aufmerksamkeit verdient. Das gilt übrigens nicht nur für die USA – deshalb gut aufpassen: Auch in Deutschland und noch mehr in den osteuropäischen Staaten sind die Wasserverluste mancherorts unnötig hoch. Aber das sollte nicht sein, zumal wer Wasser bei Nutzungskonkurrenzen für sich beansprucht, sollte damit auch verantwortungsvoll umgehen und für dichte Rohrnetze sorgen.

Wohin verschwindet das Wasser eigentlich?

NRW bezeichnet Wasser, das zwar aufbereitet wurde, aber nie beim Kunden ankommt – oder dort nicht korrekt in Rechnung gestellt wird. Die Ursachen dafür sind vielfältig:

  • Physikalische Verluste durch undichte oder gebrochene Rohrleitungen
  • Messfehler bei Wasserzählern
  • Unberechnete, aber genehmigte Entnahmen, z. B. durch Feuerwehren
  • Verlorene Daten durch fehlende Digitalisierung

Laut Bluefield Research sind in den USA 87 Prozent dieser Verluste auf reale, physikalische Ursachen wie Lecks oder Rohrbrüche zurückzuführen. Allein das zeigt, wie gravierend der Zustand der Infrastruktur vielerorts ist. Eine Erhebung der US-Umweltbehörde EPA ergab im vergangenen Jahr, dass die Trinkwassersysteme 625 Milliarden Dollar für den Austausch von Leitungen, die Modernisierung von Aufbereitungsanlagen, Lagertanks und andere wichtige Anlagen benötigen, um die öffentliche Gesundheit, die Sicherheit und das wirtschaftliche Wohlergehen der Städte und Gemeinden zu gewährleisten. Unter der Biden-Präsidentschaft wurden den Kommunen milliardenschwere Fördermittel bereitgestellt, um den Anforderungen gerecht zu werden. Ob dies unter Präsident Trump aufrechterhalten wird, ist noch nicht sicher.

Ein marodes System auf 3,5 Millionen Kilometern

Das Wasserversorgungsnetz der Vereinigten Staaten ist gigantisch – über 2,2 Millionen Meilen Rohrleitungen durchziehen das Land. Doch ein großer Teil davon ist veraltet und marode. Bluefield schätzt, dass alle zwei Minuten ein Wasserrohr bricht. Das kostet nicht nur Wasser, sondern auch Zeit, Geld und Nerven – besonders für kleine Versorgungsunternehmen, die ohnehin kaum Ressourcen haben.

Während größere Wasserversorger mit moderner Technik durchschnittlich immer noch beachtliche 17 Prozent Wasserverluste melden, sind es bei kleinen und sehr kleinen Systemen häufig über 20 Prozent. Die Gründe sieht Bluefield in den fehlenden Ressourcen: Weniger Personal, weniger Know-how, wenig Kapital. Diese Ungleichheit zeigt, dass unterfinanzierte Gemeinden gezielte Förderung brauchen, um ihre Wassersysteme überhaupt instand halten zu können.

Regionale Unterschiede: Der Süden verliert am meisten

Die Wasserverluste sind nicht gleichmäßig über die USA verteilt. Fünf Bundesstaaten – Kalifornien, Texas, Florida, New York und Illinois – sind allein für mehr als ein Drittel aller Verluste verantwortlich. Das entspricht über 2,44 Milliarden Gallonen pro Tag, das sind annähernd 10 Millionen Kubikmeter. Besonders hoch sind die Verluste im Süden des Landes, etwa in Texas und Florida. Hier spielt die enorme Ausdehnung der Wassernetze eine Rolle – aber auch das Klima, die Bodenverhältnisse und die Qualität der verwendeten Rohrmaterialien. Im Nordosten waren es lange Zeit die überalterten Rohrleitungen, die für hohe Wasserverluste sorgten, die Instandhaltungsinvestitionen der vergangenen Jahre haben aber gefruchtet.

Es fehlt ein nationaler Plan

Trotz der Dringlichkeit fehlt in den USA ein einheitlicher politischer Rahmen, um mit NRW umzugehen, erklärt Bluefield. Zwar arbeiten einzelne Bundesstaaten wie Kalifornien oder Indiana an Standards für Berichterstattung und Datenvalidierung – doch über 48.000 kommunale Wasserversorger operieren bislang ohne verbindliche Vorgaben. Das erschwert Vergleichbarkeit und Transparenz, und vor allem: Es verhindert zielgerichtete Verbesserungen und Kontrollen.

Die großen Wasserversorger, allen voran American Water, ein börsennotiertes Schwergewicht mit 16 Millionen versorgten Haushalten in den USA, stehen im Fokus der Kapitalanleger und Banken. Diese haben im Zuge der Nachhaltigkeitsdebatte ein starkes Interesse an den Kennzahlen und drängen auf eine Senkung der Wasserverluste.

Digitale Innovation – ein Teil der Lösung

In den letzten Jahren ist immerhin Bewegung in die Sache gekommen. Immer mehr Versorger setzen auf moderne Technik, um ihre Wasserverluste zu reduzieren:

  • Digitale Wasserzähler und Echtzeit-Messsysteme (Advanced Metering Infrastructure)
  • Satellitenbilder zur Lecksuche
  • Akustische Sensoren, die Geräusche von Lecks unter der Erde erkennen
  • Kundenportale mit Analyse-Tools für den eigenen Wasserverbrauch

Derartige Technologien helfen, Wasserverluste frühzeitig zu erkennen – bevor Schäden entstehen oder zu viel Wasser verloren geht.

Trotz aller Fortschritte bleibt klar: Technologie ersetzt keine funktionierende Infrastruktur. Undichte Rohre müssen weiterhin repariert oder ersetzt werden. Regelmäßige Inspektionen und klassisches Monitoring sind nach wie vor unverzichtbar.

Fazit: Wasserverluste sind kein Randthema

Der Verlust von Trinkwasser ist kein Problem der Zukunft – es ist ein akutes, teures und vermeidbares Versäumnis der Gegenwart. Millionen Gallonen Wasser, Milliarden an Einnahmen und unzählige Arbeitsstunden gehen jedes Jahr verloren, weil Rohrleitungen und Systeme nicht mehr mithalten.

Der Bericht von Bluefield Research macht deutlich: Es braucht ein Umdenken – politisch, technisch und gesellschaftlich. Vor allem aber braucht es maßgeschneiderte Lösungen für die verschiedenen Versorgungsrealitäten im Land. Das gilt nicht allein für die USA.

Denn Wasser ist nicht nur ein Wirtschaftsgut – es ist eine Lebensgrundlage. Und jeder verschwendete Liter ist einer zu viel.

Quelle:

  • Bluefield Research, 2025: „Water Loss in U.S. Utilities: Infrastructure and Innovation in Focus“

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Was meinen Sie dazu?

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..