Umweltminister fordern mehr Wasser-Benchmarking – NRW hat geliefert

„Mehr Trinkwasser-Benchmarking“ forderte unlängst die Umweltministerkonferenz von den Ländern und den Verbänden. Mindestens 80 Prozent Wasserabgabe sollte in den Länderprojekten erreicht werden. Da kommt es gerade recht, dass NRW mit seinem Landesbenchmarking Trinkwasser am 10.7.2018 in Köln den Abschluss der 10. Runde feierte. Das NRW-Projekt ist nämlich eines der erfolgreichsten in Deutschland und könnte damit gut als Benchmark dienen.

Was gut ist, kann noch besser werden 

In ihren Grußworten bekräftigte Marlies Diephaus, Leitende Ministerialrätin aus dem NRW Wirtschaftsministerium, dass die Landesregierung sehr zufrieden mit dem Landesprojekt sei. „Keiner hatte vor 10 Jahren zu hoffen gewagt, wie erfolgreich dieses Projekt sein wird. (…) Es ist das bundesweit erfolgreichste Projekt, aber das heißt nicht, dass es nicht noch erfolgreicher sein könnte“, legte sie den Finger in die Wunde. Daher forderte sie eine stärkere Beteiligung der öffentlichen Versorger. Dazu wolle man seitens der Landesregierung auf die Kommunalen Spitzenverbände zugehen, um dort für die Beteiligung der öffentlich-rechtlichen Versorger zu werben. Diese bleiben bis dato – nicht nur in NRW – dem Leistungsvergleich überwiegend fern. An die Adresse der privaten Versorger gerichtet, die 96 Prozent der Teilnehmer stellen, erklärt Diephaus: „Wir wollen das Benchmarking in NRW im Dialog mit Ihnen weiterentwickeln!“

Ministerialrätin Margit Diephaus (Foto: Gendries)
Ministerialrätin Marlies Diephaus (Foto: Gendries)

Diephaus verwies auch auf die Umweltministerkonferenz, die sich im Herbst vergangenen Jahres aus der Grundlage eines Statusberichtes zum Benchmarking in Deutschland mit dem Erfordernis der Teilnahmestärkung auseinandergesetzt hat. Dort wurde beschlossen, den Ländern eine Teilnahmequote von mindestens 80 Prozent der Wasserabgabe bzw. der an die öffentliche Abwasserbehandlung angeschlossenen Einwohner eines Bundeslandes als Zielgröße vorzugeben. Derzeit wird dies lediglich von NRW und dem Saarland in der Wasserversorgung erreicht.

Diephaus hatte aber auch Kritisches „im Gepäck“: Der Dialog mit den Kunden, die Kommunikation, sei verbesserungsfähig. Die Versorger müssten transparenter werden; das forderte auch schon der NRW-Koalitionsvertrag. „Erklären Sie Ihren Kunden die Gründe für eine Preisänderung, dann haben diese auch Verständnis dafür. Verdeutlichen Sie ihnen zugleich, dass es das wichtigste Lebensmittel ist – und das zu den geringsten Kosten. Begeistern Sie Ihre Kunden!“. Aber auch bei der Leistung legte sie den Finger in die Wunde: „Wir haben Nachholbedarf bei der Netzerneuerung! Eine Netzerneuerungsrate von 0,77 Prozent ist zu gering“, erklärte Diephaus und zeigte sich beruhigt angesichts der (noch?) geringen Versorgungsunterbrechungen. „Lassen Sie nicht zu, dass Ihr Wassernetz wie die Brücken erodiert!“ baute sie die „Brücke“ zu jener technischen Infrastruktur, die für alle sicht- und spürbar ihre Leistungsfähigkeit einbüßt, weil der Erneuerungsbedarf verkannt wurde.

NRW liefert: 109 Teilnehmer und 86 Prozent Abgabequote

Das Thema Sicherung der Leistungsfähigkeit durch Netzerneuerung ist auch ein Schwerpunkt des Jahresabschlussberichts des NRW-Benchmarking-Projektes. Die Highlights wurden, wie in den Vorjahren, vom Projektleiter des Dienstleisters Rödl & Partner, Jörg Schielein, vorgestellt. Auch Schielein verwies auf den Handlungsbedarf bei den Netzen und knüpfte an den Bericht an, der dazu ausführt, „Ausgehend von dem bereits in den Vorjahren sehr hohen Niveau haben sich die wesentlichen Kennzahlen der Versorgungsqualität und -sicherheit überwiegend nochmals verbessert. Auch die ermittelten Schadens- und Wasserverlustraten zeigen sich überwiegend rückläufig sowie durchweg auf einem mittleren bis guten Niveau. Lediglich die Leitungsschäden sowie die realen Wasserverluste der großstädtisch geprägten Wasserversorger weisen seit zwei Jahren eine steigende Tendenz auf, welche in letzterem Fall jedoch im Wesentlichen auf Einzelereignisse in Form massiver Rohrbrüche bei wenigen Versorgern zurückzuführen ist. Ungeachtet dessen sollte die Netzerneuerung zukünftig wieder intensiviert werden, denn beim aktuellen, über alle Teilnehmer gemittelten Umfang der Netzerneuerung würde es 130 Jahre dauern, bis die Leitungen einmal vollständig ausgetauscht wären.“ So lange wird man aber womöglich nicht warten können. Wenngleich auch ein Teilnehmer am Rande der Veranstaltung sicher zurecht darauf hinwies, dass diese Kennzahlen zu stark abstrahieren und beispielsweise die Qualität und den Zustand der Netze außeracht ließen. Zudem würden gerade große Versorger immer mehr auf predictive maintenance („vorausschauende Wartung“) abstellen, also die Anlagen – mithin auch die Netze – unter Berücksichtigung von mit Sensoren gewonnenen Zustandsinformationen und Erfahrungswerten Instand halten. Somit muss man schon genau hinschauen. Aber der Handlungsbedarf sollte doch zu denken geben. Dennoch, mit 109 Teilnehmern liegt NRW im achten Jahr in Folge bei über 100 Teilnehmern und 86 Prozent Abgabequote.

Kundenbefragung mit ganz viel Licht und ein wenig Schatten

Die Kundenzufriedenheitsbefragung war 2010 erstmals von NRW in das Landesbenchmarking aufgenommen worden. Uwe Pöhls (IESK) stellte den anwesenden Vertretern der NRW-Wasserversorger die Zufriedenheit ihrer Kunden vor ( hier geht es zum Vortrag). Rückblickend auf 8 Jahre Kundenbefragungen in NRW stellt er fest, dass die Kunden kaum zufriedener sein könnten, und dass, obwohl sie mehrheitlich die Wasserpreise falsch einschätzen – nämlich zu hoch. Die Qualität zeigt deutliche Zuwächse, während das

Uwe Pöhls - Zufriedenheitsvergleich 2010 - 2018
Uwe Pöhls – Zufriedenheitsvergleich 2010 – 2018

Preiswissen im Zeitvergleich gesunken ist. Das Spektrum des Preiswissens reicht von 6,70 Euro pro Jahr für Trinkwasserversorgung bis zu 1.600 Euro. Diese Unwissenheit der Kunden könnte sich rächen, wenn die Versorger ihre Preise anpassen (müssen) und die Kunden sich übervorteilt fühlen. Hier empfahl Pöhls mehr Aufklärung. „Preiskommunikation sollte offensiver  werden, die Missverständnisse sind lösbar“, so der Marktforscher. „Auch müsste man den Wert des Wassers deutlicher vermitteln“, da sei noch viel Luft nach oben, schloss er sich der Meinung von Margit Diephaus an. Die Empfehlungen aus der Kundenbefragung sind eindeutig: „Mehr Information, mehr Kommunikation. Digital und analog!“ (siehe Chart). Hier verwies Pöhls auch auf die Möglichkeiten der digitalen und interaktiven Kommunikation mit den Kunden.

Der „nordrein-westfälische Weg“ führt in die richtige Richtung 
Das Trinkwasser-Benchmarking NRW ist ein Erfolgsmodell. Das konnte gefeiert werden. Aber es gibt neue Baustellen. Einige Regionen sind entwicklungsfähig, die Teilnahme ist dort zu gering. Auch die Öffentlich-rechtlichen sollten erkennen, dass ihnen Benchmarking Vorteile bringen kann, wenn den Erfahrungsaustausch nutzen. Kunden und Interessenvertreter sollten das Benchmarking von ihren Versorgern fordern. Wo bleiben die kritischen Nachfragen der lokalen Politiker? Benchmarking zeigt auch Fehlentwicklungen auf. Die Netze müssen geschont werden. Auch unsere Kinder wollen Wasser zu vertretbaren Preisen. Was wir heute nicht tun, muss teuer nachgeholt werden. Der „nordrhein-westfälische Weg des Benchmarking in der Wasserwirtschaft“ führt in die richtige Richtung – nur sollten die Akteure nicht langsamer werden, sondern eher mehr Gas geben.

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